Zu den Inhalten springen

AG Therapie-Forschung

Dialektisch–Behaviorale Therapie für Adoleszente (DBT-A)

Freiburger Arbeitsgruppe DBT-A

  • Christian Fleischhaker
  • Madeleine Zimmermann
  • Monica Biscaldi-Schäfer

Einführung in die DBT-A

Die Arbeitsgruppe „Dialektisch Behaviorale Therapie für Adoleszente (DBT-A)“ in Freiburg beschäftigt sich seit mehr als 20 Jahren mit der Implementierung und Weiterentwicklung der DBT-A im ambulanten und stationären Setting im deutschsprachigen Raum.

Die Dialektische Behaviorale Therapie (DBT) wurde von Marsha Linehan für chronisch parasuizidale Frauen entwickelt, bei denen zusätzlich die Diagnose einer Borderlinestörung gestellt worden war. Parasuizidal ist hierbei definiert als jegliches akute, intendierte Verhalten, durch das eine physische Schädigung erfolgt, mit oder ohne der Intention zu sterben.

Die Dialektisch Behaviorale Therapie basiert auf einem neuro-behavioralen Modell, das bei diesen Patienten eine Störung der Emotionsregulation ins Zentrum rückt: Neurobiologische Faktoren, frühe traumatische Erfahrungen und ein soziales Umfeld, das die Entwicklung von „emotionaler Intelligenz“, sozialer Kompetenz und ausreichendem Selbstvertrauen nicht ermöglicht, fallen zusammen und fördern die Entwicklung von dysfunktionalen Grundannahmen bei diesen Jugendlichen.

Darüber hinaus besteht eine ausgeprägte Störung der zwischenmenschlichen Kommunikation im sozialen Umfeld der Jugendlichen, ein latentes Gefühl von Bedrohung und Kontrollverlust, sowie eine hohe Grundanspannung senken die Reaktionsschwelle für das Auslösen unspezifischer Anspannungs- und Erregungsphänomen, die subjektiv äußerst unangenehm erlebt und häufig durch Selbstverletzungen beendet werden.

Die DBT gibt für diese Patienten zunächst eine dynamisch hierarchisierte Behandlungsstruktur vor, die eine Ausrichtung der jeweiligen Ziele und Interventionen an die häufig wechselnden psychischen und sozialen Bedingungen der Patienten ermöglicht, ohne dabei die Orientierung im therapeutischen Behandlungsprozess zu verlieren. Die Symptome auf der Problemebene einschließlich auslösender und aufrechterhaltender Bedingungen sowie die angestrebten Verhaltensveränderungen werden auf der Grundlage der kognitiv-behavioralen Lerntheorie mit Verhaltensanalysen erfasst.

Zur Motivation der Patienten zur Verhaltensveränderung sind jedoch tiefgreifendere Maßnahmen zur Beziehungsgestaltung und Validierung der jeweils subjektiven Sichtweisen der Betroffenen notwendig, um diese in der Therapie zu halten. Von daher ist auch ein besonderes Anliegen der DBT dialektische Fähigkeiten zu schulen.

Hinzukommen spezifische Fertigkeiten, die sich als hilfreich im konkreten Problemfall erwiesen haben, z. B. die Fähigkeit zur Spannungsregulation, die Modulation von Emotionen, interpersonelle Fertigkeiten sowie Methoden zur Aufmerksamkeitsfokussierung auf die innere Befindlichkeit, das Stehen im „Hier und Jetzt“, die aus dem ZEN entnommen wurden.

DBT ist derzeit das am besten empirisch begründete Therapieverfahren für suizidale Multiproblem-Patienten, dessen Wirksamkeit in neun randomisierten Untersuchungen von vier verschiedenen Arbeitsgruppen nachgewiesen werden konnte. Gegenüber der Standard -DBT wurden für die Arbeit mit Jugendlichen durch Miller et Rathus eine Reihe von Modifikationen vorgenommen, um die Behandlung der jugendlichen Zielgruppe anzupassen.

DBT-A für Jugendliche besteht aus einer Einzeltherapie, regelmäßigen Familiengesprächen, einem Fertigkeitentraining in der Gruppe unter Integration eines nahen Angehörigen, einer Telefonberatung durch den Einzeltherapeuten und einer Supervisionsgruppe. In der Kinder- und Jugendpsychiatrie der Universität Freiburg wurde die amerikanische Version des DBT-A den deutschen Verhältnissen angepasst und übersetzt. Es wurde ein deutsches Therapiemanual erstellt und in einer Pilotstudie evaluiert.

Die Wirksamkeit der Therapie konnte anhand eines Prä-/ Post- Vergleiches mit standardisierten Skalen zur Selbst- und Fremdeinschätzung evaluiert werden. Die Stabilität des positiven Therapieeffektes mit Effektstärken zwischen 1,1 und 2,9 konnte in einer Nachuntersuchung 12 Monate nach Therapieende nachgewiesen werden. Die positiven Therapieeffekte zeigen sich insbesondere in einer signifikanten Reduktion von selbstverletzenden Verhaltensweisen, einer Verbesserung depressiver Symptome und Lebensqualität der betroffenen Jugendlichen.

An dieser Stelle möchten wir uns ganz herzlich bei unseren Patienten und ihren Familien für die vielseitigen Anregungen bedanken.

Ebenso gilt unser Dank Herrn Prof. Dr. med. Martin Bohus / Mannheim und Alec Miller / New York für die Unterstützung bei der Implementierung des Therapieprogrammes.

Für das gesamte Team
Prof. Dr. med. Christian Fleischhaker

Leitung

  • Prof. Dr. med. Christian Fleischhaker

Mitarbeiter

Gemeinsame Postanschrift:
Klinik KJPP
AG Therapie-Forschung
DBT-A
Hauptstr. 8
D-79104 Freiburg

Name Funktion E-mail
Prof. Dr. med. Christian Fleischhaker Diagnostik und Therapie christian.fleischhaker@uniklinik-freiburg.de

Kooperationspartner

Ausgewählte Publikationen

Fleischhaker, Christian, Sixt, Barbara, Schulz, Eberhard
DBT-A: Dialektisch-behaviorale Therapie für Jugendliche

Ein Therapiemanual mit Arbeitsbuch auf CD
Unter Mitarbeit von Renate Böhme, Christiane Brück und Csilla Lipta

 

2011 Springer Verlag, Berlin
ISBN 978-3-642-13007-6
39,95 €

  • Fleischhaker C., Munz M., Böhme R., Sixt B., Schulz E. (2006) Dialektisch-Behaviorale Therapie für Adoleszente (DBT-A) - Eine Pilotstudie zur Therapie von Suizidalität, Parasuizidalität und selbstverletzenden Verhaltensweisen bei Patienten mit Symptomen einer Borderlinestörung. Zeitschrift für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie 34(1), 15-27.
     
  • Fleischhaker C., Böhme R., Sixt B., Schulz E. (2005) Suizidalität, Parasuizidalität und selbstverletzende Verhaltensweisen von Patientinnen mit Symptomen einer Borderlinestörung - Erste Daten einer Pilotstudie zur Dialektisch-Behavioralen Therapie für Adolescente (DBT-A). Kindheit und Entwicklung 14(2), 112-127.