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Forschungsprojekte des Arbeitsbereichs Forensische Molekularbiologie

Diese Seite soll einen Einblick in die Forschungsarbeiten und Projekte des Arbeitsbereichs Forensische Molekularbiologie geben. Die Publikationen der Mitarbeiter*innen des Instituts aus den letzten Jahren können über die Freiburger Forschungsdatenbank aufgerufen werden.


Anwendung der Massiv Parallellen Sequenzierung (MPS, NGS) in Forschung und Routine

Die Nutzung der massiv parallelen Sequenzierung etabliert sich immer mehr in der forensischen Anwendung. Insbesondere für die Analyse mitochondrialer DNA und auch der DNA-Methylierung bietet dieses Verfahren Vorteile. Für eine validierte und effiziente Nutzung wird das Verfahren zurzeit näher untersucht und soll in die Routinearbeit in der Zukunft integriert werden.

Ansprechpartner: PD Dr. rer. nat. Jana Naue


Epigenetische Analysen für die forensische Fallarbeit

Die DNA-Analyse von Spuren- und Vergleichsmaterial ist ein essentieller Bestandteil forensischer Analysen. Bisher beschränkt sich die Untersuchung jedoch auf die Basenabfolge und Länge der DNA. Während des Projektes sollen chemische Modifikationen der DNA, sogenannte epigenetische Marker, untersucht werden. Im Gegensatz zur Basenabfolge der DNA, die innerhalb eines Individuums in allen Zellen gleich ist, wird durch die chemische Modifikation der DNA (vor allem DNA Methylierung (DNAm)) sowie der DNA-umgebenden Proteine (Methylierung/Acetylierung von Histonen) ein zellspezifisches Verhalten erreicht wie z. B. gewebsspezifische morphologische Eigenschaften oder die Sekretion von Hormonen. Betrachtet man die DNAm im Zellkern, dann ist es einerseits möglich zwischen verschiedenen Geweben/Körperflüssigkeiten zu differenzieren, andererseits kann zudem auch eine Alterseinschränkung erfolgen, da das Zellverhalten sowohl altersabhängigen- als auch Umwelteinflüssen unterliegt.
Dieses Wissen soll genutzt werden, um unter Anderem geeignete Marker zur Altersschätzung und Zelltypbestimmung zu identifizieren und zu validieren, Detektionsmethoden zu entwickeln und die Robustheit/Stabilität dieser Marker zu untersuchen.

Ansprechpartner: PD Dr. rer. nat. Jana Naue

  • Naue J (2023). Getting the chronological age out of DNA: using insights of age-dependent DNA methylation for forensic DNA applications. Genes & Genomics.
  • Naue J, Pfeifer M, Augustin C, Becker J, Fleckhaus J, Grabmüller M, Han Y, Heidorn F, Hollaender O, Klein-Unseld R, Kulstein G, Lichtenwald J, Neubauer J, Suarez P, Haas C, Schneider PM, Vennemann M, Böhme P, Arbeitsgemeinschaft Molekulare Altersschätzung der Deutschen Gesellschaft für Rechtsmedizin (DGRM) (2021). Forensische DNA-Methylierungsanalyse - Zweiter, technischer Ringversuch der Arbeitsgruppe „Molekulare Altersschätzung“ der Deutschen Gesellschaft für Rechtsmedizin. Rechtsmedizin 31, 202–216
  • Naue J, Winkelmann J, Schmidt U, Lutz-Bonengel (2021). Analysis of age-dependent DNA methylation changes in plucked hair samples using massive parallel sequencing. Rechtsmedizin 31, 226–233
  • Becker J*, Naue J*, Reckert A, Böhme P, Ritz-Timme S (2021). Nutzung von Altersinformationen aus posttranslationalen Proteinmodifikationen und DNA-Methylierung zur postmortalen Lebensaltersschätzung: Konzept und Ergebnisse einer Pilotstudie. Rechtsmedizin 31, 234–242
  • Holländer O, Schwender K, Böhme P, Fleckhaus J, Haas C, Han Y, Heidorn F, Klein-Unseld R, Lichtenwald J, Naue J, Neubauer J, Poetsch M, Schneider PM, Wagner W, Vennemann M, Arbeitsgemeinschaft Molekulare Altersschätzung der Deutschen Gesellschaft für Rechtsmedizin (DGRM) (2021). Forensische DNA-Methylierungsanalyse - Erster, technischer Ringversuch der Arbeitsgruppe „Molekulare Altersschätzung“ der Deutschen Gesellschaft für Rechtsmedizin. Rechtsmedizin 31, 192–201
  • Naue J and Lee HY, Considerations for the need of recommendations for the research and publication of DNA methylation results, Forensic Sci. Int. Genet. (2018) pii: S1872-4973(18)
  • Naue J, Sänger T, Hoefsloot HCJ, Lutz-Bonengel S, Kloosterman AD, Verschure PJ, Proof of concept study of age-dependent DNA methylation markers across different tissues by massive parallel sequencing, Forensic Sci. Int. Genet. 36 (2018) 152–159

Förderung: Deutsche Forschungsgemeinschaft (2021-2024 in Kooperation mit der Rechtsmedizin Düsseldorf), Wissenschaftliche Gesellschaft Freiburg (2016/2017, 2019/2020), Forschungskommission Freiburg (2018), Baden-Württemberg Stiftung (2022-2025)


Forschung zu den Möglichkeiten einer Analyse der biogeographischen Herkunft

Zur Bestimmung der biogeographischen Herkunft eignen sich die Analyse der mitochondrialen DNA (mütterliche Linie), der Y-chromosomalen DNA (väterliche Linie) und von genomischen SNPs (alle Zweige des Stammbaums). Zur Verfügung stehen auf der Seite der mtDNA einerseits die Sequenzierung der nichtkodierenden Kontrollregion und die Bestimmung von im kodierenden Bereich liegenden SNPs. Die Untersuchung der Y-chromosomalen DNA kann in Form einer STR- oder, wie auch bei den genomischen SNPs, einer SNP-Analyse erfolgen. Die Vorhersage der biogeographischen Herkunft erfolgt nach Bestimmung der sog. Haplotypen durch den Vergleich mit Referenzdaten, welche sich aus repräsentativen Sammlungen anonymisierter genetischer Daten von Personen mit bekannter Herkunft zusammensetzen.  
Die Forschung soll die Leistungsfähigkeit einer biogeographischen Herkunftsanalyse mit den aktuell verfügbaren Methoden und Datensammlungen eruieren. Es ist angedacht, etwa 100 Personen zu rekrutieren, welche Fragen über ihre Abstammung so weit wie möglich, aber mindestens über 2 Generationen beantworten können. Nach der Bestimmung der mitochondrialen und Y-chromosomalen Haplotypen und der genomischen SNP-Analyse erfolgt der Vergleich mit den jeweiligen Referenzdatenbanken (EMPOP (https://empop.online) für die mtDNA-Daten, YHRD (https://yhrd.org) für die Y-chromosomale Daten und Snipper (http://mathgene.usc.es/snipper/) für die genomischen SNP-Daten). Aus diesen Informationen soll eine biogeographische Herkunftsanalyse abgeleitet werden, welche dann mit den (zuvor verblindeten) Angaben über die tatsächliche geographische Herkunft verglichen wird. Falls durch Analyse der mitochondrialen Kontrollregionsequenz keine zufriedenstellende Eingruppierung in eine Haplogruppe erfolgen kann, sollen Analysen von auf dem mitochondrialen Genom liegenden kodierenden SNPs erfolgen, um eine tiefere Bestimmung der jeweiligen Haplogruppe zu erreichen.

Ansprechpartner: Prof. Dr. rer. nat. Dipl.-Biol. Sabine Lutz-Bonengel, Prof. Dr. med. Ulrike Schmidt


Mütterlich verwandte Personen mit 2 mitochondrialen Haplotypen

Die Studie untersucht das Auftreten zweier phylogenetisch verschiedener mtDNA Genome innerhalb mehrerer Personen eines 5-Generationen-Stammbaums. Die Genome unterscheiden sich in 33 Positionen voneinander und sind den mitochondrialen Haplogruppen (hg) V und U4c1 zuzuordnen. Diese Genommischung konnte in unterschiedlichen Geweben von acht maternal verwandten Personen detektiert und charakterisiert werden. Transfusion, Knochenmarkstransplantation, Mosaizismus, Chimärismus und Kontamination wurden als mögliche Erklärungen für dieses Phänomen ausgeschlossen. Anschließend wurden die beiden verbleibenden Erklärungsmodelle einer paternalen Vererbung oder der Koamplifikation eines Numt (Nuclear mitochondrial DNA segment) mittels ρº-Zellen (Zellen ohne Mitochondrien) aus einer Hautstanze einer Probandin überprüft. In den ρº-Zellen wurde der mitochondriale Haplotyp U4c1 nachgewiesen. Somit muss dieses Genom im Kern der ursprünglichen Fibroblasten integriert vorliegen. Des Weiteren wurde eine Blutprobe der Probandin mittels Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung (FISH) analysiert. Hierzu werden chemisch markierte, für mitochondriale DNA spezifische Sonden an Metaphasechromosomen hybridisiert, um das Numt zu lokalisieren und ggf. dessen Kopienzahl zu bestimmen. Bei der untersuchten Probe zeigte sich eine Insertion von mitochondrialer DNA im Chromosom 14. Mittels weiterer Untersuchungen sollen die Länge der inserierten mitochondrialen DNA und deren Kopienzahl bestimmt werden.

Ansprechpartner: Prof. Dr. rer. nat. Dipl.-Biol. Sabine Lutz-Bonengel

  • Lutz-Bonengel S, Niederstätter H, Naue J, Koziel R, Yang F, Sänger T, Huber G, Berger C, Pflugradt R, Strobl C, Xavier C, Volleth M, Weiß SC, Irwin JA, Romsos EL, Vallone PM, Ratzinger G, Schmuth M, Jansen-Dürr P, Liehr T, Lichter P, Parsons TJ, Pollak S, Parson W. Evidence for multi-copy Mega-NUMTs in the human genome. Nucleic Acids Res. 2021 Feb 22;49(3):1517-1531. doi: 10.1093/nar/gkaa1271. PMID: 33450006; PMCID: PMC7897518.

Abgeschlossene Forschungsprojekte

In Zusammenarbeit mit dem Institut für Rechtsmedizin des Universitätsklinikums Halle (Saale) (Dr. U.-D. Immel) wurde in unserem Institut eine Populationsstudie an 200 Proben von - unseres Wissens nach - nicht-verwandten ThailänderInnen durchgeführt. Ziel der Studie war die Bestimmung der Häufigkeit (Frequenz) von Varianten mitochondrialer DNA (sog. Haplotypen) innerhalb der untersuchten Population.
Da sich gezeigt hat, dass bestimmte Haplotypen in unterschiedlichen Populationen ungleich häufig vorkommen, benötigt man zur statistischen Auswertung Datenbanken zu verschiedenen Populationen. Die vorliegende Studie ist notwendig, um eine forensische Interpretation bei Übereinstimmung von mtDNA-Sequenzen aus thailändischen Proben zu ermöglichen. Bei unbekannter Herkunft einer Probe kann die Ermittlung des mtDNA-Haplotyps ferner einen Hinweis auf die geographische Herkunft liefern, sofern für die Region eine Datenbank vorliegt.

Ansprechpartner: Prof. Dr. rer. nat. Dipl.-Biol. Sabine Lutz-Bonengel

  • Sauer, D.C., Naue, J., Immel, UD. et al. Mitochondrial DNA control region variation in a population sample from Thailand. Int J Legal Med 134, 1563–1568 (2020).

Infolge der immer sensitiver werdenden Methoden in der forensischen DNA-Analytik kommen zunehmend Haare ohne Wurzel (ausgefallene (telogene) Haarschäfte, oder Haarbruchstücke) für eine DNA-Analyse in Betracht. Da diese Proben i.d.R. keine oder kaum genomische DNA (gDNA) enthalten, führt vornehmlich die äußerst sensitive mitochondriale DNA (mtDNA)-Analyse zu verwertbaren Ergebnissen. Da an Tatorten häufig Haarspuren vorkommen, stellt dieses Spurenmaterial in unserem Labor mittlerweile einen hohen Anteil an den Gesamtspuren da.
Zur Vorbereitung einer DNA-Analyse muss die DNA zunächst durch die sog. DNA-Extraktion aus den Haarzellen freigesetzt werden. Hierbei wird die Haarstruktur mit Hilfe von Enzymen zerstört. Alle an dem Haar evtl. anhaftenden Substanzen, wie z.B. Fremd-DNA, gelangen dabei in den aus der DNA-Extraktion resultierenden DNA-Extrakt. Diese Antragungen können die anschließenden DNA-Analysen beeinträchtigen (hemmen), verfälschen oder gar gänzlich unbrauchbar machen. Da in Haarschäften und Haarbruchstücken per se verhältnismäßig wenig DNA vorhanden ist, kann es in Extremfällen dazu kommen, dass nur die DNA aus einer eventuellen Antragung und nicht die Haar-eigene DNA in der DNA-Analyse detektiert wird. Darüber hinaus kann es auch zu Mischprofilen kommen. Hier ist dann oft nicht ersichtlich, welcher Teil der Mischung aus dem Haar und welcher aus der Antragung stammt. Auch nicht entfernte Hemmstoffe, wie z.B. Huminsäure, Waschmittel, Färbemittel, etc. können zu Problemen bei der DNA-Analyse führen, da sie, je nach Konzentration, bestimmte Reaktionen stören oder gänzlich verhindern können. Damit ein eindeutiges und somit verwertbares DNA-Profil erzielt wird, müssen die Haarproben vor der Extraktion frei von solchen Antragungen sein. Je nach Fragestellung kann jedoch auch die Art der Antragung fallrelevant sein. So kann sich u.U. an einem Opfer-Haar biologisches Material vom Täter befinden.
In dem vorliegenden Projekt soll eine Methode zum Reinigen von forensischen Haarproben entwickelt werden, die den hohen Qualitätsstandards der forensischen Molekularbiologie gerecht wird. Die Herausforderung liegt darin, die Haarproben ohne Verlust der eigentlichen Haar-DNA gänzlich von unterschiedlichen Antragungen zu befreien. Zudem sollen bei dieser Versuchsreihe parallel auch die Waschlösungen auf ihren DNA-Gehalt, dessen Reinheit und Typisierbarkeit hin untersucht werden.

 

Publikation

Naue J, Sänger T, Lutz-Bonengel S, Get It Off, but Keep It: Efficient Cleaning of Hair Shafts With Parallel DNA Extraction of the Surface Stain, Forensic Sci. Int. Genet. 45 (2020) 102210.

Der Nachweis von Fingerspuren des Täters an der Hautoberfläche des Opfers galt bisher als kaum möglich, da diese nur sehr selten überhaupt anzutreffen und spurentechnisch nicht auswertbar seien. Die Suche nach daktyloskopischen "Täter"-Spuren auf Leichenhaut wurde in der Literatur jedoch immer wieder thematisiert und vor allem in den USA wurden zum Teil aufwendige Verfahren hierfür entwickelt. Im Jahr 2000 wurde im Bundeskriminalamt mit einer Testreihe zur Suche und Sicherung von Fingerspuren auf Leichenhaut begonnen. Ziel war, eine einfache, kostengünstige und effektive Methode zu finden, die von den zuständigen Tatortsachbearbeitern akzeptiert und somit in "Echt"-Fällen angewendet werden kann. Im folgenden wurde mehrere Versuchsreihen in Zusammenarbeit mit dem Freiburger Institut für Rechtsmedizin durchgeführt.
Im Verlauf einer Versuchsreihe stellte sich die Frage, ob aus einer Fingerspur, die nicht auswertbar ist, molekulargenetisches Fremdmaterial (Täter-DNA) gesichert und typisiert werden kann. In ersten Tests, die allerdings unter optimalen Laborbedingungen durchgeführt wurden, konnte DNA-Material des Spurenlegers gesichert und typisiert werden. Die ersten Ergebnisse wurden im Rahmen einer europaweiten Studie, die von der Europäischen Union finanziert wird, überprüft, um die Verfahren zur Spurensicherung und zur Typisierung von Fremd-DNA zu verbessern. Die Ergebnisse werden im J Forensic Sci publiziert.

Publikationen:
Lenertz O, Schönborn S, Bohnert M: Daktyloskopische Spuren auf menschlicher Haut - Ergebnisse einer praxisorientierten Versuchsreihe. Arch Kriminol 210: 129-136 (2002)

Färber D, Seul A, Weisser H-J, Bohnert M: Recovery of Latent Fingerprints and DNA on Human Skin. Results of the European Union-funded project “Latent Fingerprints and DNA on Human Skin“. J Forensic Sci (in press)

Die Analyse mitochondrialer DNA ist eine gängige forensische Methode. Dennoch existieren viele offene Fragen z.B. zur mitochondrialen Heteroplasmie, v.a. bezüglich ihrer Entstehung, Verteilung und Häufigkeit innerhalb eines Organismus sowie ihrer forensischen Bedeutung. Bereits durchgeführte Einzelzellanalysen haben gezeigt, dass mitochondriale Sequenzheteroplasmie im Blut vorwiegend durch eine Mischung homoplasmatischer Zellen verursacht wird. Im Rahmen dieses Projektes soll untersucht werden, ob Sequenzheteroplasmie innerhalb einzelner Mitochondrien vorkommt.

Dafür sollen einzelne Mitochondrien mittels Durchflusszytometrie auf einem chemisch strukturierten Chip abgelegt und mittels hochsensitiver „Low-Volume“ (LV)-PCR analysiert werden. Neben einem verbesserten Verständnis der mitochondrialen Heteroplasmie, welches die Interpretation forensischer Daten erleichtern wird, soll durch eine weitere Erhöhung der Analysesensitivität die forensisch relevante Untersuchung sog. „Low-Copy-Number“ (LCN)-Proben optimiert werden. Die Etablierung einer Technik zur Analyse einzelner Mitochondrien kommt nicht nur der forensischen Spurenkunde, sondern auch anderen biomedizinischen Disziplinen zugute, die sich der mitochondrialen Forschung widmen.

Neben den Y-chromsomalen Polymorphismen wurde in den letzten Jahren eine Reihe von X-chromosomalen STRs (short tandem repeats) für die forensische Anwendung validiert. Aktuell werden im Institut für Rechtsmedizin mehrere X-STRs in der Zentromerregion untersucht. Da diese Region kaum rekombiniert wird, bilden die X-STRs im Zentromer stabile Haplotypen, die zur Aufklärung komplexer Abstammungsverhältnisse beitragen können, insbesondere bei defizienten Stammbäumen.

Neben der Entwicklung von Multiplexanalysen für die verschiedenen Systeme werden Untersuchungen zu Allelverteilung und –frequenzen in unterschiedlichen Populationen durchgeführt, um forensisch relevante populationsgenetische Parameter berechnen zu können.

Das Projekt wird in Zusammenarbeit mit den rechtsmedizinischen Instituten der Universitäten Magdeburg und Leipzig durchgeführt.

Es wird die Verteilung distinkter Y-Chromosomen in der finnischen Bevölkerung untersucht. Dafür werden sowohl Y-chromosomale short tandem repeats (STRs) als auch Y-chromosomale single nucleotide polymorphisms (SNPs) untersucht. Da im Rahmen von populationsgenetischen Studien eine große Anzahl von Proben untersucht wird, liegt einer der Schwerpunkte des Projekts in der Miniaturisierung des Versuchsansatzes. Vor allem SNPs können bereits erfolgreich auf einem chemisch Strukturierten Chip (siehe oben) in einem Reaktionsansatz von 1 µL tytpisiert werden. Durch das Arbeiten mit dem Chip kann ein deutlich verbesserter und vereinfachter Untersuchungsableuf erreicht werden. Darüber hinaus stellt die Untersuchung in einem 1µL-Ansatz eine erhebliche Kostensenkung gegenüber der konventionellen Reaktion in 25 µL dar.

Publikation
Heinrich M, Braun T, Sänger T, Saukko P, Lutz-Bonengel S, Schmidt U: Reduced-volume and low-volume typing of Y-chromosomal SNPs to obtain Finnish Y-chromosomal compound haplotypes. Int J Legal Med 123: 413-418 (2009)

Die moderne forensische Spurenkunde beruht im Wesentlichen auf PCR-basierten Analyseverfahren. Ein grundlegender Antrieb für Forschung und Innovation ist der Bedarf an zunehmend sensitiven und robusten Untersuchungsmethoden. „Low-volume“-Techniken in reduzierten Reaktionsvolumina können zu einer Steigerung der Nachweisempfindlichkeit führen. In Verbindung mit einer zentrifugalen mikrofluidischen Reaktionsplattform, die am Institut für Mikrosystemtechnik (IMTEK) der Universität Freiburg entwickelt wurde, soll ein hochsensitives, integriertes Amplifikations- und Detektionssystem für die forensische DNA-Analyse entwickelt werden („Lab-on-a-Chip“).

Als eine erste Anwendung wird ein System zur Bestimmung forensisch relevanter Spezies über den Nachweis artspezifischer Single Nucleotide Polymorphismen (SNP) bzw. Sequenzabschnitte entwickelt werden. Der Schwerpunkt liegt dabei auf heimischen Wild-, „Nutz“-, Haus- und Kleintieren sowie auf der Abgrenzung zu biologischem Material menschlicher Herkunft. Als Referenzmethode dient die konventionelle Real-Time quantitative PCR (qPCR) mit spezifischen TaqMan-Sonden. Die zentrifugale mikrofluidische Reaktionsplattform soll die simultane, sensitive und kontaminationsfreie Analyse der Proben auf zahlreiche unterschiedliche Tierarten ermöglichen. Das Reaktionssystem ist auch für die Lebensmittelanalytik interessant, da hier aufgrund der Prozessierung von Lebensmitteln eine der Forensik vergleichbare Problematik der DNA-Degradation besteht.

Das Projekt wird von der DFG gefördert und in Kooperation mit dem IMTEK, dem Chemischen und Veterinäruntersuchungsamt CVUA Freiburg, der JLU Gießen und dem Arbeitsbereich Wildtierökologie und Wildtiermanagement des Forstzoologischen Instituts der Universität Freiburg durchgeführt.

Mitochondriale Punktheteroplasmie (PHP) ist nicht nur in Patienten mit mitochondrialen Erkrankungen, sondern auch in gesunden Personen ein häufiges Ereignis.
In unserem Institut wurde jeweils die gesamte mitochondriale Kontrollregion bei 9 unterschiedlichen Geweben (Blut, WSA, Leber, Muskel, Gehirn, Herz, Lunge, Knochen und Haare) von 100 Leichnamen auf das Auftreten von Punktheteroplasmie mittels Sanger Sequenzierung, Klonierung, Minisequenzierung und massive parallele Sequenzierung (MPS) untersucht.
Lediglich 12% der Personen zeigten keine einzige PHP in den untersuchten Geweben, während 88% mindestens eine heteroplasmatische Position aufwiesen. Bei 66% der Personen waren bis zu 8 Positionen betroffen.
Die höchste Anzahl an Punktheteroplasmien wurden in Muskel (79%) und Leber (69%), gefolgt von Gehirn (36.7%), Haaren (34.7%) und Herz (30.2%) detektiert. Weniger häufig wurde PHP in Knochen (19.8%), Blut (18%), Lunge (17%) und WSA (16.2%) gefunden. Der Muskel (Positionen 64, 72, 73, 189 und 408), die Leber (Position 72) und das Gehirn (Teil-Deletion an Position 71, was eine Längenheteroplasmie zur Folge hat) zeigten darüber hinaus eine besondere Häufung von PHPs an spezifischen Positionen. Genauere Analysen dieser positions-spezifischen PHPs in Muskel offenbarten ein nicht-zufälliges Auftreten von PHPs und eine positions-spezifische Abhängigkeit mit den Alter. (vgl. Naue et al. (2015) Evidence for frequent and tissue-specific sequence heteroplasmy in human mitochondrial DNA. Mitochondrion 20: 82-94)

(Förderung durch die Wissenschaftliche Gesellschaft; 2011-2012)

Ansprechpartner:

Mitochondrien sind kleine Bestandteile der Zelle, die über eigene DNA, die sogenannte mitochondriale DNA (mtDNA), verfügen. Da die Mitochondrien nur von der Mutter, nicht aber vom Vater an die leiblichen Nachkommen weitergegeben werden, eignet sich die mtDNA-Analyse zur Überprüfung der Verwandtschaft von Personen über den Mutterstamm. Ein besonderer Vorteil dieser Methode ist die Möglichkeit, auch über einige Generationen hinweg dieses Verwandtschaftsverhältnis zu untersuchen. Wenn sich zwei Personen in ihrer mtDNA unterscheiden, gehören sie unterschiedlichen mütterlichen Linien an, sind also nicht direkt über den Mutterstamm verwandt. Wenn sie hingegen dieselbe mtDNA besitzen, kann das in ihrer direkten mütterlichen Verwandtschaft begründet sein.
Um zu testen, ob die Dunkelgräfin von Hildburghausen identisch mit Marie Thérèse Charlotte, der Tochter des letzten französischen Königspaars Marie Antoinette und König Ludwig XVI war, wurden Teile der mtDNA-Sequenz eines Oberschenkelknochens der Dunkelgräfin bestimmt und mit Sequenzen aus der mütterlichen Linie Marie Antoinette’s verglichen. Dafür standen wissenschaftliche Daten (mtDNA des Herzens von Marie Thérèse’s Bruder, dem Dauphin) sowie die Vergleichsprobe einer lebenden Person aus dem Mutterstamm Marie Antoinette’s zur Verfügung.
Die Analysen wurden unabhängig in den zwei teilnehmenden Laboren (GMI Innsbruck, Institut für Rechtsmedizin Freiburg) durchgeführt und zeigen übereinstimmende Ergebnisse: Die mtDNA der Dunkelgräfin weist mehrere deutliche Unterschiede zur mtDNA der Bourbonenfamilie auf. Somit ist eine Verwandtschaft der beiden in einer mütterlichen Linie ausgeschlossen. Demzufolge war die Dunkelgräfin von Hildburghausen nicht identisch mit Marie Thérèse Charlotte. (vgl. Parson et al. (2015) Molecular genetic analysis on the remains of the Dark Countess: Revisiting the French Royal family. Forensic Sci Int Genet.19: 252-254)

In vielen Feldern der Molekularbiologie ist eine preisgünstige und einfache Speziesidentifizierung notwendig. Der Einsatz von “high-resolution melting” (HRM) von DNA liefert eine schnelle Methode für die Analyse der Sequenzzusammensetzung der mitochondrialen Gene 12S rRNA und Cytochrom b.
Wir untersuchten den möglichen Nutzen von HRM für die Speziesidentifizierung an 11 verschiedenen, in Europa häufigen Tiergruppen durch Tiergruppen-spezifische DNA Amplifikation mit anschließendem DNA-Melting. Einflussfaktoren, wie z.B. die DNA-Menge, Basenveränderungen, oder das Vorkommen von Mischproben wurden dabei berücksichtigt. Mittels einer optischen Begutachtung, kombiniert mit einer mathematischen Evaluation der Kurvenform erlaubt die Identifizierung nahezu aller Arten in einer Tiergruppe. Das Assay kann somit nicht nur zur Identifikation von Tiergruppen und zur Mischspurenanalyse, sondern auch zur Arten-Identifikation innerhalb der jeweiligen Gruppe genutzt werden.
Das HRM Assay stellt innerhalb eines breiten Bereichs verschiedener Tierarten eine zuverlässige, schnelle, und preisgünstige Methode zur Artenunterscheidung dar und kann, abhängig von der Fragestellung, in einer flexiblen, “modularen” Art und Weise verwendet werden.   Vorversuch „Einfluss von Extraktionsmethoden auf das Schmelzverhalten von DNA in der hochauflösenden Schmelzkurvenanalyse (High Resolution DNA Melting, HRM)“ gefördert von der wissenschaftlichen Gesellschaft; 2012-2013 Paperlink: http://journals.plos.org/plosone/article?id=10.1371/journal.pone.0115575#ack

Ansprechpartner:

Dr. rer. nat. Jana Naue

Forensische Molekularbiologie:
Telefon: 0761 203-6866 • Telefax: 0761 203-6858 • Email: irm.dna@uniklinik-freiburg.de

Institut für Rechtsmedizin • Albertstraße 9 • 79104 Freiburg
Telefon: 0761 203-6853 • Telefax: 0761 203-6858 • Email: rechtsmedizin@uniklinik-freiburg.de