Das Magazin 1 - 2018

Auch an der Krebstherapie mit Genscheren sind Sie beteiligt. Wie funktioniert das? Immunzellen haben auf ihrer Oberfläche Antennen. Mit ihnen erkennen sie entartete Krebszellen, die sie dann zerstören. Aber das klappt nicht immer, weil sich die Krebszellen oft tarnen. Darum schleusen wir in die Immunzellen die Erbinformation für die passende Antenne ein, mit der sie die Tumorzellen erkennen kön- nen. Bei bestimmten austherapierten Leukämiepatien- ten, also Patienten, bei denen keine andere Therapie mehr wirkte, konnte gezeigt werden, dass der Krebs so komplett zurückgedrängt werden kann. Welche Schwierigkeiten müssen gelöst werden, um diese Krebstherapie voranzubringen? Bislangmüssen die Zellen für jeden Patienten einzeln an- gepasst werden, was sehr aufwändig ist. Wir erforschen derzeit in einem großen EU-Projekt, wie sich diese Zellen kostengünstiger herstellen lassen. Außerdem möchten wir in den Zellen eine Art Notbremse einbauen, um sie sofort stoppen zu können, etwa wenn die Nebenwirkun- gen zu stark werden. Eingriffe in das Erbgut werden von vielen Menschen kritisch gesehen. Können Sie das verstehen? Man muss zwei Fälle unterscheiden. Gentherapeutische Veränderungen von normalen Körperzellen müssen sorgfältig untersucht und klinisch geprüft werden. Die Ansätze zur Therapie von HIV und Krebs sind dafür Bei- spiele. Hier sehe ich keine ethischen Probleme. Anders sieht es bei Eingriffen in die Keimbahn, also in Ei- und Samenzellen, oder in Embryonen aus. Denn diese Verän- derungen übertragen sich auf alle Nachkommen. Zurzeit sind die Risiken einer solchen Keimbahntherapie nicht abzuschätzen. Es ist meines Erachtens deshalb ethisch verantwortungslos, solche Therapieansätze zum jetzigen Zeitpunkt durchzuführen. I Professor Dr. Toni Cathomen ist seit 2012 Professor und Direk- tor des Instituts für Transfusionsmedizin und Gentherapie am Universitätsklinikum Freiburg. Nach seiner Promotion am Ins- titut für Molekularbiologie an der Universität Zürich war er als Postdoc und Senior Research Assistant am The Salk Institute in La Jolla/USA tätig. Vor seinemWechsel nach Freiburg hatte er bereits Professuren in Berlin und Hannover inne. 5 das magazin 01 | 2018

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