Das Magazin 1 - 2019

Herr Professor Schmidt, Sie haben seit Juli 2018 die erste Professur für Syste- mische Familientherapie in Deutsch- land inne. Was ist an dieser Therapie- form besonders? Aus der systemischen Perspektive wird auffälliges Verhalten nicht als Problem einer einzelnen Person ge- sehen, sondern als eine Reaktion auf das soziale Umfeld des Betroffenen. Die Systemische Familientherapie nimmt daher die Beziehungen und die Kontexte in den Blick, in denen die Einzelnen leben: als Partner oder Partnerin in einer Paarbeziehung, als Familienmitglied, aber auch als Person mit besonderem kulturellem und/oder religiösem Hintergrund. Individuelle Symptome werden im Zusammenhang mit krankheitser- zeugenden und -aufrechterhalten- den Beziehungsmustern gesehen. So hat ein Jugendlicher, der die Schule schwänzt, nicht unbedingt Proble- me mit dem Lernen. Möglicherweise kann das Verhalten auch aus der fa- miliären Situation zu Hause sinnvoll erklärt werden. Da gibt es vielleicht eine depressive Mutter, die nicht ger- ne alleine ist – oder das Schulprob- lem kann vom Ehestreit der Eltern ablenken. „EIN NEUGIERIGER, RESPEKTVOLLER DIALOG“ SYSTEMISCHE FAMILIENTHERAPIE Ob Aggression, Depression oder Magersucht: Psychische Symptome galten lange als Ausdruck innerseelischer Konflikte. Warum die systemische Therapie das gesamte Umfeld des Betroffenen einbezieht, erklärt Professor Dr. Stefan Schmidt. » 27 das magazin 01 | 2019

RkJQdWJsaXNoZXIy MTU2Njg=