ampuls 4 - 2018

2 4 /2018 Schrittweise Entlastung Rund 350 Pflegekräfte des Uniklinikums folgten amMontag, 25. Juni der Einladung des Klinikumsvorstands, um über die aktuelle Situation und anstehende Veränderungen in der Pflege zu diskutieren. Die wichtigsten Punkte zusammengefasst: PFLEGEENTLASTUNGSVERTRAG Was steckt dahinter? Am 20. März 2018 wurde der Tarifvertrag zwischen der Arbeitsgemeinschaft der Universitätsklinika in Baden-Württemberg und der Gewerkschaft ver.di vereinbart. Er soll ab 1. Juli gelten. Die wichtigsten Punkte: ■ Regelbesetzung in der Nacht: mindestens zwei Kräfte pro Station ■ Einführung von Verfahren zur Personalbedarfsermittlung wie PPR ■ Entwicklung eines Ausfallmanagements ■ Ausbau des Springerpools ■ Regelbesetzungen für alle Pflegeorgani- sationsbereiche spätestens nach 2 Jahren Auch der Personalratsvorsitzende Helmut Pötzsch äußerte sich positiv über den Vertrag:„Der Vertrag ist möglicherweise die entscheidendeWende in Freiburg, Baden-Württemberg und sogar in Deutschland – wenn er jetzt umgesetzt wird wie erwartet.“ Davon unabhängig finden Tarifverhandlungen zum Entgelt für Beschäftigte der baden-württembergischen Uniklinika statt. Die dritte Verhandlungsrunde ist für den 12. Juli vereinbart. Nicht davon betroffen sind Ärzte und wissenschaftliche Mitarbeiter, die jeweils unabhängige Tarifverträge haben. Wirtschaftliche Gesamtsituation Große Investitionen und notwen­ dige Bettenschließungen sorgen 2018 voraussichtlich für ein leicht negatives Betriebsergebnis. Die Bettenschließungen sind Folge eines Mangels an Pflege­ kräften. „Allein deshalb setzen wir alles daran, neues Personal zu gewinnen“, sagte der Kauf­ männische Direktor des Unikli­ nikums Bernd Sahner. Gehaltserhöhungen Aktuell laufen die Tarifgespräche zwischen Arbeitgeber- und Ar­ beitnehmervertretung (siehe Kas­ ten). Auch in der Diskussion for­ derten einige Pflegekräfte deutliche Gehaltserhöhungen; nicht zuletzt als Ausdruck der Wertschätzung dafür, dass am Uniklinikum besonders schwer­ kranke Patienten versorgt werden. „Sie haben mich im Boot, wenn wir Gesundheitsminister Spahn das Geld abnehmen wollen“, sag­ te Sahner. Aber: Es brauche einen gemeinsamen Tarifvertrag statt eines Freiburger Einzelwegs. Nur so sei es möglich, Mitarbeiter gerecht und sinnvoll einzugrup­ pieren und zu bezahlen. Pflegeentlastungsvertrag – Wie sieht die konkrete Umsetzung aus? „Wir warten stündlich auf die Un­ terschrift durch ver.di “, sagte Pflegedirektor Helmut Schiffer am Montagabend. Aber auch ohne förmliche Bestätigung sei die Umsetzung schon angelaufen. Das Verfahren zur Personalbe­ darfsermittlung (PPR) laufe be­ reits auf allen Normalpflegesta­ tionen, INPULS ® befindet sich im Roll-out auf den Intensiv- und IMC-Stationen. Der Forderung eines Pflegenden, verstärkt PPR-Schulungen anzubieten, stimmte Schiffer zu. Ein wichtiges Instrument zur Kompensation von kurzfristigen Personalausfällen ist der Sprin­ gerpool: „Der Springerpool ist schon deutlich ausgebaut worden und über das Soll besetzt“, sagte Schiffer. Trotzdem werde der Pool weiter ausgebaut, um den Tarifvertrag möglichst schnell zu erfüllen. Woher sollen die dringend benötigten Pflegekräfte kommen? „Wir müssen dann Personal auf­ nehmen, wenn wir es kriegen“, sagte Schiffer und erhielt dafür Applaus. „Seehofersche Ober­ grenzen“ werde es bei der Ein­ stellung nicht geben. Gleichzei­ tig könne man nicht einfach einen Schalter umlegen, sondern müsse schrittweise vorgehen. „Dabei können wir am Anfang nicht nur auf Fachkräfte zurück­ greifen“, so Schiffer. Neben umfangreichen Recrui­ tingmaßnahmen sei langfristig der Ausbau der Ausbildungska­ pazitäten entscheidend. Hier sei Freiburg schon einsame Spitze in Baden-Württemberg. Eine Pfle­ gekraft warf die Frage auf, wie viele Pflegeschüler eine Station „aushalte“. Hier müsse man, wenn man das eine (Mangelbe­ setzungen) nicht mag, das andere (viele Schüler) vielleicht doch mögen, sagte Schiffer. „Wenn wir mehr Pflegekräfte haben wol­ len, müssen wir uns selbst um die Ausbildung kümmern“. Schiffer zeigte sich zuversichtlich, so rund 70 der zu Jahresbeginn 76 offenen Stellen im Laufe des Jah­ res besetzen zu können. Allgemeine Anregungen und Kritik „Was brauchen wir, damit Sie in ein paar Jahren noch am Klini­ kum arbeiten?“, fragte Personal­ ratsvorsitzender Helmut Pötzsch. Mehrfach wurde der Wunsch ge­ äußert, weniger mit fachfremder Arbeit wie dem Verteilen von Es­ sen belastet zu werden, um mehr Zeit für die Patienten zu haben. Auch eine grundsätzliche Abkehr vom Wachstum wurde angeregt. Der Vorstandsvorsitzende und Leitende Ärztliche Direktor Pro­ fessor Dr. J. Rüdiger Siewert äußerte grundsätzliches Verständ­ nis für diese Idee, die immer wie­ der ernsthaft diskutiert werde. Aber das bedeute im Umkehr­ schluss, dass bei einer Bettenver­ knappung mehr kränkere Patien­ ten zu versorgen sind, weil sich der Platz für leichtere Fälle ver­ ringert. „Und wir haben in Frei­ burg eine ganz spezielle Situa­ tion: Zwischen Basel und Stuttgart gibt es keinen anderen Maximal­ versorger. Es gibt nur Sie hier“, gab Siewert zu bedenken. „Entscheidend ist, dass Verbesserungen sichtbar werden.“ Pflegedirektor Helmut Schiffer

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