ampuls 5 - 2018

3 5 /2018 Hier ein konstantes Piepsen, da ein durchdringendes Alarmsignal – auf einer Intensivstation kann es ganz schön laut werden. In Studien wurden Durch- schnittswerte um die 60 Dezibel gemessen. Das ist deutlich mehr als die maximalen 35 Dezibel, die die Weltgesundheitsorganisation WHO für Krankenhäuser empfiehlt. Hauptlärmquellen sind Alarmtöne medizinischer Geräte, Geräusche bei der Patientenversorgung wie das Öffnen von Verpa- ckungsmaterialien und Gespräche bei der Visite oder Übergabe. Die Folge des hohen Geräuschpegels: Bei den schwerkranken Patientinnen und Patien- ten steigt das Risiko für ein Delir. Und auch dem Personal wird ein konzen- triertes Arbeiten erschwert. Geht das auch anders? Auf der Neurologischen Intensivstation der Uniklinik Freiburg will das Projekt „Silent Intensive Care Unit (ICU)“, zu Deutsch „Stille Intensivstation“, den Lärm zum Wohl der Patienten sowie der Mitar- beiterinnen und Mitarbeiter reduzieren. Projektleiter ist der Intensivpfleger Sebastian Rapp. Er machte die Lärmreduzierung nach seinem Bachelor-Ab- schluss in der Pflegewissenschaft zu seinem Pflegepraxisprojekt. Gemein- sam mit dem Projektteam koordiniert er nun die Umsetzung der damals entwickelten Ansätze. Die Inspiration dazu kam aus den USA: Hier werden schon länger Modelle zur „Stillen Intensivstation“ erprobt. Rapp betont: „Uns geht es darum, den Alltag von Patienten und Mitarbei- tern auf der Station zu verbessern – dazu brauchen wir für Intensivstationen individuelle Lärmkonzepte, die auf unsere Situation zugeschnitten sind.“ Konkret heißt das: Alarme, die Ärzten und Pflegern keinen konkreten Handlungsbedarf anzeigen, wurden deaktiviert oder leiser gestellt. Außerdem wird verstärkt mit Lichtalarmen gearbeitet. So bleibt die Sensibilität für hochdringliche akustische Signale erhalten. Außerdem ist es wichtig, ein Bewusstsein für den Störfaktor Lärm zu schaf- fen. „Natürlich wird es in Notfällen auf einer Intensivstation auch einmal lauter. Dennoch war es uns ein Anliegen, die Kollegen zu einem achtsame- ren Umgang mit dem Thema Lärm zu motivieren.“ Denn auch eine patien- tenorientierte Kommunikationslautstärke im Krankenzimmer und ein fast geräuschloser Schließmechanismus für die Stationseingangstür helfen, unnötigen Lärm zu vermeiden. Das Projekt kommt gut an: Die Mitarbeiter bewerteten die Maßnahmen zur Lärmredu- zierung in ersten Rückmeldungen über- wiegend positiv. Das Pflegepraxiszent- rum (PPZ) Freiburg, das seit Januar 2018 den Einsatz innovativer Tech- nologien in der Pflege erprobt, wird das Projekt weiterführen und finanziell fördern. „Wir finden die Ansätze zur Lärmreduzierung auf Station sehr spannend und freuen uns, ein so wichtiges Thema voranzutreiben“, sagt Dr. Johanna Feuchtinger, Leiterin des Freiburger Pflegepraxiszentrums. Als Nächstes werden Lärmampeln auf der Station installiert, die anzeigen, wie laut es akut ist. Außerdem soll über mehrere Wochen gemessen werden, wie sich der Geräuschpegel nach der Umsetzung der lärmreduzierenden Maßnahmen entwickelt hat. „Die Geräuschkulisse auf Station setzt sich aus vielen ein- zelnen Lärmquellen zusammen. Wie bei einem Uhrwerk ist es faszinierend zu sehen, welch tolle Effekte erzielt werden, wenn man an einzelnen Räd- chen dreht“, erklärt Rapp. Heilsame Stille Angenehme Ruhe statt schrille Alarme: Das Projekt „Stille Intensivstation“ im Neurozentrum reduziert den Geräuschpegel im Stationsalltag – zumWohl von Patienten und Mitarbeitern Intensivpfleger Sebastian Rapp testet mit einem Projektteam, wie Intensivstationen leiser werden können. „Die Geräuschkulisse auf Station setzt sich aus vielen einzelnen Lärmquellen zusammen. Wie bei einem Uhrwerk ist es faszinierend zu sehen, welche Effekte erzielt werden, wenn man an einzelnen Rädchen dreht.“ Sebastian Rapp, Intensivpfleger

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