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DER KAMPF UMS HERZ

Kunstherzen sollen die Zeit bis zur

Transplantation überbrücken. Da es zu

wenig Organspender gibt, kommen sie

immer öfter zum Einsatz.

Schlägt das Herz zu schwach, um

den Körper ausreichend mit Blut

und Sauerstoff zu versorgen, lautet

die Diagnose Herzschwäche. Diese

auch Herzinsuffizienz genannte Er-

krankung verläuft in mehreren Sta-

dien. Um die gefürchtete terminale

Herzinsuffizienz – eine der häufigs-

ten Todesursachen in Deutschland

– zu vermeiden, gibt es verschie-

dene Therapiemöglichkeiten: von

Medikamenten über Herzschrittma-

cher und Herzoperation bis hin zur

Herztransplantation.

Je schwächer das Herz, desto le-

benswichtiger ist die Wahl der opti-

malen Therapie. Professor Dr. Fried-

helm Beyersdorf, Ärztlicher Direktor

der Klinik für Herz- und Gefäßchir-

urgie am Universitäts-Herzzentrum

Freiburg ∙ Bad Krozingen (UHZ), hat

die Behandlungsergebnisse der ver-

gangenen zehn Jahre mit Daten von

weltweit mehr als 10.000 Patienten

verglichen. Es zeigt sich, dass in den

meisten Fällen Medikamente allein

auf lange Sicht nicht ausreichen: „Bei

fortgeschrittener

Herzschwäche

versprechen chirurgische Eingriffe

die besten Erfolge“, sagt Beyersdorf.

Ideal sei eine Herztransplantation.

Die Wartezeiten sind allerdings auf-

grund gesunkener Spenderzahlen

sehr lang, und bei manchen Patien-

ten sprechen Alter oder zusätzliche

Erkrankungen gegen eine Trans-

plantation. Die Alternative sind so-

genannte Kunstherzen. Ob zur Über-

brückung bis zum Spenderherz oder

als Dauerlösung: Die mechanischen

Unterstützungssysteme

steigern

Überlebenschancen und Lebens-

qualität der Patienten, die nach er-

folgreicher Operation aus der Klinik

entlassen werden können.

„Das Kunstherzsystem unter-

stützt das eigene Herz, es ersetzt es

nicht“, betont Beyersdorf. Eine so-

genannte Axialpumpe hilft, acht bis

zehn Liter Blut pro Minute zu

fördern und so den Kreislauf

aufrechtzuhalten. Ein klei-

nes Kabel, das aus demBauch

des Patienten geleitet wird, verbin-

det das Kunstherz mit den Batteri-

en, die in einer Umhängetasche den

ganzen Tag mitgetragen werden

müssen. Die Patienten können zwar

nur noch vorsichtig duschen und

nicht mehr baden, sind mit den heu-

tigen Herzunterstützungssystemen

allerdings viel mobiler als früher.

Mittlerweile halten die Batterien

fast 24 Stunden. Da Kabelinfekti-

onen jedoch zu schwerwiegenden

Komplikationen gehören, träumt

der Freiburger Herzchirurg von kom-

plett kabellosen Kunstherzen: „Mei-

ne Vision ist, dass irgendwann die

Batterien per Induktion aufgeladen

werden.“

Noch vor zehn Jahren wurden

Kunstherzen nur bei Patienten mit

akut lebensbedrohlicher Herzschwä-

che eingesetzt. Heute raten Medizi-

ner wesentlich früher zur Implan-

tation. Das liegt auch an den enorm

verbesserten Operationstechniken:

Inzwischen ist es mit zwei klei-

nen Schnitten am Brustbein und

zwischen den Rippen möglich, ein

Kunstherz einzusetzen und mit dem

geschwächten Herzen zu verbinden.

Wenn nötig, können gleichzeitig

geschädigte Herzklappen rekon-

struiert werden.

Das Universitäts-Herzzentrum

Freiburg ∙ Bad Krozingen gehört

deutschlandweit zu den Kliniken,

die am meisten Kunstherzen ein-

setzen, und forscht an der Verbes-

serung der Unterstützungssysteme.

Doch auch wenn immer mehr Pa-

tienten zehn Jahre und länger mit

ihrem Kunstherz leben, bleibt es für

Beyersdorf in fast allen Fällen ein

Hilfsmittel, um die Wartezeit bis zur

Transplantation zu überbrücken:

„Nach wie vor ist für die Patienten

nur ein Spenderherz eine dau-

erhafte Lösung. Ich würde mir

wünschen, dass sich viel mehr

Menschen als Organspender re-

gistrieren.“

KUNSTHERZEN

wurde das erste

Kunstherz in Freiburg eingesetzt

Systeme sind bereits

in Freiburg eingesetzt

worden

1994

500 +

PUMP SPEED

9200

„Nur ein Spenderherz ist

eine dauerhafte Lösung“

Mechanische Herzunterstützungssysteme helfen dem Herz bei der

Pumparbeit. Die Batterien werden außen am Körper getragen

Herzen wurden 2014

am UHZ transplantiert

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WENIGER BLUTGERINNSEL

Eine schwere Komplikation bei Patienten mit Kunstherzen

sind sogenannte Thromboembolien, also Gefäßverschlüsse

durch verschleppte Blutgerinnsel. Die Gerinnsel bilden sich,

wenn die Blutplättchen (Thrombozyten) mit der Fremd-

oberfläche des Herzunterstützungssystems interagieren.

Maral Baghai, Teilnehmerin des Else-Kröner-Promotionspro-

gramms „MOTI-VATE“ am Universitätsklinikum Freiburg,

hat in ihrer Doktorarbeit untersucht, wie Hydrogele die

Bildung der Blutgerinnsel verhindern können. Werden die

Oberflächen der Herzunterstützungssysteme mit Hydroge-

len beschichtet, können sich die Thrombozyten auf dieser

Oberfläche schlechter anheften. Insbesondere stark wasser-

liebende, quellbare Hydrogele können das Anlagern effektiv

verhindern und die Gefahr von Thromboembolien senken.

Für ihre Promotion mit dem Titel „Aspekte der Hämostase

bei Patienten mit mechanischer Herzunterstützung“ wurde

Baghai mit dem Nachwuchsförderpreis der Deutschen

Gesellschaft für Thorax-, Herz und Gefäßchirurgie (DGTHG)

ausgezeichnet.

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