Das Magazin 1 - 2018

SPINALE MUSKELATROPHIE SMA wird in vier Typen unter- teilt, die sich an den motori- schen Fähigkeiten des Betroffe- nen orientieren. Die Übergänge sind fließend. Während Typ 1 meist in den ersten Monaten nach der Geburt diagnostiziert werden kann, tritt Typ 4 üblicherweise erst im Erwach- senenalter auf. Krankheit seit vielen Jahren und hat viele klinische Studien zu SMA betreut. Auch bei Anna, dem zweiten Kind von Michaela und Peter K., die ei- gentlich anders heißen, lautet die Diagnose SMA. Doch jetzt, im Jahr 2016, besteht erstmals Hoffnung. Die Eltern erfahren von einer großen klinischen Studie mit dem neuarti- gen Wirkstoff Nusinersen. Kirschner leitet zu diesem Zeitpunkt das größ- te Studienzentrum im deutschspra- chigen Raum. NEUES MEDIKAMENT MACHT HOFFNUNG Für die Therapie kommt die Familie eigens aus ihrer österreichischen Heimat angereist. Anna ist vier Wo- chen alt, als die Behandlung beginnt. Noch hat sie keine Symptome. Und tatsächlich: Das Kind entwickelt sich GESUND wird in funktionstüchtiges Eiweiß übersetzt gesunde Nervenzelle Muskel wird mit Impulsen versorgt und entwickelt sich normal fast wie gesunde Altersgenossen. „Was vor wenigen Jahren unmöglich schien, ist bei Anna Realität gewor- den“, freut sich Kirschner. Auch bei anderen Kindern wirkt Nusi- nersen in klinischen Studien sehr gut. So gut, dass die Studien im August 2016 vorzeitig abgebrochen werden, um das Medikament möglichst vie- len Menschen zugänglich zu machen. „Diese Therapie ist ein echter Durch- bruch“, sagt Kirschner. Noch gibt es keine Langzeitergebnisse, aber alles spricht dafür, dass der Effekt anhält. Mittlerweile können Patientinnen und Patienten aller SMA-Typen be- handelt werden. Nicht alle profitie- ren so stark wie die kleine Anna. Die Ärzte nehmen an, dass die Therapie umso besser wirkt, je früher damit begonnen wird. Darum kämpft Kirschner dafür, dass zukünftig je- des Neugeborene auf SMA getestet wird. „Nur wenn diese Untersu- chung Standard wird, können wir den betroffenen Kindern bestmög- lich beim Start ins Leben helfen“, sagt er. Anna macht mittlerweile die ersten Schritte. I Die Ursache für SMA ist ein Defekt imGen SMN1, durch den ein Eiweiß in den Nervenzellen des Rückenmarks nicht genug gebildet wird: Die Zellen sterben ab. Weil die Nervenreize fehlen, verkümmern nach und nach die Muskeln, was eine fortschreitende Lähmung zur Folge hat. ZumGlück gibt es noch ein zweites, sehr ähnliches Gen: Das Gen SMN2 kann allerdings nicht so gut abgelesen werden und produziert deshalb nur etwa zehnmal weniger Eiweiß. Genau an dieser Stelle setzt die Therapie an. Der Wirkstoff Nusinersen bindet in der Zelle an die Erbgut-Abschrift von SMN2 und sorgt dafür, dass die Information besser gelesen werden kann. Dadurch wird mehr von dem Eiweiß gebildet und die Nervenzellen überleben. KRANK MIT THERAPIE Muskel wird mit Impulsen versorgt und entwickelt mehr Kraft wird korrekt in funktions- tüchtiges Eiweiß übersetzt Nervenzelle ist funktionstüchtig OHNE THERAPIE Boten-RNA wird nur in 10 Prozent aller Fälle in funktionstüchtiges Eiweiß übersetzt Nervenzelle stirbt ab Muskel verkümmert 25 das magazin 01 | 2018

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