Das Magazin 1 - 2019

Herr Professor Gratzke, welche Aufgabe hat die Prostata und was passiert, wenn sie wächst? Die Prostata ist eine etwa kastaniengroße Drü- se. Sie liegt direkt zwischen Harnblase und Schließmuskel und umgibt die Harnröhre. Ihre Aufgabe ist es, einen großen Teil der Samen- flüssigkeit zu produzieren. Wird die Prostata mit dem Alter größer, wächst sie häufig „nach innen“ und die Harnröhre wird in diesem Be- reich enger. Das kann die Blase, die letztlich ein Muskel ist, zunächst kompensieren. Später al- lerdings verbleibt ein Teil des Urins in der Blase nach dem Wasserlassen zurück – es bildet sich Restharn – und ein unangenehmer Harndrang kann entstehen. Viele Betroffene leiden im All- tag sehr darunter, schämen sich aber darüber zu sprechen. Gerade Patienten mittleren Alters haben Angst, eine Behandlung könnte ihre Sexualität beein- trächtigen. Stimmt das immer? Nein, es gibt viele Patienten, bei denen die Sexu- alität erhalten werden kann. Bei leichten bis mittleren Beschwerden lassen sich die Be- schwerden mit Medikamenten behandeln. Einige dieser Medikamente lassen die Prostata schrumpfen, andere entspannen die Harnröhre, weswegen der Harnstrahl wieder stärker wird. Manche Patienten möchten keine Medikamen- te nehmen oder sie fürchten die Nebenwirkun- gen. Bei diesen Patienten können sogenannte minimalinvasive Techniken eingesetzt werden. Diese Verfahren entfernen zunächst kein Ge- webe, sondern können die prostatische Harn- röhre mechanisch weiten (Urolift-Verfahren), die Prostata durch Hitze verkleinern (Rezum) oder die Harnröhre durch Einschneiden vergrö- ßern (iTind). Bei diesen Methoden besteht kaum ein Risiko für die Sexualität. Dazu gehört auch, dass der Samenerguss weiterhin nach außen erfolgen kann. Bei stärkerem Prostatawachstum muss Gewebe entfernt werden. Welche neuen Entwicklungen gibt es hier? Die neueste Entwicklung ist das sogenannte Aquablationsverfahren. Dabei wird mit einem kalten Hochdruckwasserstrahl Prostatagewe- be entfernt, sodass die Harnröhre stärker ge- öffnet wird. Weil bei der Methode keine Hitze entsteht, nehmen auch die für eine Erektion wichtigen Nerven keinen Schaden. Auch ein Samenerguss ist oft weiterhin möglich. Der robotergestützte Eingriff selbst dauert gerade einmal 20–30 Minuten und kann sehr präzise geplant werden. Darum sind die Chancen auf eine unveränderte Sexualität gut. MIT HOCHDRUCK GEGEN PROSTATABESCHWERDEN INTERVIEW Jeder dritte Mann über 65 Jahre hat Probleme beim Wasserlassen. Oft ist die Prostata schuld. Doch viele Männer verdrängen das Problem. Dabei gibt es heute viele schonende Verfahren, wie Professor Dr. Christian Gratzke, Ärztlicher Direktor der Klinik für Urologie, erklärt. „Diese Verfahren entfernen zunächst kein Gewebe, sondern können die prostatische Harnröhre mechanisch weiten“ 24 das magazin 01 | 2019

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