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Die Zeitung für Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen
Ausgabe 4/2014
Die Ära der „weißen Schwestern“
ist ab Ende September Legende
an der Uniklinik. Mit Schwester
Tiberia und Schwester Maria
Franziska zieht der „Orden der
Barmherzigen Schwestern vom
Heiligen Vinzenz von Paul Frei-
burg“ seine letzten beiden Or-
densfrauen ab. Die Entscheidung
fiel nach dem Tod der Oberin,
Schwester Reinhilde (siehe Nach-
ruf auf Seite 2).
Der Einschnitt ist tief, denn seit
dem 27. Dezember 1846 waren
die Vinzentinerinnen, die mit ihrer
hellen Arbeitstracht auffallen und
daher den Namen „weiße Schwes-
tern“ bekamen, ein fester Bestand-
teil des Klinikums. Die Barmher-
zigen Schwestern vom Orden des
Heiligen Vinzenz von Paul ver-
pflichten sich der Fürsorge an
kranken, alten und sterbenden al-
ten Menschen. „Es ist ein schwe-
rer Schritt“, sagt Schwester Tibe-
ria. „Wir gehen mit einem
lachenden und einem weinenden
Auge“, ergänzt Schwester Maria
Franziska.
Auch für die beiden Frauen geht
eine lange, gemeinsam gelebte
Zeit zu Ende. Schwester Maria
Franziska wird Ende des Jahres
80 Jahre alt. Sie ist gebürtig aus
dem Bodenseeraum, trat 1956 bei
den Barmherzigen Schwestern
ein und arbeitete ab 1961 ununter-
brochen am Klinikum. Sie wird
ins Altenheim des Ordens nach
Heitersheim ziehen.
Schwester Tiberia kam 1959
vom heimatlichen Hochrhein zu-
nächst als Hausangestellte in die
Klinik; sie wechselte ins Freibur-
ger Mutterhaus in die Habsbur-
gerstraße. Seit ihrem Gelübde
1962 teilte die agile 76-Jährige ihr
Leben mit ihren Mitschwestern in
der Klinik. Damals waren sie
noch viele – in Spitzenzeiten im
19. Jahrhundert lebten und arbei-
teten bis zu 180 Vinzentinerinnen
an der Uniklinik. Derzeit gibt es
in Freiburg keinen Nachwuchs
mehr. Die letzte Ordensfrau kam
vor mehr als 25 Jahren ins Kloster.
Schon mit 16 Jahren wusste
Schwester Tiberia – die Namen
der Schwestern hat damals der
Orden vergeben –, dass sie eines
Tages ins Kloster eintreten wird.
Die Barmherzigen Schwestern
verlassen die Uniklinik
Schwester Maria Franziska (links)
und Schwester Tiberia (rechts)
arbeiteten und lebten mehr als
fünf Jahrzehnte an der Uniklinik
Die junge Frau spürte: „Eine inne-
re Stimme hat mir gesagt, diesen
Weg zu gehen. Es gibt noch etwas
Höheres.“ Ihre „Patienten“ ver-
missen die Schwestern schon jetzt,
sagen beide unisono. Ende der
1990er-Jahre schieden die ausge-
bildeten Krankenschwestern al-
lerdings bereits altersbedingt aus
der aktiven Pflege aus. Sie taten
seither ihren Dienst vor allem in
der katholischen Heilig-Geist-
Kirche. „Die schöne runde Kli-
nikkirche wird mir fehlen“, sagt
Schwester Maria Franziska.
Schwester Tiberia erzählt, wie
sie außerdem jeden Tag zweimal
über „ihre Stationen“ ging, „wo
alle auf mich warteten“. Die
Herzpatienten und deren Angehö-
rige hätten besonders viel Angst,
sagt sie. Das Segnungszeichen,
das Gebet, die Ansprache „tat ih-
nen gut und schenkte Trost“. Aber
Schwester Tiberia ist auch ein lus-
tiger Mensch und machte gerne
ihre Späße, besonders mit den
1846 kamen die ersten Schwestern vom Orden des Heiligen Vinzenz von Paul
Freiburg zu den Kranken. Nun gehen die beiden letzten Vinzentinerinnen
Kindern, wie sie erzählt. Sie und
Schwester Maria Franziska fühlen
sich von jedem einzelnen Tag am
Klinikum reich beschenkt. Für die
Zukunft wünschen sie sich, dass
das Personal wieder mehr Zeit für
die Patienten bekommt: „Das
fehlt halt.“
Am Sonntag, den 28. September, um 9.30 Uhr, werden die
Schwestern bei einem Gottesdienst in der katholischen
Heilig-Geist-Kirche (zwischen Chirurgischer und Medizi-
nischer Klinik) verabschiedet.
Festgottesdienst zum Abschied
Die katholische Heilig-Geist-Kirche zwischen der Medizinischen und der Chirurgischen Klinik werden Schwester Tiberia und Schwester Maria Franziska sehr vermissen
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