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Bei Diabetes auch immer an die Füße denken

Schmerzmedizin

(14.04.2016) Durch Diabetes können viele Folgekrankheiten entstehen. Eine davon ist das diabetische Fußsyndrom. Wer Veränderungen am Fuß erkennt, sollte einen Arzt aufsuchen. Und auch bei Schmerzen gibt es wirksame Hilfe.

Beim diabetischen Fußsyndrom können sowohl die Nerven als auch die Blutgefäße des Fußes geschädigt sein. Bei der Polyneuropathie wurden die Nerven aufgrund eines jahrelangen erhöhten Blutzuckerspiegels teilweise zerstört. Bei den betroffenen Patienten treten Taubheitsgefühle, aber auch Schmerzen auf. Durch die Nervenschädigung können Taubheitsgefühle, Kribbeln, Schmerzen oder gar Lähmungen auftreten. Weil das Schmerzempfinden vermindert ist, bleiben Verletzungen der Füße häufig lange unbemerkt. Dadurch können schlecht heilende Wunden entstehen, die sich entzünden und in die Tiefe ausbreiten, begünstigt durch die gleichzeitigen Durchblutungsstörungen. Bei Schädigungen der Blutgefäße haben die Patienten Durchblutungsstörungen, die zur sogenannten „Schaufensterkrankheit“ (Claudicatio intermittens), und im Extremfall zum Absterben der Zehen oder sogar des gesamten Beines führen können.

Interdisziplinäre Behandlung

Am Universitätsklinikum Freiburg wird das diabetische Fußsyndrom umfassend diagnostiziert und interdisziplinär behandelt. Für einen optimalen Behandlungserfolg sind mehrere Disziplinen beteiligt: Diabetologie, Chirurgie, Angiologie, Kardiologie, Infektiologie, Neurologie, Radiologie, Gefäßchirurgie und die Schmerzmedizin.

„Zunächst muss der Blutzuckerspiegel der Patienten optimal eingestellt werden, damit Komplikationen bei einem diabetischen Fußsyndrom vermieden werden können“, sagt Professor Dr. Jochen Seufert, Leiter der Abteilung Endokrinologie und Diabetologie am Universitätsklinikum Freiburg. Per Ultraschall und Angiographie werden die peripheren Gefäße der Füße und Beine untersucht. Auch die Nerven werden an den Füßen und Beinen untersucht, um zu ermitteln, ob durch den Diabetes eine Nervenschädigung vorliegt.

Wundsprechstunde für Patienten

Damit Füße und Beine besser durchblutet werden, können Verengungen mittels Katheter wieder aufgedehnt werden und Stentimplantationen eingesetzt werden. Eine umfassende Diagnostik und infektiologische Behandlung bei Infektionen der Füße ist sehr wichtig. Ein langzeitig schlecht eingestellter Blutzucker kann aufgrund der Nervenschädigungen und Arterienverkalkung zu Wunden an den Füßen führen. In Deutschland werden jährlich etwa 40 000 Amputationen an den unteren Extremitäten durchgeführt. Um Amputationen zu vermeiden, müssen auch kleine Wunden ernst genommen werden. Das diabetische Fußsyndrom ist der größte  Behandlungsschwerpunkt der Wundsprechstunde der Allgemein- und Viszeralchirurgie  des Universitätsklinikums Freiburg.  Hier kümmert sich ein interdisziplinäres Team bestehend aus Fachärzten, Pflegefachpersonal, Orthopädietechniker, Orthopädieschuhmacher und Podologen um Diagnostik , Therapie und Prophylaxe des diabetischen Fußsyndromes. Neben einer guten Durchblutung ist die Behandlung von Infektionen und Druckentlastung  essentiell für eine gute Wundheilung. Um diesen Zustand erreichen zu können, arbeitet das Team der Wundsprechstunde eng mit dem Gefäßzentrum der Medizin zur Diagnostik und Therapie von Durchblutungsstörungen, der Radiologie zur Bildgebung, der Fußsprechstunde der Orthopädie und der Orthopädietechnik zusammen. In der Wundsprechstunde erfolgt nach der Therapieplanung die lokale Wundversorgung mit speziellen Wundauflagen, welche die Heilung unterstützen sollen.

„Zur Verlaufskontrolle werden die Patienten alle zwei bis drei Wochen einbestellt um die Heilung zu beurteilen und um gegebenenfalls die Therapie anzupassen. Hierzu werden modernste Dokumentationstechniken wie digitale Fotodokumentation, Thermografie mittels Infrarotkamera und digitale Flächenvermessung verwendet“, sagt Christian Moosmann, Krankenpflegefachkraft in der Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie am Universitätsklinikum Freiburg.

Spezielles Schuhwerk

Damit nach Abheilung der Wunden ein Rezidiv vermieden werden kann, wird den Patienten spezielles Schuhwerk verordnet. Dieses besteht aus einer individuell angepassten Weichbettungseinlage, Führungselemente im Schuh wie speziell eingearbeitete Abrollsohlen, sowie einen nahtlosen Innenschuh. „Ein Diabetikerschuh muss heute nicht mehr hässlich sein: Die Schuhe unterscheiden sich im Vergleich zum normalen Schuhwerk auf den ersten Blick nicht “, sagt Moosmann.  Zudem ist zur Prophylaxe des diabetischen Fußsyndroms eine rezeptfähige professionelle Fußpflege durch einen Podologen notwendig, bei der die Kosten zum überwiegenden Teil von der Krankenkasse übernommen werden. Aufgrund der komplexen multifaktoriellen Einflüsse bei chronischen Wunden wurde am Universitätsklinikum 2006 ein interdisziplinäres Wundzentrum gegründet: Bei den Treffen werden komplexe Patientenfälle besprochen und gemeinschaftlich Diagnostik und Therapie festgelegt.    

Patienten, bei denen das diabetische Fußsyndrom diagnostiziert wurde, leiden oft zusätzlich  unter unangenehmen Schmerzen und Missempfindungen im Fuß. Durch Tabletten können diese Schmerzen gelindert werden. Seit vergangenem Jahr gibt es noch eine andere Methode. „Mit einer einzigen 30 bis 60 minütigen Anwendung eines Pflasters kann eine effektive Schmerzlinderung für drei Monate erzielt werden. Klassische Probleme der Einnahme von Medikamenten mit vermehrter Müdigkeit treten dabei nicht auf. Diese Art von Therapie schlägt bei vielen Patienten gut an“, sagt Dr. Peter Behrens, Oberarzt am Interdisziplinären Schmerzzentrum am Universitätsklinikum Freiburg. Das Pflaster muss alle paar Monate gewechselt werden.  

Elektrische Impulse hemmen Schmerzfasern

Bei Patienten mit diabetischem Fußsyndrom, bei denen Medikamente oder das Pflaster nicht ausreichend wirken, besteht die Möglichkeit durch eine sogenannte neuromodulative Therapie weiterzuhelfen. „Im Interdisziplinären Schmerzzentrum des  Universitätsklinikums Freiburg bieten wir innerhalb einer umfassenden multimodalen Schmerztherapie auch die Rückenmarkstimulation als operative Behandlung des diabetischen Fußsyndroms an“, betont Dr. Kristin Kieselbach, Ärztliche Leiterin des Interdisziplinären Schmerzzentrums am Universitätsklinikum Freiburg. Durch eine sehr dünne, durch die Haut eingeführte Elektrode werden in der Nähe des Rückenmarks elektrische Impulse abgegeben, die die Schmerzfasern hemmen oder „modulieren“. Dem Patienten wird zu diesem Zweck ein Stimulator eingesetzt, der die implantierte Elektrode mit der notwendigen Energie für die elektrischen Impulse versorgt. Statt Schmerzen empfindet der Patient dann ein angenehmes Kribbelgefühl, das das Schmerzareal überdeckt.  

Die neuesten Stimulatoren sind mit Akkus ausgestattet. Diese Stimulatoren lädt, man mithilfe eines Gürtels, den man sich umlegt, einfach wieder alle zwei Wochen wieder auf. „Der Patient kann mit dem implantierten Stimulator ein ganz normales Leben führen. Verreisen, mit dem Flugzeug fliegen und tauchen; das ist alles möglich“, sagt Dr. Kieselbach. Ein wiederaufladbarer Stimulator hält circa zehn Jahre. Erst dann muss er ausgewechselt werden. Hilfe bei chronischen Nervenschmerzen Seit einiger Zeit werden bei Patienten des Interdisziplinären Schmerzzentrums, die an chronischen Nervenschmerzen beziehungsweise. auch bei diabetischem Fußsyndrom leiden, auch Hochfrequenz-Stimulatoren verwendet. Diese senden Impulse, die im Gegensatz zur bisherigen Technik unabhängig von der Patientenposition sind und kein Kribbeln mehr auslösen. „Dieses Verfahren ist sicher und bietet dem Patienten mehr Lebensqualität“, sagt Dr. Kieselbach. Die Schmerzen können auf diese Weise möglicherweise noch besser behandelt werden. Gerade der Bereich der Füße profitiere von diesem Verfahren am besten.

Weitere Informationen: Interdisziplinäres Schmerzzentrum

 


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