Das Magazin 1 - 2013 - page 5

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eisen den richtigen Weg
Prof. Walz:
Wir interessieren uns schon
seit mehr als 15 Jahren für die Zystennieren.
Das ist eine genetisch bedingte Nierener­
krankung, die in Deutschland 80000 Men­
schen betrifft und in der Regel zum Nieren­
versagen führt. In den letzten Jahren haben
wir gelernt, dass die Programme, die zu die­
sen Zysten führen, in der frühen Nierenent­
wicklung aktiv sind und an den Nieren­
schläuchen angreifen. Der Ausgangspunkt
für das Projekt war, wie bei allen Dingen,
die wir hier in der Abteilung machen, eine
klinische Fragestellung. Um zu verstehen,
warum sich Zysten überhaupt bilden, müs­
sen wir erst einmal verstehen, wie sich die
Nierenschläuche eigentlich entwickeln.
Sie haben also herausgefunden, wie die
Nierenschläuche in einer gesunden Nie-
re entstehen?
Prof. Walz:
Genau. Wir wissen jetzt, wel­
che Programme das steuern. Faszinierend
und völlig überraschend ist, dass bereits
Fruchtfliegen dieses Prinzip in der Larven­
entwicklung verwenden. Offensichtlich
werden Bausteine, die sich in der Evoluti­
on einmal als erfolgreich erwiesen haben,
mit nur geringen Abwandlungen immer
wieder verwendet. Man findet diese Phä­
nomene auch in der Maus, sodass wir mit
ganz großer Wahrscheinlichkeit sagen kön„Jetzt verstehen wir besser,
warum sich Zysten
überhaupt herausbilden“
Kontakt
Prof. Dr. Gerd Walz,
Ärztlicher Direktor ,
Medizinische Klinik IV,
Tel.: 0761/2 70-3 2500,
nen, dass in der Maus die gleichen Pro­
gramme ablaufen wie in der Kaulquappe.
Und es gibt bereits Hinweise dafür, dass
wir die Bildung von Zysten vielleicht von
vorneherein verhindern könnten, wenn wir
diese Programme geschickt manipulieren
könnten. Das ist der nächste Schritt. Das
muss Dr. Lienkamp herausfinden, wenn er
wieder ins Labor geht.
Welche Hinweise sind das?
Prof. Walz:
Wir stehen da noch ganz am
Anfang. Aber es gibt ein interessantes
Tiermodell: eine Maus, die ein Gen be­
sitzt, das eigentlich zur Bildung von Nie­
renzysten führen müsste. Das passiert
aber nicht. E scheint so zu sein, dass diese
Maus, um die Zystenbildung zu verhin­
dern, auf das Programm zurückgreifen
kann, das Dr. Lienkamp jetzt beschrieben
hat. Wenn man Medikamente entwickeln
könnte, die dieses Programm stimulieren,
dann hätte man nicht nur einen Ansatz um
das Zystenwachstum zu verhindern, was
wir im Augenblick versuchen, sondern
man hätte prinzipiell einen Ansatz, die
Zystenentstehung von vorneherein zu un­
terbinden. Das wäre schon sehr faszinie­
rend, liegt aber wie gesagt noch in weiter
Zukunft. Dennoch können wir auf ganz
neue Denkansätze zurückgreifen, die
durch Dr. Lienkamps Arbeit eröffnet
worden sind.
Die Nierenforscher Prof. Dr. Gerd Walz (l.) und Dr. Soeren Lienkamp im Gespräch.
Letzterer wurde für sehr komplizierte Forschungsmethoden ausgezeichnet
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