Das Magazin 1 - 2013 - page 9

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n-Station“
Professor Dr. Gerhild Becker
(rechts) ist Ärztin und Theologin.
Sie hat die Palliativstation am
Universitätsklinikum aufgebaut
schen, deren Lebensweg sich erkennbar
dem Ende zuneigt, eine zentrale Aufgabe
der Palliativmedizin, aber auch Patienten
im Frühstadium einer schweren Erkran­
kung profitieren von dem Spezialwissen
und der Kompetenz in der Palliativmedi­
zin. „Je früher wir in die Behandlung die­
ser Patienten mit einbezogen werden, des­
to frühzeitiger können wir die häufig
belastenden Symptome der Patienten lin­
dern, unabhängig davon in welche Rich­
tung sich die Krankheit entwickelt“, er­
klärt Becker. „Dazu kommen wir auch
gerne auf alle anderen Stationen des Klini­
kums.“ Auf die Palliativstation aufgenom­
men werden sollen nur die Patienten, deren
Schwere oder Komplexität der Beschwer­
den eine besonders intensive Behandlung
erfordert.
Wer die Palliativstation besucht, merkt
schnell, dass sich hier das ganze Spek­
trum von Leben abspielt. „Wir sind die
Pralle-Leben-Station“, sagt Gerhild Be­
cker. Einmal im Monat laden die Mit­
arbeiterinnen zum „Palli-Brunch“ ein;
Hochzeiten und Geburtstage werden hier
gefeiert, im Sandkasten draußen toben
Kinder – aber die Station richtet auch re­
gelmäßig Gedenkfeiern aus und lädt die
Angehörigen Verstorbener dazu ein. Im
Anschluss gibt es Brot und Wein. Man­
ches Mal sitzen die Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter aus demTeam bis Mitternacht
mit den Angehörigen zusammen. Zum
Reden, Erinnern, Lachen, Weinen und
Schweigen. Überhaupt habe der enge
Kontakt zu den Angehörigen und der ge­
samten „unit of care“ einen wichtigen
Stellenwert, sagt Gerhild Becker. Und sie
weist immer wieder darauf hin, dass sie
keiner Sterbestation vorsteht. Etwa ein
Drittel der Patienten verstirbt auf der Sta­
Kontakt
Professor Dr. Gerhild Becker,
Ärztliche Direktorin
Telefon 0761/270-95412,
gerhild.becker@
uniklinik-freiburg.de
tion. Zwei Drittel der Patienten gehen je­
doch deutlich stabilisiert nach Hause.
Deshalb ist auch die Sozialarbeit so wich­
tig. Sie ist auf der Palliativstation fest
verankert und sorgt dafür, dass die
schwerst kranken Patienten nach dem Kli­
nikaufenthalt in ein stabiles Netz entlas­
sen werden können. Sei es nach Hause,
ins Heim oder in ein Hospiz.
Die Palliativstation versteht sich als in­
nerklinischer Kristallisationspunkt, in ge­
wissem Sinne als „Intensivstation“ für
unheilbar kranke Patienten und ihre An­
gehörigen. Professor Gerhild Becker:
„Wir leisten ganzheitliche Betreuung auf
höchstem Niveau. Komplex und vielfäl­
tig.“ Die Forschung in der Palliativmedi­
zin liegt ihr deshalb besonders am Herzen.
Weil die moderne Medizin immer besser
wird, brauche es im Umkehrschluss im­
mer mehr Palliativmedizin; denn die Pati­
enten leben auch mit unheilbaren Erkran­
kungen immer länger und benötigen
qualifizierte Betreuungskonzepte in die­
ser Zeit.
Ein weiterer Schwerpunkt der palliativ­
medizinischen Arbeit ist die Ausbildung.
„Von unseren Freiburger Studierenden“,
sagt Gerhild Becker, „verlässt niemand
mehr das Universitätsklinikum ohne
Grundlagen in der Palliativmedizin.“ Den
Nachwuchsmedizinern solle früh klar­
werden, dass sie auch dann gute Ärzte
sind, wenn sie Kranke nicht heilen, son­
dern ihnen „nur“ einen schützenden Man­
tel anbieten können.
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