Das Magazin 1 - 2014 - page 12-13

fünf Mediziner erklären,
was das Besondere an
dem roten Lebenssaft ist
Professor Dr. Justus Duyster
Ärztlicher Direktor der Klinik für Innere
Medizin I, Schwerpunkt Hämatologie,
Onkologie und Stammzelltransplan-
tation
Neben den klassischen Tumorer-
krankungen sind Erkrankungen
des Blutes ein Schwerpunkt unserer
Klinik. Diese Erkrankungen können
verschiedene Funktionen des Blutes
beeinträchtigen wie zum Beispiel die
Versorgung der Organe mit Sauer-
stoff, die Rolle des Blutes bei der In-
fektabwehr oder bei der Gerinnung.
Blut besteht aus flüssigen und
zellulären Anteilen. Die Zellen des
Blutes werden im Knochenmark ge-
bildet. Da die Zellen des Blutes nur
eine begrenzte Lebensdauer haben,
Granulozyten zum Beispiel nur we-
nige Stunden, müssen im Knochen-
mark circa zwei Millionen Blutzel-
len pro Sekunde produziert werden.
Wenn viel mehr Zellen gebildet wer-
den als eigentlich benötigt, spricht
man von einer Leukämie oder Blut-
krebs. Die Leukämie-Blutzellen
können die normalen Aufgaben des
Blutes wie Versorgung der Organe
mit Sauerstoff, Infektabwehr und
Blutgerinnung nicht mehr richtig
übernehmen. Es kommt zu Abge-
schlagenheit, lebensbedrohlichen
Infektionen oder Blutungen.
In der Forschung beschäftigen wir uns
mit der Entwicklung von zielgerichte-
ten molekularen Therapieansätzen bei
bösartigen Erkrankungen. Zudem er-
forschen wir Mechanismen der Resis-
tenzentstehung und Entwicklung von
Therapieansätzen zur Resistenzdurch-
brechung.
Im gesunden Organismus sterben
in allen Geweben und Organen des
Körpers ständig Zellen ab und neue
Zellen werden gebildet. Dabei ent-
spricht die Neubildung von Zellen
im Normalfall genau dem Ab-
sterben von Zellen. „Eingebaute“
Hemmfaktoren sorgen dafür,
dass eine Überproduktion an
neuen Zellen vermieden wird.
Die Zellproduktion von Blut-
körperchen ist im Knochen-
mark lokalisiert und wird über
mehrere Zwischenschritte
aktiviert und kontrolliert. Je
nach Bedarf bildet sich dort
die entsprechende Zahl von
Blutkörperchen, die dann in
die Blutbahn eintreten. Wie
wichtig dieses penible Gleich-
gewicht ist, zeigen die Erkran-
kungen, die entstehen, wenn
es aus der Balance gerät.
Bei einer Leukämie etwa werden
zu viele weiße Blutkörperchen ge-
bildet. Oft entstehen dabei unreife
Formen, die nicht in der Lage
sind, Infekte abzuwehren.
Zugleich verdrängen sie die
restlichen Bestandteile des
Blutes wie die roten Blutkör-
perchen, die dann ihre Aufga-
ben nicht mehr erfüllen können.
Zu einer Thrombose oder einem
Schlaganfall kann es dann kom-
men, wenn die Gerinnungskaskade
gestört ist, das Blut verklumpt und
ein Gefäß verstopft, obwohl keine
Wunde existiert. Wenn wieder-
um ein angeborener Mangel an
Gerinnungsfaktoren
besteht,
kann es sein, dass selbst kleine
Wunden lebensgefährlich wer-
den, weil der Körper nicht in der
Lage ist, sie zu verschließen.
Die häufigste angeborene Ge-
rinnungsstörung mit erhöh-
ter Blutungsneigung ist das
von-Willebrand-Syndrom, bei
dem die primäre und sekun-
däre Hämostase beeinträch-
tigt sind.
Eine Blutarmut (Anä-
mie) liegt vor, wenn zu we-
nig Erythrozyten gebildet
werden. Eine Anämie kann
durch eine gestörte Bildung im
Knochenmark verursacht werden,
zum Beispiel bei einem Mangel an
Eisen, Vitamin B12 oder Folsäure.
Bei chronischen Nierenerkrankun-
gen kann der Stoff Erythropoetin
(EPO, bekannt durch den Gebrauch
als Doping-Mittel) fehlen, der nor-
malerweise die Bildung neuer Ery-
throzyten bewirkt. Weitere Ursa-
chen für eine Anämie können die
Verdrängung der Stammzellen der
roten Blutkörperchen durch maligne
Prozesse im Knochenmark oder der
vermehrte Verlust von Erythrozy-
ten durch Blutungen oder Hämolyse
(Abbau) sein.
Alles im
Gleichgewicht
100.000
5-7
Kilometer Adern befinden sich im menschlichen Körper
Liter Blut
hat ein erwachsener Mensch
tite lthema
13
01 | 2014
01 | 2014
12
1,2-3,4-5,6-7,8-9,10-11 14-15,16-17,18-19,20-21,22-23,24
Powered by FlippingBook