Das Magazin 3 - 2013 - page 8-9

tite lthema
Herr Professor Häcker – Sie sind der
Ärztliche Direktor der Mikrobiologie
des Universitätsklinikums Freiburg.
Was ist Ihr tägliches Geschäft?
Wenn ein Patient z.B. mit Hus-
ten und Fieber ins Klinikum kommt,
denkt der behandelnde Arzt an eine
Infektion. Aber für die Symptome
kommen verschiedene Krankheits-
erreger in Betracht. Damit diese
Infektion also adäquat behandelt
werden kann, muss der Arzt ge-
nau wissen, um welchen Keim es
sich handelt und ob dieser
Resistenzen gegen bestimmte
Medikamente besitzt. Das zu
bestimmen ist die Aufgabe der Mi-
krobiologie, die hierfür eng mit
klinischen Ärzten zusammenar-
beitet. Pro Tag erhalten wir etwa
400 Patientenproben, im Jahr sind
es 120 000! Daneben gibt es ein Ins-
titut, das auf Viren spezialisiert ist.
Die meisten dieser Anfragen sind
Routine. Doch natürlich gibt es auch
immer wieder komplizierte Fälle, die
unter uns Mikrobiologen diskutiert
werden. Am Universitätsklinikum
Freiburg gibt es dafür eine außer-
gewöhnliche Kooperation zwischen
der Mikrobiologie, der Immunologie,
der Infektiologie und der Kranken-
haushygiene. All diese Experten
bleiben in Kontakt, um eine optimale
Versorgung aller Patienten zu garan-
tieren.
„Nicht alle
Bakteri en
sind böse ! “
Kaum ist die EHEC-Welle abgeebbt, tritt sie wieder in den
Hintergrund: Die Mikrobiologie. Dabei spielt diese Disziplin, die sich
mit der Erforschung aller Kleinstlebewesen, vom Bakterium über
Pilze bis zum Parasiten befasst, nicht nur in der Krise, sondern im
ganz normalen Klinikalltag eine ganz entscheidende Rolle.
Professor Dr. Georg Häcker, der Ärztliche Direktor der Mikrobiologie
Freiburg, erklärt, warum.
Es gibt Tausende von verschiedenen
Bakterienarten. Einige davon brauchen
wir, damit es uns gut geht,
andere leben einfach auf und in uns,
ohne uns zu stören
erreicht und dann konstant gehalten
wird. Der Zeitraum bis zum Errei-
chen der Zieltemperatur von 33 Grad
Celsius, die Stabilität der Temperatur
während der 24-stündigen Kühlung
sowie das kontrollierte Wiederer-
wärmen stellen wesentliche Fakto-
ren für die Genesung dar. „Die milde
therapeutische Hypothermie fun-
giert quasi als Temperaturmanage-
ment für den Körper“, beschreibt Dr.
Busch das Verfahren.
Nach 24 Stunden in der Kühlung
wird der Patient über einen Zeitraum
von 16 Stunden auf die normale Kör-
pertemperatur erwärmt. „Wichtig
ist, dass wir die Temperatur nachAb-
lauf der Kühlungsphase langsamund
kontrolliert auf 36,5 Grad erhöhen
und dort halten. Bei zu schnellem Er-
wärmen oder einem überschießen-
den Fieber drohen Hirnschwellung
und Zellschäden“, erläutert Dr. Wen-
genmayer.
Ist der Patient wieder auf nor-
maler Körpertemperatur, wird die
Narkose reduziert. Wenn die milde
therapeutische Hypothermie erfolg-
reich war, können Folgeschäden der
Wiederbelebung vermieden werden
und er kann das Krankenhaus ohne
oder nur mit geringen Einschrän-
kungen in seinem Alltag verlassen.
„In Freiburg gehen rund 20 Prozent
der eingelieferten Patienten nach
einem Herz-Kreislauf-Stillstand mit
einem guten neurologischen Befund
nach Hause. Dieses gute Ergebnis
verdanken wir unserer konsequen-
ten Kühlungskette“, sagt Dr. Busch.
50%
aller Kliniken in Deutschland wenden
aktuell die milde therapeutische Hypo-
thermie an. 2002 waren es nur 20 Prozent
mi lde therapeuti sche Hypothermi e
Bei einem Herz-Kreislauf-Stillstand wird die Sauerstoffzufuhr zum Gehirn und zum
Gewebe unterbrochen. Das verursacht Schäden in den Körperzellen, vor allem in den
besonders sensiblen Gehirnzellen. Als Folge der Unterversorgung entsteht mit Wie-
deraufnahme des Kreislaufes eine Entzündungsreaktion, die das Gewebe zusätzlich
schädigt und auch Fieber auslösen kann. Nach der ursprünglichen Schädigung des
Gehirns durch den Sauerstoffmangel ist diese Entzündungsreaktion ein Hauptfaktor
für schwere Hirnschäden nach einer erfolgreichen Wiederbelebung. Wenn sich Ent-
zündungen bilden, kommt es zu Organschäden, Zellen werden zerstört und auch der
Hirndruck steigt an. Mit der milden therapeutischen Hypothermie, der Kühlung des
Körpers, soll verhindert werden, dass diese Entzündungsreaktion in Gang kommt.
© RUZANNA ARUTYUNYAN - Fotolia.com
9
03 | 2013
03 | 2013
8
1,2-3,4-5,6-7 10-11,12-13,14-15,16-17,18-19,20
Powered by FlippingBook