Das Magazin 3 - 2013 - page 14-15

6 . 45 Uhr
Station Krauß, Chirurgische Klinik
Erika F. ist aufgeregt. Sie wird an der
Halswirbelsäule operiert. Pflegerin
Lisa kommt mit einer Checkliste, mit
der sie alle wichtigen Punkte für die
Operation mit der Patientin durch-
geht. Liegt das OP-Einverständnis
vor, wurde ein EKG gemacht, hat
das Narkosegespräch stattgefunden,
gibt es Allergien? – Und: Ist Frau F.
überhaupt die richtige Patientin?
Also fragt Pflegerin Lisa: Wie heißen
Sie, wann sind Sie geboren, was wird
bei Ihnen operiert?
7. 15 Uhr
Schleuse Unfall-OP
Ein Pfleger fährt Erika F. an die
Schleuse des Unfall-Operationsbe-
reichs. Dort wird die Patientin von
Anders Mutz aus der OP-Pflege-Ein-
heit freundlich in Empfang genom-
men. Auch er hat eine Checkliste in
der Hand und hakt erneut nachfra-
gend alle Punkte ab. Normalerwei-
se wird die Seite, an der der Eingriff
vorgenommen wird, noch mit einem
Stift markiert. An der Halswirbel-
säule ist das nicht nötig.
7. 30 Uhr
Narkose-Einleitung
Erika F. ist schläfrig. Umso wichti-
ger, dass ihr kurz vor der Narkose-
Einleitung offene Fragen gestellt
werden, damit kein Fehler passiert.
Also nochmal: Wie heißen Sie, wann
sind Sie geboren, was wird bei Ihnen
operiert? Erika F. gibt die richtigen
Antworten. Alles ist vorbereitet,
denn eine Woche vor der OP hatte
die Patientin ein Vorgespräch mit
dem Anästhesisten in der Anästhe-
sie-Prämedikationsambulanz.
8 . 00 Uhr
Lagerung
Die Patientin ist in der Narkose. Nun
beginnt das Team um die Anästhe-
sistin und den Operateur mit der
aufwendigen Lagerung. Da Erika F.
ein Tumor an der Halswirbelsäule
entfernt wird, müssen die Schläuche
so liegen, dass sie bei der OP nicht be-
hindern. Es dauert, bis die Patientin
richtig liegt. Aber Chirurg Professor
Dr. Hagen Schmal muss optimal an
die Eingriffsstelle kommen. Zur Si-
cherheit lässt er den Hals röntgen.
Alles in Ordnung.
8 . 45 Uhr
Unfall-OP 1, Team Time Out
Vor dem Schnitt gibt es kurzes Inne-
halten, das sogenannte Team Time
Out. Alle an der Operation Beteilig-
ten geben noch einmal laut zu Proto-
koll, wer operiert wird, was gemacht
werden soll, ob es Besonderheiten
zur Narkose gibt, ob die OP-Bestecke
vorrätig sind. Erst jetzt beginnt die
eigentliche OP.
Team Time Out
gibt Sicherheit
Bei einer Operation darf nichts schiefgehen. Die Patienten
werden anhand einer Checkliste mehrfach zur Person und
zum Eingriff befragt. Am Universitätsklinikum Freiburg ist
sicheres Operieren Teil des Risikomanagements.
S icheres Operi eren i st Te i l des Ri s ikomanagements
Die Technik hat man sich von den Piloten in der Luftfahrt ab-
geguckt: Das Team Time Out aller Beteiligten vor einer Opera-
tion ist ein kurzes Innehalten, ein letzter Check vor der Opera-
tion. Jeder besinnt sich noch einmal auf das, was er oder sie zu
tun hat, und spricht es laut aus. Liegt der richtige Patient auf
dem OP-Tisch, ist die Eingriffsstelle korrekt markiert, das OP-
Besteck vollständig, die Narkose entsprechend dosiert? Sind ei-
nes oder mehrere Felder auf der Checkliste noch gelbmarkiert,
muss die Abweichung geklärt werden. Erst wenn alle Felder
auf Grün stehen, setzt der Operateur den ersten Schnitt.
„Die Checkliste ist das Herzstück fürs sichere Operieren“, sagt
Professor Dr. Hagen Schmal. Er hat Erika F. operiert. Auch
Regina Dries, Gesamtleitung der OP-Pflege für den Bereich
Zentral-OP und Frauenklinik-OP, bestätigt, wie wichtig es ist,
eine standardisierte Liste zu haben, um Risiken auszuschlie-
ßen: „Wir sind geschult, offene Fragen zu stellen.“ Von der
Pflege bis zur Narkoseeinleitung sind alle Beteiligten ver-
pflichtet, den Patienten aktive Fragen zu stellen.
Klaus Rudolf vom Zentralen Qualitätsmanagement am Uni-
versitätsklinikum erklärt, warum die offene Fragetechnik
– zum Beispiel „Wie heißen Sie?“ – so wichtig ist: „Manche
Patienten verstehen die Frage nicht oder sind bereits schläf-
rig.“ Stellt man ihnen eine geschlossene Frage wie „Sie sind
doch Herr X?“, besteht die Gefahr, dass sie auf den falschen
Namen versehentlich mit Ja antworten.
Das sichere Operieren ist Teil des Risikomanagements am
Universitätsklinikum. 2011 wurden vom Klinikumsvorstand
sieben Patientensicherheitsgrundsätze verabschiedet. Die
Grundsätze fordern das Arbeiten nach bestimmten Sicher-
heitsstandards, beispielsweise eine Regelung zur Eingriffs-
markierung. „Das klingt trivial“, sagt Klaus Rudolf, „ist es aber
nicht.“ Denn ohne eine abgestimmte Regelung besteht die
Gefahr, dass die Markierungen individuell unterschiedlich
vorgenommen werden. Beim einen bedeutet dann ein Kreuz
zur Eingriffsmarkierung: Hier befindet sich die Operations-
stelle, beim anderen könnte es heißen: hier nicht. Mit einer
klaren Regelung und der prä-operativen Checkliste sollen
solche Fehlerquellen von vornherein vermieden werden.
 Mit offenen Fragen erhöhen 
wir die Sicherheit, dass wir den 
 korrekten Eingriff an der
 richtigen Person vornehmen 
 Die Checkliste ist
 das Herzstück
 fürs sichere Operieren 
Jeder besinnt sich noch
einmal auf das, was er oder
sie zu tun hat, und spricht
es laut aus
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