Background Image
Table of Contents Table of Contents
Previous Page  24-25 / 44 Next Page
Basic version Information
Show Menu
Previous Page 24-25 / 44 Next Page
Page Background

und die funktionalen Areale des Tu-

mors zu verstehen. Die Strahlenthe-

rapie wird präziser und fokussierter.

Was heißt das konkret?

Wir arbeiten daran, dass wir die

biologischen Eigenschaften des Tu-

mors auf den Bildern sehen können,

also erkennen, wo die besonders

strahlenresistenten Bereiche liegen

und welche Teile eher strahlensensi-

bel sind. Welche Zellen sterben nach

einer Bestrahlung, für welche brau-

chen wir mehrere Sitzungen?

Solche Bilder zu erstellen

und in die Thera-

pieplanung einzubeziehen – damit

leisten wir in Freiburg gerade inter-

nationale Pionierarbeit. Je präziser

die Bilder des Tumors sind, umso prä-

ziser kann die Therapie sein.

Also alles eine Frage der Technik?

Nicht nur, wir müssen die Bilder

auch verstehen und richtig deuten.

Aber die Technik spielt eine große

Rolle. Wir sind da immer auf dem

neuesten Stand. Vor kurzem

haben wir ein

neues To -

mot he -

r a p i e g e r ä t

i ns ta l l ie r t ,

das während

einer Bestrahlung kontinuierlich

Bilder vom Inneren des Patienten

aufnimmt und den Laserstrahl mi-

krometergenau anpasst. Außerdem

haben wir zwei Geräte für die in-

traoperative Bestrahlung in Betrieb

genommen, mit denen Chirurgen

bereits während der Operation den

Tumor bestrahlen können. Insbe-

sondere bei Brustkrebs wird diese

Methode erfolgreich verwendet.

Woran merkt der Patient den Fort-

schritt in der Strahlentherapie?

Die Behandlungen haben dank

der präziseren Bestrahlung deutlich

mehr Wirkung auf den Tumor und

weniger Nebenwirkungen im gesun-

den Gewebe. Und die Zeiten haben

sich verkürzt: Bei vielen Patienten

genügen ein bis drei Sitzungen, bei-

spielsweise bei Lungen- oder Leber-

tumoren.

PROFESSOR DR . ANCA- LIGIA GROSU

promovierte und habilitierte am Klinikum rechts der Isar

der Technischen Universität München. Dort baute sie die

Radiochirurgie und die stereotaktische Strahlentherapie

auf. Nach einem Forschungsaufenthalt an der Harvard

Medical School in Boston/USA kam sie 2007 als Ärztliche

Direktorin der Klinik für Strahlenheilkunde und Ärztliche

Leiterin des Medizinischen Versorgungszentrums an das

Universitätsklinikum Freiburg.

FORTSCHRITTE IN

DER STRAHLENTHERAPIE

Auf den winzigsten Bruchteil präzise

treffen die Strahlen auf den Tumor –

und schädigen die Erbsubstanz seiner

Zellen so stark, dass sie sich nicht mehr

teilen können. Eine Strahlentherapie

lässt den Tumor schrumpfen oder

zerstört ihn sogar ganz. Wie diese

Methode zusätzlich das Immunsystem

stärkt, erklärt Professor Dr. Anca-Ligia

Grosu, Ärztliche Direktorin der Klinik

für Strahlenheilkunde am Universitäts-

klinikum Freiburg

Frau Professor Grosu, eine Strahlen-

therapie ist ganz schön belastend für

das Immunsystem, oder?

Das war bisher die Annahme. Al-

lerdings hat sich mit der Entwick-

lung der Strahlentherapie einiges

verändert. Eine Behandlung mit

modernen Hochleistungspräzisions-

strahlen schwächt das Immunsys-

tem nicht. Bei dieser Therapie wird

der Tumor sehr präzise ins Visier

genommen, nur die Tumorzellen be-

kommen etwas von der Strahlung

ab. Das gesunde Gewebe um den Tu-

mor herum wird geschont. Diese Me-

thode stärkt das Immunsystem.

Wie funktioniert das genau?

Im Prinzip wie eine Impfung. Das

Tumorgewebe wird durch die Be-

strahlung zerstört und dem Immun-

system werden bestimmte Antige-

ne präsentiert, quasi die Struktur

des Tumors. Daraufhin fressen die

Immunzellen den Tumor auf. Inter-

essanterweise scheint die Informa-

tion, wie dem Tumor beizukommen

ist, über die Blutbahn weitergegeben

zu werden. Es gibt Beobachtungen,

dass bei der lokalen Bestrahlung Me-

tastasen an anderen Orten imKörper

ebenfalls kaputtgehen. Hier wird das

körpereigene Immunsystem aktiv.

Das klingt ja vielversprechend…

Theoretisch

schon,

praktisch

funktioniert es nicht immer. Somuss

die Tumorart eine gewisse Immuno-

genität besitzen, also überhaupt

eine Antwort des Immunsystems

auslösen können. Das ist leider nur

selten der Fall. Zudem ist der Effekt

eher schwach und wird besser mit

einer medikamentösen Immunthe-

rapie kombiniert. Welche immunmo-

dulierenden Substanzen dafür am

besten geeignet sind, untersuchen

wir derzeit. Wir arbeiten deutsch-

landweit mit verschiedenen Insti-

tuten zusammen und natürlich mit

Experten aus der Klinik für Innere

Medizin und der Klinik für Nuklear-

medizin am Universitätsklinikum

Freiburg. Unsere Bemühungen, die

Immuntherapie im Tiermodell zu

analysieren und auf ein Patienten-

modell zu übertragen, sind interna-

tional anerkannt worden. So hat uns

die American Society for Radiation

Oncology als eines der zehn besten

unter 11.000 Forschungsprojekten

ausgezeichnet.

Wo liegt die Zukunft der Strahlenthe-

rapie? Wird es noch große Veränderun-

gen geben?

Das denke ich schon. Das Ziel

ist eine individualisierte und per-

sonalisierte Strahlentherapie. Die

Partikeltherapie mit Protonen wird

bestimmt große Bedeutung erlan-

gen, insbesondere bei Kindern und

Jugendlichen. Derzeit forschen wir

in mehreren Bereichen, beispiels-

weise entwickeln wir die Bildgebung

weiter. Die Aufnahmen, die wir mit

Kernspintomographie, Computerto-

mographie und Positronen-Emissi-

ons-Tomographie erstellen, helfen

uns, den Tumor genau zu lokalisieren

„Je präziser die Bilder des Tumors

sind, umso präziser kann

die Therapie sein“

© 2016 Accuray Incorporated

Ein Tomotherapie-Gerät passt

den Laserstrahl während der

Behandlung mikrometergenau an

PUNKTGENAU DEN

TUMOR TREFFEN

© SergeyNivens - Fotolia.com

25

1 | 2016

1 | 2016

24