Das Magazin 2 - 2014 - page 8-9

Für jede Tumorerkrankung findet am
Tumorzentrum Freiburg eine Fallbe-
sprechung statt: In den Tumorboards
entscheiden Ärzte verschiedener Fach-
richtungen über die optimale Behand-
lung bei Krebs.
„Die Patientin ist 32 Jahre alt,
hat mehrfach Chemotherapie be-
kommen, ist einmal bestrahlt wor-
den, jetzt haben wir wieder Metasta-
sen in der Lunge und an den Rippen
gefunden. Wir überlegen, wieder zu
bestrahlen.“ – Der Onkologe nimmt
den Blick von seinem Zettel und
schaut in die Runde. Er blickt in die
Gesichter von 13 Kolleginnen und
Kollegen. „Wir könnten die Metas-
tasen an den Rippen operativ ent-
fernen“, schlägt ein Thoraxchirurg
vor. Die Strahlentherapeutin gibt
zu bedenken, dass der Krebs bereits
mehrfach wiedergekommen ist, eine
kombinierte Therapie aus Bestrah-
lung und Operation könnte womög-
lich erfolgversprechender sein.
Es ist Mittwochnachmittag, 16
Uhr, und in einem Besprechungs-
raumder Klinik für Strahlenheilkun-
de am Universitätsklinikum Frei-
burg haben sich Ärzte verschiedener
Fachrichtungen zusammengefun-
den, um über die optimale Behand-
lung ihrer Patienten zu sprechen.
Alle diese Patienten haben eine Form
von Krebs, deshalb heißen diese Fall-
besprechungen Tumorboards. Am
Tumorzentrum Freiburg – CCCF gibt
es derzeit 13 dieser Tumorboards. Sie
widmen sich den unterschiedlichen
Tumorarten: Hirntumoren, Hauttu-
moren, gynäkologischen Tumoren,
Kopf-Hals-Tumoren oder Knochen-
tumoren zum Beispiel.
„Dank der Tumorboards können
wir Patienten, die an Krebs erkrankt
sind, die bestmögliche Behandlung
zuteil werden lassen“, sagt Martina
Bischoff, Fachärztin und Leiterin
des Bereiches Interdisziplinäre Pati-
entenversorgung und Qualitätsma-
nagement am Tumorzentrum. „Da-
durch, dass sich hochspezialisierte
Fachärzte aus den unterschiedlichen
Disziplinen jeden einzelnen Fall an-
schauen, erhält der Patient gebün-
deltes Fachwissen und eine Behand-
lungsempfehlung für seinen ganz
persönlichen Fall.“
Bei Martina Bischoff laufen die
organisatorischen Fäden der Tumor-
boards zusammen. Gemeinsam mit
zwei Mitarbeiterinnen bereitet sie
die Sitzungen vor und nach. Zu den
regelmäßigen Teilnehmern einer
Tumorkonferenz gehören Hämato-
onkologen, also Spezialisten für das
blutbildende System, Chirurgen,
Radiologen, Strahlentherapeuten,
Nuklearmediziner und Pathologen.
Abhängig von der Art des Tumors
werden weitere Experten zum Tu-
morboard eingeladen.
Sind Kinder an Krebs erkrankt,
gibt es ein spezielles Kinder-Tumor-
board; einen Tumor in der Kopf-Hals-
Region schaut sich auch ein HNO-
Arzt an. Die Beschlüsse des Tumor-
boards werden noch während der Sit-
zungdokumentiertundspäteranden
niedergelassenen mitbehan-
delnden Arzt verschickt.
„Somit bekommt jeder
Patient eine wissen-
schaftlich fundierte
und
leitlinienge-
rechte Therapie, sozusagen eine Be-
handlung aus einer Hand“, erklärt
Martina Bischoff.
Patienten des Tumorzentrums
Freiburg werden nach festgelegten
Kriterien in ein Tumorboard aufge-
nommen. Die Expertenrunde be-
spricht ihre Krankheitsgeschichte
jeweils vor Beginn der Therapie. Sie
kann aber auch später erneut bespro-
chen werden, wenn Entscheidungen
über den Fortgang der Behandlung
anstehen. Jedes der 13 Tumorboards
findet wöchentlich statt. Die behan-
delnden Ärzte melden ihre Patienten
dort an. Wenn es sehr eilt, werden
die Fälle auch kurzfristig in die Ex-
pertenrunde aufgenommen. „Die
Teilnehmer bekommen vor dem Tu-
morboard alle Informationen zu den
Patienten und bereiten sich entspre-
chend vor“, sagt Martina Bischoff.
Zwischen
sieben
und
dreißig Fälle werden
in einem Tumor-
board bespro-
chen.
Zu jedem
e i n z e l n e n
Patienten sind die Bilder aus der
Computertomografie oder dem Ma-
gnet-Resonanz-Tomografen an die
Wand projiziert zu sehen; dazu wer-
den die Befunde aus der Pathologie
vorgestellt. Jeder Experte gibt seine
Einschätzung zumkonkretenFall ab.
Was spricht gegen die vorgeschlage-
ne Therapie? Kennt jemand ähnli-
che Fälle, in denen eine bestimmte
Behandlung erfolgreich war? Gibt
es derzeit eine Studie, in die der Pa-
tient eingeschlossen werden kann,
um seine Chancen zu verbessern?
Kann die Therapie begründet von der
Leitlinie abweichen? Wie stehen die
Chancen für den Patienten mit der
beschlossenen Therapie?
Nach dem Abwägen aller Argu-
mente entscheiden dieÄrzte gemein-
sam, welche Empfehlung sie dem Pa-
tienten für die weitere Behandlung
geben möchten. Ausschlaggebend
sind neben den bisherigen Erfah-
rungen aus den unterschiedlichen
Disziplinen auch die neuesten wis-
senschaftlichen Erkenntnisse. Im
Vordergrund steht dabei immer das
Wohl des Patienten.
Jedes der 13 Tumorboards
findet wöchentlich statt
TUMORBOARDS AM TUMORZENTRUM FRE IBURG – CCCF
1. Brustkrebs und gynäkologische Tumore
2. Gastrointestinale Tumore
3. Gynäkologische Tumore
4. Hauttumore und Sarkome
5. Hirntumore
6. Kopf-Hals-Tumore
7. Leukämie
8. Lymphome
9. Multiple Myelome
10. Thoraxtumore
11. Tumore bei Kindern
12. Urologische Tumore
13. Weichteil- und Knochentumore (Sarkome)
Kontakt
Martina Bischoff | Qualitätsmanagement
Tumorzentrum Freiburg – CCCF
Universitätsklinikum Freiburg
Hugstetter Straße 55 | 79106 Freiburg
„Dank der Tumorboards können
wir Patienten, die an Krebs
erkrankt sind, die bestmögliche
Behandlung zuteil werden lassen“
THERAPI E AUS
E INER HAND
TUMORBOARDS UNTERSTÜTZEN
DIE BEHANDLUNG
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