Das Magazin 3 - 2014 - page 18-19

Bei einem Herzstillstand zählt jede Mi-
nute. Eine sofortige Herzdruck-Massa-
ge erhöht die Überlebenschance des
Betroffenen um das Zwei- bis Dreifa-
che. Aber oft reagieren umstehende
Personen nicht – aus Angst, etwas
falsch zu machen. Nur etwa 20 Prozent
trauen sich, einen anderen Menschen
wiederzubeleben. Jetzt soll schon die
junge Generation so früh wie möglich
ins Boot geholt werden. Im Universi-
täts-Notfallzentrum lernen Schulklas-
sen, wie Reanimation geht.
Milan schnauft. Eine Wiederbe-
lebung ist anstrengend. Er drückt
auf den Brustkorb des Patienten und
wechselt sich dabei mit seiner Klas-
senkameradin ab. Hundertmal sol-
len sie pro Minute fest drücken. Sie
zählen laut mit, um im Rhythmus zu
bleiben, während sie auf den Notarzt
warten. Allerdings handelt es sich
hierbei nur um eine Übung und der
Patient ist eine Puppe. Die beiden
Jugendlichen und ihre Schulkamera-
den besuchen die neunte Klasse des
Wentzinger-Gymnasiums in Frei-
burg. Sie sind die erste Schulklasse,
die an einer Reanimationsschulung
im Universitäts-Notfallzentrum
(UNZ) teilnimmt.
Unter der Leitung von Privatdo-
zent Dr. Hans-Jörg Busch, Ärztlicher
Leiter Medizin des UNZ, haben die
Schülerinnen und Schüler am Vor-
mittag zuerst theoretisches Wissen
über Erste-Hilfe-Maßnahmen ver-
mittelt bekommen. Im Anschluss
daran durften die Neuntklässler,
aufgeteilt in zwei Gruppen, das so-
eben Gelernte praktisch anwenden.
Zwei Notfallmedizinerinnen zeig-
ten ihnen an den beiden Reanimati-
onspuppen Fred und Anna, wie man
in einer Notfallsituation Schritt für
Schritt richtig vorgeht und wie eine
Herzdruck-Massage funktioniert.
Nach anfänglicher Scheu waren die
Schüler sichtlich interessiert und
wollten sich auch an den Puppen
versuchen.
„Wir wissen, dass wir als Not-
arzt oft zu spät kommen. Deshalb
sind wir auf die Wiederbelebungs-
maßnahmen durch Laien unbedingt
angewiesen.
Sonst
verstreichen
lebenswichtige
Minuten.
Wenn
künftig alle Schüler in Reanimation
geschult und fit sind, erhöht sich die
Chance auf Rettung“, sagt Hans-Jörg
Busch. „Die kostbaren Minuten, die
nach einem Kollaps tatenlos ver-
streichen, lassen sich später durch
keine noch so gute Maßnahme wie-
der zurückgewinnen.“ Er ist als stell-
vertretender Sprecher der Sektion
Reanimation in der Deutschen inter-
disziplinären Vereinigung für Inten-
siv- und Notfallmedizin (DIVI) und
seit diesem Jahr im Exekutivkomitee
des Deutschen Rates für Wiederbele-
bung aktiv.
Der Notfallmediziner hat durch
die Reanimationsschulung auf vor-
bildliche Weise die Initiative „Ein
Leben retten. 100 Pro Reanimation“
in die Tat umgesetzt, die 2012 vom
Berufsverband Deutscher Anästhe-
sisten e.V., vom Deutschen Rat für
Wiederbelebung und von der Stif-
tung Deutsche Anästhesiologie ins
Leben gerufen wurde.
Auf deren Wirken hin
fassten die Landeskul-
tusminister auf ihrer
Konferenz Anfang Juni
diesen Jahres den Be-
schluss, Reanimation ab dem kom-
menden Schuljahr als Pflichtfach im
Schulunterricht zu etablieren.
Sie empfehlen den Ländern, Mo-
dule von rund zwei Stunden pro
Schuljahr in die Lehrpläne zu integ-
rieren sowie die Lehrkräfte entspre-
chend schulen zu lassen. Hans-Jörg
Busch freut sich, dass die Politik dem
Themamehr Beachtung schenkt und
der Initiative Rückendeckung gibt.
Das Universitätsklinikum Freiburg
geht mit seinem Schulungsangebot
schon jetzt mit gutemBeispiel voran.
Die Neuntklässler vom Wentzin-
ger-Gymnasium fühlen sich nach
dem Reanimationstraining umfas-
send aufgeklärt. Der 15-jährige Ju-
lian findet es gut, dass seine Klasse
an diesem Angebot teilnimmt: „Die
Schulung ist super, weil ich dabei
lerne, wie ichMenschen retten kann,
die zum Beispiel gerade einen Herz-
infarkt hatten. Ich weiß nun, wie
ich handeln muss, und kann so lan-
ge helfen, bis der Rettungswagen
und die Notärzte eintreffen.“ Seine
umstehenden Freunde pflichten ihm
bei. Und wer weiß: Vielleicht könn-
ten sie schon bald die Lebensretter
von morgen sein.
REANIMATIONSKURSE FÜR SCHÜLER
DI E LEBENSRETTER
VON MORGEN
DI E WICHTIGSTEN SCHRITTE AUF E INEN BL ICK : „PRÜFEN. RUFEN. DRÜCKEN ! “
1. Prüfen, ob die Person noch atmet.
2. Unter der europaweit gültigen Notrufnummer 112 den
Rettungsdienst rufen.
3. Fest und mindestens 100 Mal pro Minute in der Mitte des
Brustkorbs drücken und nicht aufhören, bis Hilfe eintrifft.
2-3
112
100 X
20%
-fach wird
die Überlebenschance erhöht bei
einer sofortigen Herzdruck-Massage
beträgt die bisherige Quote der
Wiederbelebungsmaßnahmen
durch Laien
1 .
2 .
3.
„Wir sind auf die Wiederbelebungsmaßnahmen
durch Laien unbedingt angewiesen.
Sonst verstreichen lebenswichtige Minuten“
19
03 | 2014
03 | 2014
18
1,2-3,4-5,6-7,8-9,10-11,12-13,14-15,16-17 20-21,22-23,24-25,26-27,28
Powered by FlippingBook