Das Magazin 3 - 2014 - page 14-15

Wie schön wäre es, wenn man Krank-
heiten einfach weg waschen könnte!
Mit der „Blutwäsche“ ist dies zumin-
dest im Ansatz möglich: Bestimmte
krank machende Substanzen können
gezielt aus dem Blut entfernt werden.
Schlechte Fette, schädigende An-
tikörper, Medikamente oder über-
zählige Zellen können aus dem Blut
herausgewaschen werden. Ärzte
können aber auch Blutstammzellen
„ernten“, die zur Behandlung von
Leukämien verwendet werden. Die
therapeutische Apherese, wie das
Verfahren in Fachkreisen heißt, ist
ein wahres Multitalent.
Zwei besondere Verfahren aus
dem Apheresespektrum werden hier
vorgestellt: Eines gehört längst zum
klinischen Alltag, das andere ist
frisch aus der Forschung.
BLUTWÄSCHE
ALS THERAPI E
APHERESEVERFAHREN
Viele Krebsleiden werden mit Che-
motherapeutika behandelt. Diese
Zellgifte führen aber keinen geziel-
ten Anschlag auf die Tumorzellen
aus. Sie verhalten sich eher wie eine
Streubombe: Gesunde Zellen werden
ebenso attackiert wie Tumorzellen.
Diese Kollateralschäden sind der
Grund für die Nebenwirkungen der
Therapie und bestimmen nicht sel-
ten das Limit für die Höchstdosis ei-
nes Medikaments.
Dr. rer. nat. Gerhard Pütz vom
Institut für Klinische Chemie am
Universitätsklinikum Freiburg ent-
wickelte nun zusammen mit Kolle-
gen aus der Nephrologie und Gynä-
koonkologie ein neues Verfahren
für die Behandlung von Brust- und
Eierstockkrebs: Bei der CARL-The-
rapie („Controlled Application and
Removal of Liposomal Chemothe-
rapeutics“) wird sogenanntes „lipo-
somales“ Doxorubicin verabreicht,
das als Zytostatikum das Wachstum
der Krebszellen hemmt. Dieses wird
nach zwei Tagen aktiv mit einer
Blutwäsche aus dem
Blut entfernt. Bei dem
von der Gesellschaft
für Nephrologie preis-
gekrönten
Verfahren
soll der Effekt gegen
den Tumor erhalten bleiben, die Ne-
benwirkungen werden deutlich ge-
senkt.
Doxorubicin wird schon lange in
der Therapie von Brust- und Eier-
stockkrebs verwendet. Das Zyto-
statikum ist effektiv, hat aber einen
entscheidenden Nachteil – es ist
stark herzschädigend. Um diese Ne-
benwirkung zu verringern, wird das
Zellgift in kleinen Fettkapseln („Li-
posomen“) verpackt, die von nor-
malem Gewebe nicht aufgenommen
werden können, sich aber im Tumor
stark anreichern. Diese besondere
BLUTWÄSCHE NACH CHEMOTHERAPI E
„Bei der CARL-Therapie lassen wir das
Zytostatikum zwei Tage lang einwirken und
entfernen dann den überschüssigen
Wirkstoff per Plasmapherese“
WAS I ST E INE BLUTWÄSCHE ?
Die therapeutische Apherese (griech. Abtrennung) beschreibt
die außerhalb des Körpers stattfindende Entfernung bestimm-
ter Komponenten aus dem Blut. Während der Apherese liegt
der Patient auf einer Liege. Sein Blut wird über ein Schlauchsys-
tem in ein Apheresegerät geleitet, wo es durch Zentrifugation
oder selektiv durchlässige Membranen in seine Bestandteile
aufgeteilt wird. Die gewünschten Zellen sammeln sich dann
in einer bestimmten Schicht. So können ganz gezielt einzelne
Zelltypen, Fette, Proteine oder andere gelöste Stoffe entfernt
werden. Anschließend fließt das gereinigte Blut zurück in den
Körper. ImGegensatz zu ihrem Schwesterverfahren (der Dialy-
se) können durch die Apherese gezielt bestimmte Substanzen
entfernt werden. Im Falle der CARL-Therapie sieht man den
Effekt sofort: „Der Apherese-Beutel verfärbt sich orange-rot,
je mehr Zytostatikum aus dem Blut gewaschen wird“, erklärt
Dr. rer. nat. Gerhard Pütz vom Institut für Klinische Chemie am
Universitätsklinikum Freiburg.
Aphereseverfahren können bei einer ganzen Reihe an Erkran-
kungen eingesetzt werden. Bei Fettstoffwechselerkrankun-
gen zum Beispiel wird per Lipidapherese Cholesterin besei-
tigt, bei Autoimmunerkrankungen werden Antikörper mit
der Immunapherese entfernt. Die Erythrozytapherese trennt
nur die roten Blutzellen aus dem Körper und mit der Rheo-
pherese soll bei der altersbedingten Makuladegeneration die
Mikrozirkulation der Netzhaut verbessert werden, indem ge-
wisse Fette und Eiweiße aus dem Plasma entfernt werden.
Mit Aphereseverfahren können zudem Zellen gesunder
Spender, zum Beispiel Blutplättchen oder weiße Blutzellen, in
ausreichender Zahl für eine Transfusion gesammelt werden.
Ausserdem können Stammzellen für die autologe oder allo-
gene Stammzelltransplantation gesammelt werden, die bei
bestimmten Patienten mit Leukämien und Lymphomen eine
gute Möglichkeit zur Heilung der Erkrankung darstellen.
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