Das Magazin 1 - 2015 - page 6-7

LEBENDIGE KNOCHEN
Freiburger Wissenschaftler wollen Ge-
webe mit eingebauten Blutgefäßen
drucken. Dafür erhalten sie eine Förde-
rung durch die Deutsche Forschungs-
gemeinschaft.
Knochenmit eigenen Blutgefäßen
könnten künftig mit dem 3D-Dru-
cker hergestellt werden. Freiburger
Wissenschaftler entwickeln jetzt
ein Druckverfahren, das aus Zel-
len von Knochen und Blutgefäßen
funktionsfähige Knochen erzeugt.
Die Gefäßzellen sollen die Durchblu-
tung des Gewebes verbessern, indem
sie eine Verbindung zum Blutkreis-
lauf des Patienten herstellen. Für
die Entwicklung dieser 3D-Druck-
Methode erhalten die Wissenschaft-
lerinnen und Wissenschaftler eine
dreijährige Förderung der Deutschen
Forschungsgemeinschaft (DFG) in
Höhe von 460.000 Euro. Sollte sich
das Verfahren bewähren, könnten
damit auch größere Kunstgewebe
gedruckt werden, bis hin zu ganzen
Organen. Klinische Bedeutung dürf-
ten 3D-Zelldrucker nach Ansicht der
Wissenschaftler in fünf bis sieben
Jahren erlangen.
GEZ I E LTE
BLUTVERSORGUNG
FÜR KÜNSTLICHES GEWEBE
„Bei der Entwicklung von künst-
lichem Knochengewebe ist die Fra-
ge der Blutversorgung noch immer
weitgehend ungelöst. Dadurch ist
sowohl die Größe als auch der Typ
des Gewebes stark beschränkt“,
sagt Professor Dr. Günter Finken-
zeller, Forschungs-Sektionsleiter an
der Klinik für Plastische und Hand-
chirurgie des Universitätsklinikums
Freiburg. Er leitet das Projekt ge-
meinsammit Dr. Peter Koltay, leiten-
der wissenschaftlicher Mitarbeiter
am Institut für Mikrosystemtechnik
(IMTEK) der Universität Freiburg.
Bekannt ist, dass sich die Blutver-
sorgung eines künstlich erzeugten
Gewebes durch sogenannte Endo-
thelzellen verbessern lässt.
Diese Zellen kleiden die Gefäße
aus und können auch selbst neue
bilden. Doch bisher stirbt ein Groß-
teil der Knochenzellen aufgrund von
Sauerstoffmangel, bevor die Zellen
Gefäße gebildet
haben. „Unser Ansatz sieht vor, dass
wir die Endothelzellen genauso wie
die Knochenzellen per 3D-Druck im
Gewebe an die Stelle platzieren, wo
sich die Gefäße ausbilden sollen“,
sagt Professor Finkenzeller. „Die
Gefäße des künstlichen Gewebes
könnten dann zeitnah nach der Ope-
rationmit denGefäßendes umgeben-
den gesunden Gewebes zusammen-
wachsen und so die Blutversorgung
des Kunstgewebes sicherstellen“, er-
läutert der Wissenschaftler weiter.
Mit Spezialdruckern ist es bereits
heute möglich, kleine und relativ
einfach
struktu-
rierte Gewebeeinheiten zu
drucken. Dafür werden dem
Körper Zellen entnommen,
in einer Nährlösung ver-
mehrt und mit einem 3D-Drucker
in eine Trägermatrix eingebracht.
Diese wird dann implantiert. „Der
3D-Druck von lebendigem Hautge-
webe könnte in fünf bis sieben Jah-
ren klinisch Bedeutung erhalten“,
sagt Günter Finkenzeller. „Bei der
Herstellung und Implantation von
Knochengewebe wird es allerdings
länger dauern, da dafür noch zentra-
le Fragen der Gewebe-Abstoßungs-
Reaktion geklärt werden müssen.“
„Das Forschungsprojekt könnte
erheblich zum Fortschritt der For-
schung und Technologie im Bereich
der Gewebeersatzforschung und des
Tissue Engineering beitragen“, sagt
Dr. Koltay. In einem ersten Schritt
wird ein spezieller „BioPrinter“
gebaut. „Wir können schon heute
Zellen lebend und schonend gezielt
drucken“, sagt Dr. Koltay. „Jetzt
müssen wir das Verfahren so anpas-
sen, dass damit Knochenzellen und
Blutgefäßzellen verarbeitet werden
können und diese einen funktions-
fähigen Gewebeverband bilden.“ In
einem späteren Schritt erfolgt dann
die Überprüfung der Methode an-
hand chirurgischer Modelle.
AUS DEM 3D-DRUCKER
© IMTEK / Universität Freiburg
Künstliches Knochengewebe mit angelegten Blutgefäßen.
Grün: Knochenzellen; rot: Endothelzellen
Sollte sich das Verfahren bewäh-
ren, könnten damit auch größere
Kunstgewebe gedruckt werden,
bis hin zu ganzen Organen
Info
Klinik für Plastische und Handchirurgie,
Universitätsklinikum Freiburg
Institut für Mikrosystemtechnik,
Albert-Ludwigs-Universität Freiburg
„Unser Ansatz sieht vor, dass wir
die Blutgefäßzellen genauso wie
die Knochenzellen per 3D-Druck im
Gewebe an die Stelle platzieren, wo sich
die Gefäße ausbilden sollen“
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