Das Magazin 1 - 2015 - page 12-13

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Sie kommt wie aus dem Nichts her-
aus: erst heiß, dann rot, danach ein
Schweißausbruch. Die Hitzewallung
ist das prominenteste Symptom der
Wechseljahre. Acht Millionen Frauen
in Deutschland erleben aktuell das hor-
monelle, körperliche und seelische Auf
und Ab, das dieWechseljahre, auch „Kli-
makterium“, kennzeichnet. Am Univer-
sitätsklinikum Freiburg finden diejeni-
gen, die unter körperlichen Symptomen
wie Hitzewallungen, Kopfschmerzen
oder Schlafstörungen leiden, bei den
Fachärzten der gynäkologischen Endo-
krinologie Ansprechpartner, die sich auf
den weiblichen Hormonstoffwechsel
spezialisiert haben.
Zwei Drittel der klimakterischen
Frauen bekommen die körperlichen
Begleiterscheinungen der hormonel-
len Achterbahnfahrt zu spüren. „Das
Klimakterium beginnt schon Jah-
re bevor diese ‚klassischen‘ Wech-
seljahresbeschwerden
auftreten“,
erklärt Dr. Roxana Schwab, Kom-
missarische Leitung der Abteilung
für Endokrinologie und Reprodukti-
onsmedizin an der Klinik für Frau-
enheilkunde des Universitätsklini-
kums Freiburg. Erste Anzeichen sind
meist Zyklusunregelmäßigkeiten.
Die Wechseljahresbeschwerden er-
reichen ihren Höhepunkt häufig im
Zeitraum der Menopause, also der
letzten Monatsblutung, die durch-
schnittlich im Alter von 52 Jahren
auftritt, und klingen danach wieder
ab.
Mit dem Fortschreiten der Wech-
seljahre gehen weitere Verände-
rungen einher: Die Scheide neigt zu
Trockenheit, der Stoffwechsel ver-
langsamt sich um bis zu 15 Prozent,
und Haut und Haare verlieren an
Spannkraft. Auch das weibliche Ge-
schlechtshormon Östrogen wird zu-
nehmend weniger gebildet. Da es am
Knochenaufbau beteiligt ist, fördert
sein Fehlen Osteoporose und damit
brüchigere Knochen; ebenso steigt
das Risiko für bestimmte Tumor-,
Stoffwechsel- und Kreislauferkran-
kungen.
Die Lösung scheint so simpel wie
logisch: Man füge künstlich hinzu,
was dem Körper fehlt – die Hormone!
Leider ist die Rechnung nicht ganz
so einfach. Etliche Studien versuch-
ten bereits zu klären, wie sich eine
Hormonersatztherapie auf Herz-
Kreislauferkrankungen, Krebsent-
wicklung oder Osteoporose aus-
wirkt. Sie kamen zu unterschiedli-
chen Ergebnissen – was der einen
Frau nutzt, schadet der anderen. Es
scheint schwierig, alle Betroffenen
unter einen Hut zu bringen, da sie
sich in Alter, Zeitpunkt der Wechsel-
jahre und gesundheitlicher Verfas-
sung unterscheiden. Empfehlungen
lassen sich immer nur für ganz be-
stimmte Untergruppen aussprechen.
Den Frauen, zum Beispiel, die ge-
netisch bedingt viele Jahre zu früh
in die Wechseljahre kommen oder
diese künstlich herbeigeführt wur-
den, zum Beispiel durch eine Che-
motherapie oder Entfernung der
Eierstöcke, empfehlen Ärzte eine
Hormontherapie bis zum 52. Lebens-
jahr, umOsteoporose und Stoffwech-
selerkrankungen vorzubeugen. Für
die Mehrheit der Frauen aber, näm-
lich all diejenigen, die regelrecht das
Klimakterium erreichen, lässt sich
diese Frage nicht so pauschal beant-
worten.
Ob eine Frau überhaupt behand-
lungsbedürftig sei, werde an den
subjektiven Beschwerden bemessen,
erklärt die Gynäkologin. Den Hor-
monspiegel zu bestimmen, wie es
vielerorts angeboten wird, sei wegen
starker Schwankungen nicht ziel-
führend. „Die Hormontherapie soll-
te weder verteufelt noch geheiligt
werden, es ist eine sehr individuelle
Entscheidung“, erklärt Schwab. Sie
ist eine der Spezialistinnen in der
Hormonsprechstunde in der Gynä-
kologie am Universitätsklinikum
Freiburg, und steht den Frauen bei
genau dieser Frage zur Seite.
Bevor betroffene Frauen zu einer
Hormontherapie greifen, gebe es vie-
lemildereMethoden, so die Expertin.
„Schon die Umstellung der Lebens-
weise durch gesunde Ernährung,
Sport, die Vermeidung von Stress so-
wie eine Alkohol- und Rauchkarenz
kann eine immense Verbesserung
der Beschwerden bewirken“, sagt
Schwab. Auch die Anwendung
lokal wirkender Hormone,
etwa einer Östrogen-haltigen
Creme bei vaginaler Trockenheit,
oder alternative Heilmethoden wie
Yoga, Akupunktur und Entspan-
nungstechniken
können
vielen
Frauen helfen.
ZurVorsicht rät Schwaballerdings
bei der Anwendung von Phytoöstro-
genen, also pflanzlichen Stoffen,
die in ihrer Struktur und Wirkung
dem Hormon Östrogen ähneln. Sie
können in bestimmten Lebenssitu-
ationen sogar kontraindiziert sein.
Deshalb sollte auch der Einsatz
von Phytoöstrogenen und anderen
pflanzlichen Heilmitteln mit einem
Arzt abgesprochen werden.
Eine allgemein gültige Antwort
auf die Frage, wie man Wechseljah-
resbeschwerden richtig bekämpft,
gibt es also nicht. „Die Entscheidung
für oder gegen eine Hormonthera-
pie, den Einsatz von alternativen
Heilmethoden oder eine Life-Style-
Änderung“, erklärt Schwab, „muss für
jede Frau einzeln getroffenwerden.“
ERST HE I SS, DANN ROT, DANN SCHWE I SS
Die Hitzewallung ist das
prominenteste Symptom der
Wechseljahre
„Die Hormontherapie sollte
weder verteufelt noch geheiligt
werden, es ist eine sehr
individuelle Entscheidung“
TITE LTHEMA
DI E HORMONE SPI E LEN VERRÜCKT
Was passiert normalerweise während des Hormonzyklus im Körper einer Frau?
Seinen Ursprung findet der Zyklus im Gehirn. Das in der Hirnanhangsdrüse produzierte
Follikel-stimulierende Hormon (FSH) tut, was sein Name verspricht: Es führt in den Eierstö-
cken zur Ausreifung der Eizellen, die von Eibläschen (Follikeln) umschlossen sind. Daraufhin
produzieren die Follikel das Östrogen, was wiederum den Aufbau der Gebärmutterschleim-
haut fördert. Der anschließende Anstieg des ebenfalls in der Hirnanhangsdrüse produzierten
Luteinisierenden Hormons (LH) führt zum Eisprung, bei dem der sogenannte Gelbkörper zu-
rückbleibt, welcher dann das Hormon Progesteron erzeugt. Dieses bereitet die Gebärmutter-
schleimhaut für eine Schwangerschaft vor. Bleibt sie aus, kommt es mit der Regelblutung zur
Abstoßung der Schleimhaut.
Mit dem Alter sinkt die Anzahl der Eizellen und die Östrogenproduktion nimmt ab. Der Kör-
per versucht, dies durch ein Ansteigen des übergeordneten Hormons FSH zu kompensieren –
so kommt es zum Teil zu dramatischen Östrogenspitzen, gefolgt von tiefen Spiegeln. Der Pro-
gesterongehalt sinkt stärker ab, wodurch ein relativer Östrogenüberschuss entstehen kann.
Genau diese Schwankungen sind kennzeichnend für das Klimakterium und der Grund für die
typischen Wechseljahresbeschwerden. Es wird angenommen, dass vor allem ein plötzlicher
Abfall des Östrogens, das auch an der Temperatur- und Kreislaufregulation beteiligt ist, für
Hitzewallung und andere Beschwerden verantwortlich ist.
Millionen Frauen in Deutschland
erleben aktuell das hormonelle,
körperliche und seelische Auf und Ab
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Eine allgemein gültige Antwort auf die Frage,
wie man Wechseljahresbeschwerden richtig
bekämpft, gibt es nicht
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