Background Image
Table of Contents Table of Contents
Previous Page  24-25 / 38 Next Page
Basic version Information
Show Menu
Previous Page 24-25 / 38 Next Page
Page Background

Sie haben jede Schlinge des Darms

im Blick: In der Interdisziplinären Gas-

trointestinalen Endoskopie der Klinik

für Innere Medizin II am Universitäts-

klinikum Freiburg nutzen Internisten

und Chirurgen neue Methoden, um

gefährliche Darmkrebs-Vorstufen auf-

zuspüren und ganz ohne Operation zu

entfernen

Ein Tunnel aus glatter hellrosa

Schleimhaut, durch die zarte Adern

schimmern. Zentimeter für Zen-

timeter arbeitet sich die winzige

Videokamera vor. Konzentriert be-

trachtet Dr. Peter Hasselblatt den

Bildschirm, auf dem die Aufnahmen

aus dem Inneren seines Patienten

erscheinen. Eine kleine Erhabenheit

der Schleimhaut weckt seine Auf-

merksamkeit. Auf der Fläche eines

Zwei-Euro-Stücks wächst Drüsen-

gewebe in den Dickdarm hinein. Aus

solchen Polypen der Darmschleim-

haut können Tumore entstehen. Und

genau das möchte der Leitende Ober-

arzt der Klinik für Innere Medizin II

des Universitätsklinikums Freiburg

verhindern.

Dazu entfernt ein Team aus Ärz-

ten und Pflegekräften die verdäch-

tige Gewebestruktur, und zwar ganz

schonend ohne Operation. Für den

gesamten Eingriff wird ein flexibles

Endoskop verwendet. An der Spitze

diesesweichenKunststoffschlauchs,

der in den Darm eingeführt wird,

sitzt ein Videochip. Er liefert hoch-

aufgelöste Aufnahmen der Darm-

wand. Über einen Arbeitskanal wird

der Polyp mit einer dünnen Nadel

unterspritzt und anschließend mit

einer elektrischen Schlinge abgetra-

gen und feingeweblich untersucht.

Bei sehr großen Polypen kommen

andere Techniken zum Einsatz, bei-

spielsweise das Ausschneiden mit

einem elektrischen Messer oder die

fraktionierte Abtragung mit einer

elektrischen Schlinge. Dies ist aber

nur möglich, wenn sich das Polypge-

webe durch Unterspritzung von der

Muskelschicht des Darms abheben

läßt. Gelingt dies nicht, kann mit

einem relativ neuen Gerät eine Voll-

wandresektion am Dickdarm durch-

geführt werden. Das sogenannte

Full Thickness Resection Device

(FTRD) entfernt Polypen bis zu ei-

nem Durchmesser von zwei bis drei

Zentimetern endoskopisch. Selbst

frühe Formen des Darmkrebses las-

sen sich mit dieser Technik ohne

Eröffnung des Bauchs auf rein endo-

skopischemWeg behandeln.

Das FTRD ist eine transparente

Kappe, die auf die Spitze des Endos-

kops gesetzt wird. Auf dieser Kappe

vorgeladen ist ein großer Metallclip.

In der Kappe findet sich eine vorge-

spannte elektrische Schlinge (siehe

Abbildung auf S. 28). Der behandeln-

de Arzt führt das gesamte System an

VOLLWANDRESEKTION:

FORTGESCHRITTENE

DARMKREBS-VORSORGE

PER ENDOSKOP

KURVE FÜR

KURVE

Die Vollwand-Resektion

kann zahlreichen Patienten

eine Bauchoperation ersparen

das krankhafte Gewebe imDickdarm

heran. Mit einer Fasszange zieht er

das Gewebe in die Plastikkappe hi-

nein. Danach wird der Clip ausgelöst

und springt von der Kappe, wodurch

das Darmgewebe in der Kappe prak-

tisch einen „Pseudopolypen“ bildet.

Dieser wird dann mit der vormon-

tierten Schlinge abgetragen. Im Ge-

gensatz zu den bereits beschriebe-

nen Techniken werden hierbei alle

Schichten der Darmwand entfernt.

Dies ist insbesondere bei Polypenmit

bereits fortgeschrittenen Tumorvor-

stufen essentiell, da diese nun bes-

ser im Gesunden abgetragen werden

können.

Die Vollwandresektion kann zahl-

reichen Patienten eine Bauchopera-

tion ersparen. Tatsächlich mussten

Ärzte bis vor kurzem befürchten, die

Darmwand zu verletzen, wenn sich

Polypen nicht von der Muskelschicht

abheben ließen. Die Verletzung der

Darmwand, eine sogenannte Perfo-

ration, stellt eine schwere Kompli-

kation dar, bei der Darminhalt in den

Bauchraum austreten

und dort eine gefähr-

liche

Bauchfellent-

zündung verursachen

kann. „Das ist nun Dank

des Clips, welcher das Loch noch

vor dessen Entstehung verschließt,

nicht mehr der Fall“, erläutert Pro-

fessor Dr. Andreas Fischer, einer der

beiden ärztlichen Leiter der Interdis-

ziplinären Gastrointestinalen En-

doskopie (IGE), der ge-

meinsam mit Professor

Dr. Hans Richter-Schrag

die Methode in Freiburg

etabliert hat.

Damit der Eingriff ge-

lingt, ist viel Erfahrung

mit der Entfernung von Dickdarmpo-

lypen und ein spezielles Training der

behandelnden Ärzte nötig. Seit 2012

arbeiten Internisten und Chirurgen

in der IGE zusammen. Sie untersu-

chen und behandeln Erkrankungen

der Speiseröhre, des Magens, des

Dünn- und Dickdarms sowie der Le-

ber, der Gallenblase, der Gallenwege

und der Bauchspeicheldrüse. „Mit-

hilfe spezieller Diagnosegeräte wie

der Ballon-Endoskopie oder der Kap-

selendoskopie bleibt den Ärzten kein

Abschnitt des viele Meter messen-

den Magen-Darm-Trakts verborgen“,

so Hasselblatt. Neben geplanten Un-

tersuchungen ambulanter und sta-

tionärer Patienten werden die Spe-

„Unsere Patienten werden über

die Grenzen der Fachrichtungen

hinaus optimal behandelt“

SPEZ IALSPRECHSTUNDE FÜR

THERAPEUTI SCHE ENDOSKOPI E

Prof. Dr. Andreas Fischer

Dr. Henning Schwacha

Telefon: 0761 270-33080

11.000

Patienten werden jährlich in der interdis-

ziplinären gastrointestinalen Endoskopie

untersucht und behandelt

25

02 | 2016

02 | 2016

24