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Schnuller: Eine Gefahr für den Kinderkiefer?

(23.02.2023) Bei den meisten Babies und Kleinkindern gehört der Schnuller fest dazu. Weil er oft für Entspannung bei Kindern – und Eltern – sorgt, wird er gern und lang gegeben. Doch das kann Folgen für den Kiefer haben, wie eine Freiburger Expertin weiß.

Es gibt keine belastbare Statistik, wie viele Babies einen Schnuller nutzen, aber es dürften die meisten sein. Denn der Schnuller hilft vielen Kindern beim Entspannen und Einschlafen. Dass das Schnullersaugen auch zu Störungen in der Kieferentwicklung und in der Sprachentwicklung führen kann, machen sich die wenigsten Eltern bewusst. Prof. Dr. Britta Jung ist Ärztliche Direktorin der Klinik für Kieferorthopädie des Universitätsklinikums Freiburg. In ihrer Klinik werden regelmäßig Kinder behandelt, bei denen der Schnuller schon Schaden angerichtet hat. Sie erklärt, welche Nachteile auftreten können und wann die Abgewöhnung spätestens erfolgen sollte.

Je früher der Schnuller abgewöhnt wird, desto besser für Kiefer und Sprachentwicklung. Bild: Elena Schweitzer / Adobe Stock

Frau Professor Jung, warum mögen Babies überhaupt einen Schnuller?

Physiologisch gesehen gehört das Lutschbedürfnis in den ersten Lebensjahren zur normalen Entwicklung des Kindes. Orales Erkunden von Körperteilen, etwa von Daumen, Fingern und Gegenständen dient dem Begreifen, Wahrnehmen und Erkennen. Diese orale Lutschphase ist in der Regel nach dem dritten Lebensjahr beendet. Und Schnullerlutschen hat noch eine Funktion: Es dient der Beruhigung, weil es das Nuckeln an der Brust imitiert.

Das klingt doch gut. Warum schadet der Schnuller dem Kind?

Der dauerhafte und intensive Schnullergebrauch ist sowohl aus kieferorthopädischer als auch aus logopädischer Sicht nicht zu empfehlen. Eltern sollten bedenken, dass Kinder für ihre gesunde Entwicklung keinen Schnuller benötigen.

Deshalb gilt: Der beste Schnuller ist der, der gar nicht erst gegeben wird. Oder zumindest der, der möglichst frühzeitig wieder abgewöhnt wird.

Welche Probleme können konkret auftreten?

Problematisch ist der intensive Gebrauch des Schnullers deshalb, weil er für Mundraum und -muskulatur einen Fremdkörper darstellt. Das Muskelgleichgewicht des Mundraums wird empfindlich gestört, sodass später auch die Aussprache beziehungsweise die Lautbildung des Kindes darunter leiden kann, insbesondere beim Erlernen der S und Z Laute.

Der dauerhafte und intensive Gebrauch führt zudem zu Fehlentwicklungen der Kiefer und zu massiven Zahnfehlstellungen. Das bekannteste Beispiel für eine typische Kiefer- und Zahnfehlstellung nach intensivem Schnullergebrauch ist der lutschoffene Biss: Die Schneidezähne verlieren ihren physiologischen Kontakt oder können ihn erst gar nicht herstellen. Dies führt dazu, dass die Kinder erhebliche Probleme bei der Nahrungsaufnahme und -verarbeitung, insbesondere beim Kauen und Abbeißen, haben.

Was die wenigsten wissen: Durch die entstehende offene Mundhaltung und Mundatmung sind die Kinder deutlich anfälliger für Karies und zusätzlich steigt das Risiko für Atemwegsinfekte.

Man kann also sagen: Im schlimmsten Fall kann der Schnuller die gesunde Entwicklung des Mundraums verzögern oder sogar verhindern. Das Risiko für einen potenziellen Schaden bei der Kieferentwicklung und später auch bei der Zahnstellung steigt mit dem Alter des Kindes, der Intensität, zunehmender Lutschdauer und hängt von der Art des Lutschkörpers ab.

Ist Daumenlutschen also die bessere Alternative?

Nein, im Gegenteil. Sollte das Lutschbedürfnis des Kindes über das Normale hinausgehen, kann ein kiefergerechter Schnuller im Vergleich zum Daumen die sinnvollere Alternative sein. Im Vergleich zum Daumen ist der Schnuller nicht jederzeit verfügbar. Er kann zeitlich begrenzt eingesetzt und einfacher abgewöhnt werden. Und es stehen sinnvolle Rituale zum Abgewöhnen zur Verfügung, etwa die Schnullerfee oder der Schnullerbaum.

Wie sieht ein kiefergerechter Schnuller aus?

Wenn die Eltern nicht auf den Einsatz eines Schnullers verzichten möchten, sollten sie unbedingt darauf achten, dass der Lutschkörper möglichst klein, möglichst weich, elastisch und flexibel gestaltet sowie mit einem flachen Schaft versehen ist. Je weniger und dosierter der Schnuller dann zum Einsatz kommt, desto vorteilhafter und besser für das Kind.

Wann ist der späteste Zeitpunkt, um den Schnuller abzugewöhnen?

Aus den genannten Gründen sollten Eltern möglichst frühzeitig ihrem Kind den Schnullergebrauch abgewöhnen. Ideal ist der Zeitpunkt, wenn das Kind zu sprechen beginnt, um das Risiko für Nebenwirkungen möglichst gering zu halten und langfristig dauerhafte Schäden zu vermeiden. Und spätestens im Alter von drei Jahren sollte der Schnuller dann der Vergangenheit angehören.

Universitätsklinikum Freiburg

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