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Mumien für den Medizinfortschritt

Radiologie

Die Hand ist braun und vertrocknet, die Fingernägel sind schon lange nicht mehr geschnitten worden. Kein Wunder, denn die Hand, die Prof. Dr. Michael Bock, Forschungsprofessor in der Abteilung Medizinphysik der Klinik für Radiologie, und sein Doktorand Ali Özen in den Tomografen schieben, ist schon über 3.000 Jahre alt und stammt von einer ägyptischen Mumie. Ausgeliehen wurde das kostbare Stück von dem anerkannten Mumienforscher Prof. Dr. Frank Rühli, der das Institut für Evolutionäre Medizin der Universität Zürich, Schweiz, leitet. Ziel von Prof. Bock ist es, die Magnetresonanztomografie (MRT) weiterzuentwickeln und so nicht nur der Archäologie, sondern vor allem auch der Medizin bessere Einblicke in den Körper zu ermöglichen. Die Ergebnisse sollen einmal helfen, detailreichere MRT-Bilder zu erhalten, die in Diagnostik und Therapie eingesetzt werden.  

Magnetresonanztomografie ermöglicht zusätzliche Kontraste  

Bislang setzen Ärzte die MRT in der Klinik immer dann ein, wenn sie weiche Gewebe wie Muskeln, Hirngewebe oder innere Organe untersuchen wollen. Dafür werden die Patienten auf einer Liege in einen sehr starken Magneten, den Magnetresonanztomografen, geschoben.  

Das Magnetfeld sorgt dafür, dass sich die leicht magnetischen Wasserstoffkerne im Gewebswasser im Magnetfeld ausrichten. Durch den geschickten Einsatz weiterer Magnetfelder werden die Kerne der Wasserstoffatome aus dieser Ruhelage ausgelenkt und man beobachtet ein sehr schwaches Magnetresonanzsignal. „Jedes Gewebe hat etwas andere magnetische Eigenschaften, was auf der MRT-Aufnahme zu unterschiedlichen Helligkeiten führt“, sagt Prof. Bock. So lassen sich mit dem MRT weiche Gewebe sehr gut unterscheiden. Das nutzt der Arzt zum Beispiel dazu, Tumore in weichen Geweben aufzuspüren. Trockene Gewebe wie Knochen können dagegen besser im Computertomografen (CT) betrachtet werden, der mit Röntgenstrahlen arbeitet.  

Auch Mumien, die durch Balsamierung und lange Lagerung fast vollständig ausgetrocknet sind, werden bislang meist im CT untersucht. Zwar liefern die CT-Bilder den Wissenschaftlern sehr präzise Informationen über die knöcherne Anatomie der Mumie. Andere Gewebe sind damit aber kaum unterscheidbar.  

„Mit der MRT haben wir mehr Möglichkeiten als mit der CT, um Kontraste im Gewebe zu erzeugen“, sagt Dr. Ute Ludwig aus Prof. Bocks Team. Allerdings erhalten die Forscher aufgrund des geringen Wassergehalts der Mumie nur schwache MRT-Signale. „Damit ist es sehr schwierig, überhaupt MRT-Bilder zu erzeugen“. Um die Mumien dennoch im MRT abzubilden, programmierten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler den MR-Tomografen so um, dass die geringen Signale messbar wurden. Bereits 2012 war es ihnen gelungen, mit dem MRT das Innere eines Mumienkopfes darzustellen. Zwar war die Aufnahme verschwommener als bei einer CT-Aufnahme, aber dafür ließen sich anhand der Grautöne mehr Gewebetypen unterscheiden. „Wir freuen uns, dass wir etwas geschafft haben, was bislang als unmöglich galt, nämlich die differenzierte Darstellung von trockenem Gewebe“, sagt Prof. Bock.  

Medizinisch lassen sich diese Verfahren besonders für die Bildgebung knöcherner Strukturen einsetzen, wo man auf CT-Aufnahmen verzichten muss. Das ist beispielsweise bei modernen Kombinationsgeräten für die Strahlentherapie der Fall, die MRT und Strahlengerät in einem sind. Dabei lokalisieren die Ärzte den Tumor präzise anhand von MRT-Aufnahmen. Um die richtige Strahlendosis zu berechnen, müssen sie jedoch wissen, ob sich knöcherne Strukturen im Strahlengang befinden, da diese die Strahlung abschwächen. „Durch unsere Untersuchungen an den Mumien wird es möglich, allein mit der MRT die Abschwächung der Strahlung durch die Knochen abzuschätzen“, sagt Prof. Bock.   Geduldiger Patient für Aufnahmen über Nacht   Auch für Untersuchungen am Patienten sind die Messungen an dem historischen Material von Bedeutung. „Wir haben hier einen sehr geduldigen Probanden, dem es nichts ausmacht, auch einmal eine ganze Nacht im Tomografen zu liegen“, sagt Prof. Bock. An ihm können die Forscher besser verstehen, wie Aufnahmedauer, Detailreichtum und weitere Einstellungen bei der Darstellung von wasserarmem Gewebe zusammenhängen. Eine wichtige Information, da Patienten so kurz wie möglich im Tomografen liegen sollen.  

Mit ihren anspruchsvollen Verfahren loten sie auch die Grenzen dessen aus, was technisch mit medizinischen MRT-Geräten möglich ist. In ihrem aktuellen Artikel beschreiben die Forscher gleich für drei unterschiedliche Ansätze die Vor- und Nachteile und bieten damit einen wichtigen Ausgangspunkt für zukünftige Untersuchungen.

Weitere Informationen:

Publikation von Özen et al (07.03.2015): Comparison of Ultrashort Echo Time Sequences for MRIof an Ancient Mummified Human Hand

PM Uniklinikum Freiburg (22.07.2013): Schnittbilder nicht nur für Diagnostik: eine Wassermelone im MRT

 

(08.04.2015)

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