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Intersexualität soll drittes Geschlecht werden

Psychosomatische Medizin und Psychotherapie

(08.11.2017) Sie sind Mann und Frau zugleich: Intersexuelle Menschen haben künftig das Recht auf ein drittes Geschlecht. Das hat das Bundesverfassungsgericht entschieden. Was das für Betroffene bedeutet, erklärt eine Psychologin des Universitätsklinikums Freiburg.

Sie haben Hoden und gleichzeitig eine Gebärmutter. Sie haben einen Bart und fühlen sich trotzdem auch als Frau. Manche Menschen besitzen die Merkmale beider Geschlechter und fühlen sich weder dem einen noch dem anderen Geschlecht eindeutig zugehörig. Bekanntestes Beispiel ist die südafrikanische Leichtathletin Caster Semanya. Sie bezeichnen sich als intersexuell. Nun hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass sie das Recht auf eine entsprechende Eintragung in das Geburtenregister und im Ausweis haben. Darum haben die Richter gefordert, dass ab Ende 2018 „inter“, „divers“ oder eine vergleichbare positive Bezeichnung eingetragen werden kann. 80.000 Menschen sind nach Schätzungen des Deutschen Ethikrats bundesweit intersexuell.

Intersexuelle Menschen leiden oft darunter, dass sie nirgends wirklich zugehörig sind. Das soll sich nun ändern. © nito/ Fotolia

„Für die Betroffenen ist es ein großer Schritt zu einer größeren gesellschaftlichen Anerkennung: Weg von der Wahrnehmung als Krankheit, hin zu einer 'Normvariante'. Ein Gesetz ist für diesen Wandel die entscheidende Grundlage“, sagt Angelika Sandholz, Psychologin an der Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie des Universitätsklinikums Freiburg. In ihrer Arbeit hat sie viel mit Menschen zu tun, deren Geschlecht beziehungsweise das Geschlechtsempfinden nicht in das klassische Mann-Frau-Schema passt.

Im Alltag sind es oft kleine Situationen, bei denen die Betroffenen einer Diskriminierung ausgesetzt sind. Etwa beim Gang auf eine öffentliche Toilette, die meist nur für Männer oder nur für Frauen ist. „Auch bei Polizeikontrollen kann es zu unangenehmen Situationen kommen, wenn das eingetragene und das vom Beamten wahrgenommene Geschlecht nicht übereinstimmen“, weiß Sandholz.

Zwar können Eltern intersexueller Kinder und intersexuelle Erwachsene schon heute statt eines Geschlechts eine Leerstelle in ihren Urkunden lassen. Diese Leerstelle soll den Karlsruher Richtern zufolge jetzt durch eine positive Bezeichnung gefüllt werden.

Was ist Intersexualität?

Anders als bei transsexuellen Menschen, die sich ihrem eindeutigen biologischen Geschlecht nicht zugehörig fühlen, weisen intersexuelle Menschen Merkmale beider klassischen Geschlechter auf. Die biologischen Ursachen dafür sind vielfältig. Bilden sich während der Schwangerschaft die Hoden des Kindes nicht aus, kann das männliche Sexualhormon Testosteron nicht produziert werden. In anderen Fällen reagiert das Gewebe nicht auf das gebildete Testosteron. In beiden Fällen findet die männliche Entwicklung nicht oder nur teilweise statt. Selbst auf genetischer Ebene ist die Geschlechtsbestimmung in manchen Fällen nicht möglich. Das ist etwa der Fall, wenn statt zwei X-Chromosomen oder einem XY-Satz nur ein einzelnes X-Chromosom in den Zellen vorliegt. Letzeres ist auch bei der Klägerin vor dem Bundesverfassungsgericht der Fall.

Sind die äußeren Geschlechtsmerkmale verändert, wird die Intersexualität oft bereits kurz nach der Geburt festgestellt. In anderen Fällen kann es bis zur Pubertät dauern, bis sich die Intersexualität zeigt.

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