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Digitalisierungsprojekte am Universitätsklinikum Freiburg (Beispiele)

Die Digitalisierung ist eine Schlüsseltechnologie, um das Gesundheitswesen zukunftsfest zu machen. Mit intelligenten und innovativen Lösungen kann es gelingen, die Versorgungsqualität der Patient*innen zu steigern, Mitarbeiter*innen zu entlasten und ökonomisch wie ökologisch nachhaltiger zu agieren.

Qualität in Echtzeit

Jede Behandlung unserer Patient*innen wird umfangreich dokumentiert. Die anschließende Auswertung der Daten hilft uns, die Therapie künftiger Patient*innen stetig zu verbessern. Die Digitalisierung bietet uns die Möglichkeit, diese Erkenntnisse in Echtzeit zu gewinnen und ohne Zeitverzögerung einzusetzen.

Computer errechnen beispielsweise anhand von Tumoreigenschaften, Patient*innendaten und Erfahrungswerten die wirksamsten Behandlungsmethoden, wenn sie zuvor ihre Künstliche Intelligenz mit Hilfe der Daten tausender Patient*innen schulen konnten. Deep Learning heißt diese Methode der Informationsverarbeitung. Das System erkennt aus den Daten Auffälligkeiten und sich wiederholende fehlerhafte Muster und hilft somit dabei, diese zu vermeiden bevor sie geschehen.

Digitales Notfallzentrum

Rund 50.000 Patient*innen mit akuten, mitunter lebensbedrohlichen Beschwerden versorgt unser interdisziplinäres Team im Universitäts-Notfallzentrum (UNZ) pro Jahr. Schwere Notfälle kündigt die Rettungsleitstelle vorab an. Wichtige Informationen können schon vor der Ankunft ans Notfallzentrum übermittelt werden. Für eine maßgeschneiderte Vorbereitung und Behandlung werden Vitaldaten wie Blutdruck, Sauerstoffsättigung und Herzfrequenz vor Ort fortlaufend automatisch in die digitale Patientenakte übernommen.

Künstliche Intelligenz in der Darmkrebsvorsorge

Das Universitätsklinikum Freiburg setzt als erstes deutsches Universitätsklinikum ein Verfahren ein, das mittels Künstlicher Intelligenz Krebsvorstufen erkennt. Für das Verfahren analysiert die KI während der Koloskopie Live-Videobilder und markiert selbst sehr kleine verdächtige Stellen. Diese beurteilt die Ärztin bzw. der Arzt und entscheidet über die weitere Therapie.Grundlage für das Verfahren ist ein Deep-Learning-System, das anhand von tausenden Krebsvorstufen-Aufnahmen trainiert. Dabei entwickelt die Software eigene Suchmuster und erhöht so die Erfolgsquote für das Erkennen entsprechender Gewebe.

Das Ergebnis: Die Identifikation von Krebsvorstufen konnte um etwa 10 Prozent gesteigert werden.

Gesundheitsdaten für die medizinische Forschung nutzen

Im Rahmen der Medizininformatik-Initiative des Bundes werden Verbundprojekte gefördert, die Gesundheitsdaten von Patient*innen sicher aufbereiten und teilnehmenden Kliniken zugänglich machen, um Vergleichsfälle zu finden und maßgeschneiderte Therapien zu ermöglichen. Dazu gehört auch das am Universitätsklinikum Freiburg koordinierte Verbundprojekt PM⁴Onco zur personalisierten Krebsmedizin

Über die sichere und verantwortungsvolle Nutzung von Gesundheitsdaten für medizinische Forschungszwecke informiert die Medizininformatik-Initiative auf www.vernetzen-forschen-heilen.de

Patient*innen-Infotainment direkt am Bett

Durch die Ausstattung von rund 1.400 Betten mit Multimediaterminals steht den Patient*innen ein modernes Unterhaltungs- und Kommunikationsmedium zur Verfügung. Neben Informationen zum Klinikum und kostenlosem TV, Radio und Spielen wird den Patient*innen ein freier Internetzugang und Flatrate-Telefonie angeboten.

Zunehmend werden die Patient*innen mithilfe dieser Plattform auch in die digitalen Prozesse des Klinikums eingebunden. So erfolgt die Abfrage der Zufriedenheit von Wahlleistungspatient*innen mit unseren Zusatzangeboten direkt am Bett und digital über das Patient*innen-Infotainment. Auch die Speisebestellung ist seit Frühjahr 2022 über das Terminal möglich. Aktuell wird daran gearbeitet, Patient*innen bereits im Vorfeld über bevorstehende Abholungen durch die Patient*innenlogistik zu informieren.

Virtuelle ärztliche Konsultationen in Südbaden

Neurolog*innen, Neurochirurg*innen und Unfallchirurg*innen aus sieben Kliniken in Südbaden haben sich zu einem teleradiologischen Netzwerk zusammengeschlossen, um die radiologische Versorgung in der Region zu sichern und kontinuierlich weiterzuentwickeln. Aus hundert Kilometer Entfernung schalten sie sich per Video-Konferenz direkt ans Bett der Patient*innen. Vollautomatische digitalisierte Bildverarbeitung und mobile Ergebnispräsentationen unterstützen sie bei der schnellen, gezielten Diagnostik, beispielsweise eines akuten Schlaganfalls.

Gleichzeitig treffen täglich rund 40.000 radiologische Bilder am Universitätsklinikum Freiburg ein, sei es als Notfälle oder für eine Zweitmeinung. Komplexe Datenmengen, deren Auswertung großes Potenzial bietet, die Patient*innenversorgung immer individueller zuzuschneiden. Künstliche Intelligenz unterstützt bei dieser Aufgabe und hilft krankhafte Veränderungen früher zu erkennen. So wird beispielsweise „machine-learning“ zur Differentialdiagnose bei neurodegenerativen Erkrankungen eingesetzt und neuronale Netzwerkanalysen („deep learning“) dienen der Detektion von Läsionen u.a. bei Multiple Sklerose.

Virtuelle Patient*innen-Sprechstunden

Auch in der ambulanten Versorgung spielt der Kontakt per Video eine immer größere Rolle. Mehr als 40 Abteilungen des Universitätsklinikums Freiburg bieten bereits die Möglichkeit einer sicheren Videosprechstunde an. Das reduziert in Zeiten der Corona-Pandemie das Infektionsrisiko und erspart den Patient*innen die oft weite Anfahrt zu den Expert*innen des Universitätsklinikums Freiburg. So war das Interdisziplinäre Schmerzzentrum des Universitätsklinikums Freiburg (ISZ) eines der wenigen Schmerzzentren in Deutschland, das durchgehend geöffnet bleiben konnte. Monatlich hält ein Team aus etwa acht Ärzt*innen mindestens 40 bis 50 jeweils einstündige Videosprechstunden ab. Das ist etwa die Hälfte aller angebotenen Sprechstunden im ISZ.

LESTOR: Behandlung von Schlaganfällen schon ab der Notfallmeldung starten

Weltweit stellen Schlaganfälle laut WHO die häufigste Ursache für eine schwerwiegende Behinderung und die zweithäufigste Todesursache im Erwachsenenalter dar. In Deutschland erleiden jährlich ca. 270.000 Menschen einen Schlaganfall. Bei ischämischen Schlaganfällen (d.h. durch einen Gefäßverschluss verursacht, ca. 80%) bestehen in den ersten Stunden sehr gute Heilungschancen, deren Erfolg jedoch mit zunehmender Zeit bis zur Intervention stark abnimmt („time is brain“).

Zur Optimierung der Versorgung von Patient*innen mit Schlaganfall sollen bereits während der Notfallmeldung durch die Leitstellendisponent*innen diejenigen Patient*innen identifiziert werden, bei denen ein dringender Verdacht auf einen Verschluss großer Gefäße, eines sogenannten LVO, vorhanden ist. LESTOR ist die Abkürzung für Leitstellen-basierte Erkennung von Schlaganfall-Patient*innen für eine Thrombektomie und daraufhin abgestimmte Optimierung der Rettungskette. Mit dem innovativen Konzept sollen LVO-Schlaganfälle (LVO = Large Vessel Occlusion) bereits während der Notfallmeldung erkannt und erste Maßnahmen zur Versorgung eingeleitet werden.

Hier mehr über das Projekt LESTOR erfahren

Translationszentrum – Digitalisierung in der Medizin

Die Entwicklung neuer digitaler Lösungen im Gesundheitswesen stellt aufgrund der besonderen ethischen, medizinischen und regulatorischen Bedingungen eine große Herausforderung dar. Insbesondere Digital Health Startups aber auch KMUs fehlt häufig ein Zugang zur klinischen Routine, um Produkte in geschützter Umgebung im klinischen Alltag zu entwickeln und zu testen. Zudem kann die Zertifizierung von Medizinprodukten eine klinische Studie oder Anwendungsbeobachtungen (real world data) erfordern. 

In diesem Entwicklungsprozess kann das Translationszentrum des Universitätsklinikums Freiburg eine wichtige Brücke zwischen Entwicklung und Marktreife sein. Es bietet im Sinne eines Living Lab die Möglichkeit praxisnah unter optimalen Bedingungen neue Technologien so voranzubringen, dass sie baldmöglichst vielen Patient*innen zugutekommen.

Das Living Lab

Das Living Lab ist im Neurozentrum des Universitätsklinikums Freiburg angesiedelt. Es verfügt über eine hohe Patient*innen-Diversität, akute und chronische Krankheitsverläufe, chirurgische und konservative Therapien sowie eine enge Anbindung an Zuweiser*innen und nachbehandelnde Einrichtungen. Zudem besteht eine hohe Aufgeschlossenheit der Mitarbeitenden gegenüber Innovationen, neuen Techniken und Forschungsaktivitäten (mit beispielhaften Projekten in der Pflegeforschung - Mobility Monitoring). EDV-erfahrene Mitarbeitende sind vorhanden. Auch ein Telematikinfrastruktur-kompatibler Austausch von Daten außerhalb des Krankenhauses wird mitgedacht. Dieser erlaubt es, mit Patient*innen zur Prävention oder Nachsorge sowie mit Vor- und Nachbehandlern im Austausch zu bleiben.