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Freiburg, 20.04.2016

Warum Grippe und andere Virusinfektionen depressiv machen

Verbindung zwischen Virusinfektion und depressiver Verstimmung bei Mäusen geklärt / Studie im Fachmagazin Immunity erschienen


Virusinfektionen wie Influenza-Grippe können depressive Verstimmungen auslösen. Nun haben Forscherinnen und Forscher des Universitätsklinikums Freiburg bei Mäusen den Grund dafür herausgefunden. Verantwortlich ist unter anderem das Protein CXCL10, das eigentlich die Virusabwehr steuert. Wie die Wissenschaftler feststellten, hemmt das Protein eine Hirnregion, die auch bei Depressionen während kognitiver Prozesse vermindert aktiv ist. Die Erkenntnisse könnten zukünftig Patienten helfen, die nach einer Virusinfektion oder nach einer Immuntherapie an depressiven Verstimmungen leiden. Die Studie erschien am 19. April im Fachmagazin Immunity, das zur Cell-Gruppe gehört.

Virale Infekte verursachen häufig Schlaflosigkeit, Kopfschmerzen und ein für Depressionen typisches Verhalten. Bislang war aber völlig unklar, wie Immunabwehr und psychische Veränderungen miteinander zusammenhängen. „Wir konnten jetzt die Mechanismen identifizieren, durch die das Immunsystem den Gemütszustand beeinflusst“, sagt Erstautor Dr. Thomas Blank, Biologe am Institut für Neuropathologie des Universitätsklinikums Freiburg.

Die Forscher um Studienleiter Prof. Dr. Marco Prinz, Ärztlicher Direktor des Instituts für Neuropathologie des Universitätsklinikums Freiburg, wiesen nach, dass bei der Vermittlung zwischen Immun- und Nervensystem die Blutgefäßzellen im Gehirn eine wichtige Rolle spielen. Diese sogenannten Endothel- und Epithelzellen bilden das Protein CXCL10, das bislang dafür bekannt war, Immunzellen anzulocken und so zur Virusabwehr beizutragen. Wie die Forscher nun zeigten, hemmt das Protein außerdem Nervenzellen im Hippocampus und damit auch die zellulären Grundlage des Lernens. Diese Eigenschaft einzelner Synapsen und Nervenzellen, sich in Abhängigkeit ihrer Nutzung zu verändern, wird als neuronale Plastizität bezeichnet und ist im Hippocampus auch bei einer Depression verringert.

Symptome einer Depression können auch durch Immunproteine, sogenannte Typ-I-Interferone verursacht werden. Diese  Proteine werden zur Behandlung von Hepatitis C, bestimmten Krebsarten und Autoimmunerkrankungen eingesetzt. Wie die Freiburger Forscher feststellten, wirken Interferone über denselben, neu beschriebenen Signalweg. In zukünftigen Studien werden die Forscher die molekularen und zellulären Grundlagen untersuchen. „Unsere Daten lassen aber bereits vermuten, dass zumindest zu Beginn einer Virusinfektion oder bei einer Typ I-Interferon-Therapie eine Blockade von CXCL10 oder seiner Rezeptoren die ersten krankheitsbedingten Verhaltensänderungen unterbinden können“, sagt Prof. Prinz.

Den Einfluss von Virusinfektion und Typ I-Interferonen auf das Verhalten der Tiere untersuchten die Forscher in etablierten Experimenten, in denen Lernvorgänge, aber auch die Stimmung der Tiere gemessen wird. Tiere mit Virusinfektion oder Typ-I-Interferonen zeigten deutlich eingeschränktes Lernvermögen und waren weniger aktiv als die Kontrollgruppe, was als depressionsartiges Verhalten gewertet wird. Um Effekte durch die Krankheit selbst auszuschließen, verabreichten die Forscher den Tieren auch künstliches Virus-Erbgut sowie einzelne Bestandteile des Virus. Beides aktiviert das Immunsystem, ohne die Tiere krank zu machen. In beiden Fällen zeigten die Mäuse ein depressionsartiges Verhalten. Damit lässt sich der Verhaltenseffekt auf den neu entdeckten Signalweg zurückführen.

Titel der Original-Arbeit: Brain Endothelial- and Epithelial-Specific Interferon Receptor Chain 1 Drives Virus-Induced Sickness Behavior and Cognitive Impairment

DOI: dx.doi.org/10.1016/j.immuni.2016.04.005

Link zur Publikation: http://www.cell.com/immunity/fulltext/S1074-7613%2816%2930110-8

Bildunterschrift: Dr. Thomas Blank, Prof. Dr. Marco Prinz

Bildquelle: Britt Schilling/ Universitätsklinikum Freiburg

Weitere Informationen:
Institut für Neuropathologie 

PM: Freiburger Neuropathologe erhält eine Million Euro aus Innovations-Förderung der DFG

PM: Darmbakterien sorgen für gesundes Gehirn

Kontakt:
Prof. Dr. Marco Prinz
Ärztlicher Direktor
Institut für Neuropathologie
Universitätsklinikum Freiburg
Telefon: 0761 270-51050
marco.prinz@uniklinik-freiburg.de


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