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Hilfe bei Borreliose

Neurologie

(05.08.2019) Die Furcht ist weit verbreitet: Zeckenstiche können unbehandelt schlimme Folgen haben. Welche Therapien gesundheitliche Schäden verhindern, erklärt Professor Dr. Sebastian Rauer aus der Klinik für Neurologie und Neurophysiologie am Universitätsklinikum Freiburg.

Herr Professor Rauer, haben Sie Angst vor Zecken?
Nein, nicht wirklich. Zwar können die Spinnentiere gefährliche Krankheitserreger übertragen, aber wir sind ihnen nicht hilflos ausgeliefert. Gegen die Frühsommer-Meningoenzephalitis gibt es einen wirksamen Impfstoff. Und bei einer Infektion mit Borrelien vermeidet eine frühzeitige Antibiotika-Therapie langfristige Schäden.

Woran erkenne ich, ob ich mich mit Borrelien angesteckt habe?
Ein kleiner roter, manchmal juckender Fleck an der Einstichstelle ist noch kein Grund zur Sorge. Wenn sich diese Rötung aber innerhalb weniger Tage oder Wochen ringförmig zu einer sogenannten „Wanderröte“ ausbreitet, deutet das auf eine Borrelien-Infektion hin. Dann sollte unbedingt ein Arzt aufgesucht werden.

Was ist mit unklaren Symptomen wie Erschöpfung, Konzentrationsstörungen oder wandernden Gelenk- und Muskelschmerzen, von denen man oft liest?
Das sind ernstzunehmende Beschwerden, die aber für sich allein nicht auf eine Lyme-Borreliose hindeuten. Sie können allerdings die Spätfolgen einer unbehandelten Borrelien-Infektion begleiten: Das kann eine chronische Hautinfektion sein, bei der die Haut pergamentartig und bläulich verfärbt ist, oder dauerhaft geschwollene, schmerzende Gelenke. Wenn die Borrelien Entzündungen im Rückenmark oder Gehirn auslösen, kann das zu Spastiken und Blasenschwäche führen. Es gibt eine Vielzahl von Tests, die eine Infektion mit Borrelien nachweisen sollen.

Worauf stützen Sie sich bei der Diagnose?
Grundlage für die Feststellung einer Borreliose müssen immer die konkreten Beschwerden sein. Ein entsprechender Verdacht kann dann durch Labortests bestätigt oder widerlegt werden. Bei einer Neuroborreliose lassen sich beispielsweise Entzündungszeichen im Nervenwasser messen. Bei der Bestimmung spezifischer Abwehrstoffe im Blut ist es sehr schwierig, zwischen einer akuten Immunreaktion und dem Immungedächtnis zu unterscheiden. Für unsinnig und sogar gefährlich halte ich es, wenn Ärzte aufgrund unspezifischer Beschwerden mit ungenügend geprüften Tests nach Borrelien suchen.

Was halten Sie von Langzeitbehandlungen mit Antibiotika?
Gar nichts. Wir haben vor Kurzem für eine neue Leitlinie zur Diagnose und Behandlung von Neuroborreliose zahlreiche Studien verglichen. Dabei ist ganz klar geworden, dass zwei bis drei Wochen Antibiotika-Therapie ausreichen, damit die Beschwerden verschwinden oder zumindest abklingen. Haben sich die Symptome danach nicht deutlich gebessert, handelt es sich höchstwahrscheinlich nicht um eine Borreliose, sondern um eine Fehldiagnose. Eine längere Antibiotikatherapie bringt dann keinen Zusatznutzen, sondern setzt die Patienten aufgrund der Nebenwirkungen unnötigen Risiken aus.

Vorsorge ist besser als Nachsorge – was kann ich tun, um mich vor einer Infektion zu schützen?
Wer draußen unterwegs war, sollte sich am ganzen Körper nach Zecken absuchen und sie sofort entfernen – am besten mit einer Zeckenkarte oder einer speziellen Pinzette, damit mögliche Erreger beim Entfernen nicht aus der Zecke herausgequetscht werden. Je schneller, desto besser: Eine infizierte Zecke überträgt die Borreliose-Erreger zwar erst nach Stunden, die FSME-Viren aber deutlich schneller.

An der Lyme-Borreliose, die von Bakterien übertragen wird, erkranken in Deutschland jährlich zwischen 60.000 und 200.000 Menschen. Erste Anzeichen können die sogenannte Wanderröte sowie Muskel- und Gelenkschmerzen, Fieber und geschwollene Lymphknoten sein. Breiten sich die Erreger aus, können sie auch die Gelenke oder das Herz befallen. Eine Infektion des Nervensystems äußert sich durch nächtliche gürtelförmig verteilte Schmerzen. Auch Lähmungen von Gesichtsnerven, Armen und Beinen können hinzukommen. Mit der Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) stecken sich jährlich mehrere hundert Menschen in Deutschland an. Bei einem Drittel von ihnen kommt es zu einem schweren Krankheitsverlauf mit bleibenden neurologischen Schäden. Wer in einem Risikogebiet lebt, sollte sich daher unbedingt impfen lassen.

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