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Sprachtherapie nach Schlaganfall

Neurologie

(11.03.2021) Dass Peter Meier* nach einem Schlaganfall wieder das Sprechen lernte, verdankt er einer neuartigen Rehabilitationsmethode für Sprachproduktionsstörungen an der Klinik für Neurologie und Neurophysiologie des Universitätsklinikums Freiburg. 

Einfach drauflossprechen geht bei Peter Meier nicht mehr. Sein Schlaganfall vor fünf Jahren führte bei ihm zu einer Aphasie, einer schweren Sprachstörung. Er hatte die sogenannte Internalisierung verloren. Das ist die Fähigkeit eines gesunden Menschen, automatisch zu sprechen.

Nach konventioneller Sprachtherapie hatte sich seine Sprache schon verbessert, aber heute kann Meier dank der Aufnahme in die „Pilotstudie Aphasie“, einem Training zur Verbesserung der Sprachfähigkeit, wieder auch schwierigere Sätze bilden. „Ich bin sehr dankbar dafür, auch wenn ich im Gegensatz zu früher im Kopf genau vorformulieren muss, was ich aussprechen möchte“, sagt der heute 46-Jährige. Entwickelt wurde die neuartige Rehabilitationsmethode für Sprachproduktionsstörungen von der Neurologin Dr. Mariachristina Musso, Fachärztin an der Klinik für Neurologie und Neurophysiologie des Universitätsklinikums Freiburg, und dem Informatiker Dr. Michael Tangermann vom Institut für Informatik an der Albert- Ludwigs-Universität Freiburg. Er hat die EEG-Aktivierung technisch möglich gemacht. 

Hirnsignale verraten den Erfolg

Musso und Tangermann entwickelten in diesem Grundlagenforschungsprojekt mit ihrem Team ein Sprachtraining, das nicht auf Sprechen, sondern auf Zuhören basiert. Die Teilnehmer*innen hören einen Satz, bei dem ein Wort fehlt. Wie Peter Meier mit dieser Methode seine Sprache nach und nach wiederfand, erläutert seine behandelnde Ärztin. In seiner Behandlungskabine bekam der Patient eine Kappe aufgesetzt, mit der seine Gehirnströme per Elektro-Enzephalogramm (EEG) gemessen wurden. Während dieser für ihn völlig schmerzfreien Anwendung wurden ihm unvollständige Sätze vorgespielt und danach unterschiedliche Wörter in schneller Abfolge vorgeschlagen. Durch aufmerksames Zuhören musste Meier aus einer kontinuierlichen Folge vieler Wörter das richtige identifizieren und sich merken.

Mit Algorithmen des maschinellen Lernens wird dabei in Echtzeit unterschieden, welche EEG-Signale beim Zuhören durch das Zielwort oder aber durch die ablenkenden Worte ausgelöst werden. Ob es das richtige Wort war, wurde über die Gehirnsignale ausgelesen, während der Patient den abgespielten Worten zuhörte. Im Gegensatz zu anderen existierenden Sprachtrainingsansätzen ist das anschließende Aussprechen der Worte nicht nötig. „Möglich ist das, weil beim Hören und Vorstellen eines Wortes die gleichen Hirnareale aktiviert werden wie beim Sprechen selbst", erklärt Musso. „Das macht es gerade für Patient*innen mit schweren Sprachstörungen einfacher, ihre Sprachfähigkeit zu verbessern.“ 

Aufmerksames Zuhören als Schlüssel

Direkt im Anschluss an die abgespielten Worte bekommen die Patient*innen eine Rückmeldung auf Grundlage der EEG-Signale. „So erfahren sie sofort, wie gut sie die Aufgabe absolviert haben. Dadurch entwickeln sie eine erfolgreiche Strategie, um sich auf das richtige Wort zu konzentrieren, und können diese Strategie dann auch im Alltag benutzen“, erklärt Musso. Gemeinsam mit Meier hat sie dank der EEG-Aktivierung herausgefunden, welche Strategie ihm beim Erkennen des richtigen Worts geholfen hat. „Bei mir hat es am besten geklappt, wenn ich mir die Wörter bildlich vorgestellt habe“, sagt Meier. „Das hat dann bald auch außerhalb des Experiments funktioniert.“

Musso und Professor Dr. Cornelius Weiller, Ärztlicher Direktor der Klinik für Neurologie und Neurophysiologie, sind sehr zufrieden mit dem Verlauf des mehrwöchigen Trainings bei Meier. In Ergänzung zur konventionellen logopädischen Therapie hat sich seine Spontansprache erheblich verbessert und die Aphasie trat in den Hintergrund. Deutsch als seine Muttersprache und Englisch als Fremdsprache versteht Meier in gewohnter Geschwindigkeit. Denn Aphasie ist eine Sprach- und keine Denkstörung.

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