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Bewegung macht fit - auch Herzzellen

Experimentelle Kardiovaskuläre Medizin

(14.06.2022) Ob stark oder schwach, schnell oder langsam: Herzzellen passen sich an die ständig wechselnde Herztätigkeit an. Wie sie das dafür nötige empfindliche Ionen-Gleichgewicht aufrechterhalten, erkundet die Expertin mit Hilfe dynamischer dreidimensionaler Bildgebung.

Das Herz ist unser Fels in der Brandung. Egal was wir tun: Es schlägt. Rund 36 Millionen Mal im Jahr – je nachdem, in welchem Körper es steckt. Dabei ist es enorm anpassungsfähig. Kein Wunder, es muss ja reagieren auf all die veränderten Umstände, die unser Leben prägen. Auf eine Schwangerschaft zum Beispiel, wenn wir krank sind oder sehr viel Sport treiben. „Das Herz muss wissen, wann es schneller oder stärker schlagen soll, und sich an diese steigende Anforderung anpassen können“, sagt Dr. Eva Rog-Zielinska, derzeit Emmy Noether Fellow und Leiterin der 4D-Bildgebung am Institut für Experimentelle Kardiovaskuläre Medizin (IKEM) am Universitätsklinikum Freiburg, „und mich interessiert, wie es das macht.“ Dass Hormone und elektrische Impulse dabei eine Rolle spielen, ist bekannt. Rog-Zielinska hat etwas anderes im Visier: Die Bewegung des Herzens selbst, ist sie sicher, ist auch ein Mechanismus, mit dem sich das Herz selbst reguliert.

Wenn das Herz schlägt, wird die Bewegung nicht nur auf das Blut, sondern auch auf die Zellen und deren Innenleben übertragen. (c) Ketchum/Universitätsklinikum Freiburg

Bewegung als Signal

Herzzellen gehören zu den größten Zellen in unserem Körper und sind im Vergleich zu anderen Zellen auch viel dichter gepackt. In ihnen ist sozusagen kein freies Plätzchen mehr, so voll sind sie mit Zellkern, Muskelfilamenten, und Organellen. Wenn das Herz schlägt, wird die Bewegung daher nicht nur auf das Blut, sondern auch auf die Zellen und deren Innenleben übertragen. Die ganze Zelle wird deformiert, in ihr werden alle Bestandteile gezogen und gedrückt. „Man kann sich das vielleicht so vorstellen“, sagt Rog-Zielinska: „Das Herz schlägt mehr, dadurch werden die Herzzellen stärker in Bewegung versetzt. Die Zelle merkt: Ich werde mehr als sonst gedrückt, das Herz schlägt also stärker: das heißt, ich muss mehr Kraft generieren.“ Dafür muss das empfindliche Gleichgewicht der elektrisch geladenen Ionen, die die Kontraktionen steuern, und der verfügbaren Energie sorgfältig kontrolliert werden.

Der optimale Nährstoff-Mix

Wie genau das funktioniert, weiß bisher niemand. Eva Rog-Zielinska hat im Rahmen des Sonderforschungsbereichs 1425 „Die heterozelluläre Natur kardialer Läsionen: Identitäten, Interaktionen, Implikationen“ als einen neuen Signalweg die sogenannten T-Kanäle im Visier. Diese reichen von der Oberfläche der Herzzellen bis tief in die Zelle hinein. Seit einigen Jahrzehnten weiß man, dass durch diese T-Kanäle Kalzium in die Zellen gelangt, welches das Zusammenziehen des Herzmuskels steuert. Neben Kalzium, mutmaßt Rog-Zielinska, könnten auch andere Stoffe wie Glukose über die T-Kanäle von außen ins Zellinnere wandern. „Jedes Zusammendrücken der Zelle, und damit der T-Kanäle, mixt den Inhalt innerhalb dieser röhrenförmigen Strukturen und sorgt dafür, dass immer die benötigten Mengen zur Verfügung stehen“, sagt Rog-Zielinska. Ein ähnlicher Quetschungsmechanismus informiert auch die Mitochondrien, die Kraftwerke der Zelle, über einen erhöhten Energiebedarf.

Kurzfilme für ein Navi des Herzens

Das Verständnis davon, wie Herzzellen sich bewegen und deformiert werden, kann auch zu dem größeren Bild beitragen, das Wissenschaftler*innen vom Herzen haben. „Wir sind hier grundlegenden Mechanismen auf der Spur“, sagt Rog-Zielinska, „denn wenn wir wissen, wie sich das Herz regeneriert und stabil hält, können wir auch Krankheiten besser verstehen und eines Tages vielleicht auch besser behandeln.“ Die Verformungen der Herzzellen und T-Kanäle betrachtet Rog-Zielinska im Elektronenmikroskop. Dafür nutzt sie die 3D-Analyse – mit der Zeit als vierte Dimension. Sie legt die lebenden Herzzellen unter das Mikroskop und macht Aufnahmen nach zehn, zwanzig, dreißig Millisekunden, wenn sich die Zelle zusammenzieht. Aus diesen kurz hintereinander geschossenen Bildern lassen sich kleine Filmsequenzen erstellen und so die Bewegungen der Herzzellen genauer beobachten. „Mit diesen Daten wollen wir eine Art Navi des Herzens erstellen und zeigen, wo wann wie viel Verkehr ist und wie sich das, was an einem Ort passiert, auf einen anderen auswirkt“, sagt Rog-Zielinska.

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