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Herpes-Viren - die launischen Erreger

(22.12.2023) Bei Herpes-Simplex-Viren entscheiden die Umstände, ob sie harmlos bleiben oder unangenehm oder sogar lebensgefährlich werden. Welche das sind und wie man sich gegen die Attacken schützt, erklären Expert*innen des Universitätsklinikums

Auf eines muss man sich leider einrichten: Entkommen kann man dem Herpes-Simplex-Virus auf Dauer nur schwer – außer mit viel Glück. Spätestens im Rentenalter haben sich die meisten Menschen mit dem Erreger angesteckt. Viele merken nichts davon, weil sich das Virus erst unbemerkt vermehrt und dann in die Nervenzellen zurückzieht, wo es zu schlummern beginnt. Bei anderen verursacht es aber heftige Entzündungen – und das regelmäßig, jedesmal wenn das Virus in den Nervenzellen aufwacht. Zunehmend mehr Menschen infizieren sich in Deutschland außerdem zum ersten Mal nicht wie die meisten über den Speichel und den Mund, sondern das Virus dringt über den Genitalbereich in ihren Körper ein. „Dieser Infektionsweg ist oft mit besonders unangenehmen und hartnäckigen Beschwerden verbunden“, sagt Prof. Dr. Hartmut Hengel, Ärztlicher Direktor des Instituts für Virologie des Universitätsklinikums Freiburg. Dazu zählt ein schmerzhafter Ausschlag und Fieber.

Brennende Bläschen am Rand der Lippe, in der Nase oder im Auge - sind die Abwehrzellen geschwächt, wird der Erreger häufig wieder aktiv. Bildquelle: AdobeStock/Domeskina

Entscheidend ist das Alter beim Erstkontakt

Warum Menschen eine Infektion mit dem Herpes-Simplex-Virus 1, abgekürzt HSV-1, so unterschiedlich erleben, hat die Medizin im Detail noch nicht verstanden. Einiges deutet aber daraufhin, dass ein wichtiger Faktor das Alter beim Erstkontakt mit dem Erreger ist. Bei Kindern verläuft der häufiger unbemerkt. Der Erreger vermehrt sich nach der Übertragung in der Mundschleimhaut und klettert dann die Nervenbahnen entlang zu Knotenpunkten wie dem Trigeminusganglion. In den dort verschalteten Nervenzellen nistet er sich ein, weil ihm die Abwehrzellen dort nichts anhaben können.

Die Infektion ist gerade für Erwachsene oft unangenehm

Ein wachsender Teil der Menschen steckt sich jedoch erst im Erwachsenenalter an. Und erlebt den Erstkontakt oft als ausgesprochen unangenehm. Weil die Vermehrung in der Mundschleimhaut bei ihnen oft mit Symptomen einhergeht. Die ersten sind unspezifisch: Ein Brennen, Kribbeln oder Stechen um den Mund. Dann bilden sich die typischen Fieberbläschen im Bereich der Lippe, teilweise auch im Mund oder auf der Zunge. Bei einigen kommen auch Fieber und geschwollene Lymphknoten dazu.

Immer mehr Menschen stecken sich beim Geschlechtsverkehr an

Eine solche späte Ansteckung passiert zunehmend häufig beim Geschlechtsverkehr. Dort infiziert HSV-1 die Schleimhaut von Scheide, Penis oder Anus. „Wir vermuten, dass daran liegt, dass Übertragungen im Kindesalter seltener werden“, sagt Hengel. Denn viele Erwachsene besitzen aus diesem Grund bei den ersten intimen Kontakten noch keinen Immunschutz gegen Herpesviren, der verhindert, dass die Erreger den Genitalbereich befallen, wenn sie Geschlechtsverkehr mit einem Infizierten haben. Herpes-Simplex-Virus Typ-2, ein enger HSV-1-Verwandte, verursacht übrigens ganz ähnliche Symptome. Warum sich immer weniger Kinder anstecken, ist ebenfalls noch nicht geklärt: Ein möglicher Grund könnten die verbesserten Hygienebedingungen in den Haushalten sein und die Tatsache, dass die durchschnittliche Kinderzahl pro Familie abnimmt. Beides erschwert dem Erreger die Verbreitung.

Das Institut des Universitätsklinikums Freiburg gilt als besonders erfahren und ist darum als Konsiliarlabor für Herpes simplex Viren in Deutschland beauftragt worden. Die Freiburger Ärzt*innen und Wissenschaftler*innen beraten medizinisch-wissenschaftliche Kolleg*innen bei Diagnostik und Therapie. Im Rahmen ihrer Forschung beschäftigen sie sich auch mit den anderen Unterarten der Familie der Herpesviren, die Menschen Probleme bereiten können: Die bekanntesten sind neben Herpes Simplex das Varicella Zoster Virus und das Zytomegalievirus.

Wenn die Abwehrzellen schwächeln, nutzt HSV das aus

Stress, Erkältungen und Fieber wecken den Erreger. Phasen, in denen die Abwehrzellen schwächeln, nutzt der Erreger, um in den Nervenbahnen wieder zu wandern und dann – meist am Rand der Lippe, bei anderen Menschen in der Nase oder im Auge – erneut die brennenden Bläschen hervorzurufen.

Nach einer Woche bis zehn Tagen verschwinden die Symptome in der Regel wieder von alleine. „Die häufigsten Anlässe für ein solches Wiederaufflammen sind länger anhaltender Stress, Erkältungen, Schlafmangel, Fieber oder der Menstruationsbeginn“, sagt Dr. Daniela Huzly, Oberärztin und Leiterin der Diagnostik im Institut für Virologie des Universitätsklinikums Freiburg. Denn solche Einflüsse aktiveren die Virusgene und lenken die Abwehrzellen ab, die sonst das Virus unter Kontrolle halten.

Ähnliches bewirken auch Medikamente wie Kortison, die Herpes-Ausbrüche ebenfalls begünstigen. Teilweise reichen aber auch schon lokale Einflüsse wie hohe Dosen Sonnen- oder UV-Licht, damit Bläschen entstehen. Für Menschen mit extrem geschwächtem oder für Neugeborene mit einem unreifen Immunsystem kann Herpes simplex 1 sogar lebensgefährlich werden: Unter diesen Umständen kann das Virus eine Gehirnentzündung, eine Sepsis oder eine Leberentzündung auslösen.

Grundregel bei der Therapie: Früh beginnen

Stressvermeidung und -abbau, beispielsweise durch Entspannungsübungen, wirken dem entgegen. Auch ein guter Sonnenschutz in den sensiblen Regionen kann Herpes-Attacken vermeiden helfen. Pflegestifte machen die Lippenhaut widerstandsfähiger. „Erlebt man die Symptome immer wieder als sehr unangenehm, würde ich auch die Anwendung von antiviralen Wirkstoffen wie Aciclovir als Salbe oder als Tablette empfehlen“, rät Hengel. Wichtig: Die Vermehrung von HSV-1 lässt sich dann am besten hemmen, wenn diese Mittel beim Auftauchen des ersten Kribbelns oder Brennens und damit vor dem Erscheinen der Bläschen angewandt werden. Als hilfreich gegen die Symptome haben sich auch die Kühlung von offenen Hautstellen mit Eiswürfeln, entzündungshemmende Medikamente wie Ibuprofen oder lokale Betäubungsmittel erwiesen. Und natürlich gilt, wenn die Bläschen gerade sprießen: Küssen verboten – oder zumindest Vorsicht beim Kontakt mit Nichtinfizierten.

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