Zu den Inhalten springen

Rückenschmerzen - Wenn Warnsignale außer Kontrolle geraten

Orthopädie und Unfallchirurgie

(11.07.2023) Schmerzen sind eigentlich überlebenswichtige Signale des Körpers. Sie warnen vor Verletzungen, Entzündungen und anderen Schäden. Verlieren sie diese Warnfunktion, werden sie zu einem ernsthaften Problem – und zu einer eigenen Krankheit. Auf die Behandlung chronischer Schmerzen spezialisiert ist das Interdisziplinäre Schmerzzentrum des Universitätsklinikums Freiburg.

In der Regel haben Schmerzen eine überlebenswichtige Funktion: Sie machen uns auf mögliche Verletzungen oder Entzündungen aufmerksam und sorgen dafür, dass wir uns schonen. Schmerzt der Rücken – und das tut er laut einer Umfrage des Robert-Koch-Instituts bei zwei von drei Erwachsenen in Deutschland mindestens einmal jährlich –, müssen gefährliche Ursachen ausgeschlossen oder umgehend behandelt werden.

Chronische Schmerzen sind multidimensional. Soziale, seelische und körperliche Symstome werden unter vereinter Expertise erfasst und behandelt. ©Kerrick /iStock

Doch solche spezifischen Rückenschmerzen mit akuter Ursache finden sich nur bei den Wenigsten. „In fast 90 Prozent der Fälle haben die Rückenschmerzen ihre Warnfunktion nicht mehr oder nie gehabt“, erklärt Dr. Kristin Kieselbach, Ärztliche Leiterin des Interdisziplinären Schmerzzentrums des Universitätsklinikums Freiburg. Auch diese sogenannten unspezifischen Rückenschmerzen müssen richtig behandelt werden.

Schonung oder Durchhalten allein reicht nicht, sondern trägt meist dazu bei, dass die Schmerzen chronisch werden, also länger als drei Monate andauern oder immer wiederkehren: „Rückenschmerzen gehören zu den Hauptursachen für Arbeitsunfähigkeit und Frühverrentung“, weiß Kieselbach als ärztliche Fachvorsitzende des Landesbeirats Schmerzversorgung des Sozialministeriums Baden-Württemberg.

Chronische Schmerzen haben viele Dimensionen

Wer Abhilfe schaffen möchte, muss vielfältige biologische, psychische und soziale Faktoren in den Blick nehmen. „Beim Erkennen und Behandeln chronischer Schmerzen ist es sinnvoll, nicht nur nach dem Auslöser des Schmerzes zu suchen, sondern auch andere Belastungsfaktoren abzufragen“, sagt Kieselbach. „Es ist wichtig, soziale, seelische und körperliche Symptome zeitgleich zu erfassen und zu behandeln.

Beispielsweise haben Beeinträchtigungen von Schlaf oder Stimmung einen wichtigen Einfluss auf chronische Schmerzen“, so die Schmerzmedizinerin. Neben Depressivität, Ängsten oder Stress spielen aber auch die Biografie und das Umfeld mit Familie und beruflicher Situation eine entscheidende Rolle.

Für chronisch schmerzgeplagte Menschen und ihre Angehörigen ist es sehr belastend, wenn keine körperliche Ursache für das lange Andauern ihrer Schmerzen gefunden wird. „Viele unserer Patient*innen fühlen sich oft nicht ernstgenommen und sind verzweifelt“, erzählt Kieselbach. „Neben den Schmerzen leiden sie unter ihren Sorgen um ihre persönliche, berufliche, soziale und wirtschaftliche Existenz.“

Mit vereinter Expertise: Schmerztherapie am Interdisziplinären Schmerzzentrum

Viele der Patient*innen, die am Interdisziplinären Schmerzzentrum (ISZ) des Universitätsklinikums Freiburg behandelt werden, haben eine lange Krankheitsgeschichte zu erzählen. Am ISZ nehmen sich Expert*innen verschiedener Fachrichtungen Zeit, um diese Geschichte zu verstehen und möglichst viele der Faktoren zu erfassen, die den Rückenschmerz beeinflussen. An einem Schmerzdiagnostiktag werden der „Deutsche Schmerzfragebogen“ und sämtliche Unterlagen aus früheren Untersuchungen gesichtet und eine ausführliche medizinische, psychologische, physiotherapeutische und sozialmedizinische Untersuchung durchgeführt. Anschließend tragen die Spezialist*innen ihre Erkenntnisse in einer interdisziplinären Teambesprechung zusammen und erstellen einen individuellen Therapieplan. „Wichtig ist, die unterschiedlichen Entstehungsmechanismen der Schmerzen zu erkennen und jede Schmerzkomponente auf die jeweils erforderliche Art zu behandeln“, erklärt Kieselbach.

Als eines von vier überregionalen Schmerzzentren in Baden-Württemberg bietet das Freiburger ISZ eine große Bandbreite von intensiven ambulanten Therapien bis hin zur teilstationären oder stationären Aufnahme. Laut einer Umfrage der Bertelsmann Stiftung gilt es als deutschlandweit erfahrenstes Zentrum für die teilstationäre Schmerztherapie. Etwa 40 Prozent der Patient*innen wird am Ende des Schmerzdiagnostiktags eine Interdisziplinäre Multimodale Schmerztherapie empfohlen: In diesem drei- bis fünfwöchigen Behandlungsprogramm arbeiten die Patient*innen mit erfahrenen Schmerzexpert*innen mit medizinischer, psychologischer, physio- und ergotherapeutischer, sozialmedizinischer und pflegerischer Fachexpertise zusammen. Die unterschiedlichen Komponenten der Schmerztherapie werden in zahlreichen Teambesprechungen und gemeinsamen Visiten zusammen mit den Patient*innen aufeinander abgestimmt. „Wir arbeiten alle gemeinsam daran, diejenigen Anteile des Schmerzes zu reduzieren, die sich reduzieren lassen, und den Patient*innen Wege aufzuzeigen, wie sie auch mit Schmerzen ein erfülltes Leben führen können“, so Kieselbach.

Gut beraten dank Schmerzkonferenzen

In zweiwöchentlichen Schmerzkonferenzen stellen Schmerzexpert*innen des Interdiszi Schmerzzentrums gemeinsam mit niedergelassenen Schmerzexpert*innen und Mitbehandelnden Patient*innen mit chronischen (Rücken-) Schmerzen vor. Nach einer ausführlichen Darstellung der Krankengeschichte unter Einbeziehung der biopsychosozialen Gesichtspunkte beantworten die Betroffenen selbst Fragen der Schmerzexpert*innen. Empfehlungen werden in der Konferenz ausgearbeitet und mit dem*der Patient*in besprochen.

Weitere interessante Artikel

Mit Stammzellen das Sportlerknie fit machen

Download

Zum Artikel

Krampfadern: Wann ist eine Operation sinnvoll?

Download

Zum Artikel

Universitätsklinikum Freiburg

Zentrale Information
Telefon: 0761 270-0
info@uniklinik-freiburg.de    

Unternehmenskommunikation

Breisacher Straße 153
79110 Freiburg
Telefon: 0761 270-84830
kommunikation@uniklinik-freiburg.de