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Die Bauchspeicheldrüse (Pankreas)

Bei Patient*Innen, die bereits in ihrer Kindheit an einem Diabetes mellitus erkrankt sind, besteht neben der Gefahr der Zuckerentgleisung oder einer Überdosierung von Insulin das Risiko für die Entwicklung sogenannter diabetischer Spätschäden, welche zu einer Schädigung der Augen, der Nieren, der Nerven und der arteriellen Gefäße führen können. So haben Diabetiker z.B. ein ca. 15-fach erhöhtes Risiko für Gliedmaßenamputationen und eine deutlich erhöhte Wahrscheinlichkeit für die Entwicklung einer Herzkranzgefäßverkalkung. Daneben ist der Diabetes mellitus in den industrialisierten Ländern die häufigste Ursache für Blindheit bei Erwachsenen. Durch die diabetischen Spätschäden ist die Krankheitsanfälligkeit bei Diabetikern verglichen mit der Durchschnittsbevölkerung erhöht und die Lebenserwartung deutlich vermindert. Die Schädigung der Nieren führt bei über einem Drittel der Patient*Innen zu einem chronischen Nierenversagen. Da unter einer Dialysebehandlung die Lebensqualität und die Lebenserwartung der Patient*Innen sehr ungünstig sind, wünschen die meisten der betroffenen Patient*INNen eine Transplantation. Früher war die Standardtransplantation in diesen Fällen eine alleinige Nierentransplantation. Die Insulintherapie wurde unverändert fortgeführt. Seit Anfang der 80er Jahre hat man vermehrt damit begonnen, zusätzlich zur Niere auch die Bauchspeicheldrüse zu transplantieren. Grund hierfür war zunächst nur die Hoffnung, durch die Normalisierung des Zuckerstoffwechsels das Nierentransplantat vor einer erneuten Schädigung durch den Diabetes zu schützen. Inzwischen hat sich jedoch gezeigt, dass die zusätzliche Transplantation der Bauchspeicheldrüse weitere wesentliche Vorteile bietet, so dass diese Art der Transplantation inzwischen zu einem anerkannten Standard geworden ist.

Vor einer geplanten Bauchspeicheldrüsen- und Nierentransplantation müssen alle Patient*Innen bestimmte Untersuchungen durchführen lassen. Diese schließen neben den üblichen Vorsorgeuntersuchungen spezielle Untersuchungen des Herz-Kreislaufsystems - wie zum Beispiel eine Herzkatheteruntersuchung - ein. Im Anschluss an die erfolgten Untersuchungen wird dann über eine Aufnahme auf die Transplantationswarteliste entschieden.

Sobald ein geeignetes Spenderorgan vorliegt, wird die Transplantation vorbereitet. Die Operation erfolgt dann innerhalb weniger Stunden, d.h. auch in der Nacht und am Wochenende. Die Operation wird in Vollnarkose über einen Bauchschnitt in der Mittellinie vorgenommen, der es erlaubt, sowohl die Bauchspeicheldrüse in den Bauchraum als auch die Niere gleichzeitig zu transplantieren. Die Bauchspeicheldrüse wird an unserem Zentrum in der Regel an die rechte Beckenarterie und an einen Ast der Pfortader angeschlossen (siehe Abbildung). Das Bauchspeicheldrüsensekret wird über eine Verbindung zum Dünndarm abgeleitet. Die Gefäße des Nierentransplantates werden an die linken Beckengefäße angeschlossen und der Harnleiter mit der Harnblase verbunden. Ihre eigene Bauchspeicheldrüse und ihre eigenen Nieren werden nicht entnommen. Die Operation dauert zwischen 4 und 6 Stunden.

Nach erfolgter Operation werden die Patient*Innen auf unserer Intensivstation für transplantierte Patient*Innen betreut. Kreislauf und Atmung bedürfen nach dieser Operation keiner Unterstützung. Die transplantierten Patient*Innen sicnd wach und können mit Hilfe aufstehen. Die Blutzuckerregulation wird meist bereits wenige Stunden nach der Operation von dem neuen Organ übernommen. Das gleiche gilt auch für die Nierenfunktion. Dialyse und Insulintherapie gehören dann der Vergangenheit an. In der Regel sind Infusionen und Wundschläuche für ca. 4 bis 7 Tage erforderlich. Spätestens dann kann auch wieder eine normale Nahrungsaufnahme erfolgen. Der Gesamtaufenthalt liegt ungefähr zwischen 14 und 21 Tagen. In dieser Zeit wird die vollständige Heilung der Wunden abgewartet und die genaue Dosierung der, ab der Transplantation erforderlichen, immunsuppressiven Medikamente eingestellt.

Nach einer erfolgreichen kombinierten Bauchspeicheldrüsen- und Nierentransplantation benötigen Sie keine Insulinspritzen und keine Dialysebehandlung mehr. Zusätzlich entfallen die Beschränkung der Trinkmenge und die meisten Diätvorschriften. Ihre Lebensqualität wird sich hierdurch in erheblichem Umfang erhöhen. Zusätzlich werden vorbestehende diabetische Spätschäden durch eine Bauchspeicheldrüsentransplantation zum Teil günstig beeinflußt. Ein solcher Effekt konnte für die Herzkranzgefäßverkalkung, die Kapillardurchblutung und die diabetische Nervenschädigung nachgewiesen werden. Der wichtigste Vorteil aber ist, dass Patient*Innen mit einer erfolgreichen "Doppel"-Transplantation eine wesentlich längere Lebenserwartung haben als Diabetiker, die "nur" nierentransplantiert wurden (siehe Abbildung). Diese Ergebnisse sind inzwischen in einer Vielzahl an Publikationen bestätigt worden. Das Team des Transplantationszentrums Freiburg beschäftigt sich seit über 20 Jahren mit der Bauchspeicheldrüsentransplantation. Unsere Ergebnisse sind in internationalen Fachzeitschriften veröffentlicht und umfassen u.a. die längste und erfolgreichste Serie von Bauchspeicheldrüsentransplantationen in Mitteleuropa.