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Zur Sonnenfinsternis am 20.03.2015

Dieser Artikel über die letzte totale Sonnenfinsternis ist weiterhin aktuell.

Die Sonnenfinsternis vom 11.08.1999 aus ophthalmologischer Sicht

Wolfgang F. Schrader (Univ.-Augenklinik Würzburg) und Rudolf F. Horn (Augenarzt in Lahr/Schwarzwald)

(Dieser Artikel erschien in der Zeitschrift für praktische Augenheilkunde. On-line-Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung des Kaden-Verlages.)

Zusammenfassung

Das Ereignis der totalen Sonnenfinsternis am 11. August 1999 –der letzten Sonnenfinsternis in diesen Jahrtausend– wirft seinen Schatten voraus. Obwohl seit dem Altertum über die Gefährlichkeit der Beobachtung der Sonne berichtet wird, treten Maculaschäden regelmäßig epidemisch nach Sonnenfinsternissen auf. Beispielsweise wurden bei der letzten Sonnenfinsternis 1912 allein in Deutschland über 3000 Fälle gezählt, von denen jeder 10. einen ernsten Dauerschaden davongetragen hat. So sind die Augenärzte in der Pflicht, ihre Patienten und nach Möglichkeit die örtlichen Medien zu informieren. Dieser Artikel soll die Augenärzte mit den erforderlichen Informationen versorgen.

Das Phänomen der Sonnenfinsternis wird beschrieben, der Mechanismus der Netzhautschädigung dargelegt und Techniken zur sicheren Sonnenbeobachtung angegeben. Auch auf den Stand der –begrenzten– Behandlungsmöglichkeiten und die Prognose der solaren Retinopathie wird eingegangen.

Schlüsselwörter: solare Retinopathie - eclipse blindness - Lichtschädigung der Netzhaut - Sonnenfinsternis und sichere Beobachtung - Maculopathie.

Die Sonnenfinsternis

Abb. 1: Im Bereich des Kernschattens (umbra) verdunkelt der Mond die Sonne vollständig, im Bereich des Halbschattens (penumbra) ist die Sonne noch sichelförmig zu sehen (vgl. auch Abb. 3)

Abb. 2: Halb- und Kernschatten (rot) der Sonnenfinsternis vom 11. August 1999. Die Zeitangaben sind in Weltzeit (UT), in Deutschland gilt die mitteleuropäische Sommerzeit (MESZ entspricht UT + 2h). Grafik: W. Boonplod

Von Westen kommend berührt der Kernschatten des Mondes in einem gut 100 km breiten Streifen den Süden Englands, zieht über Frankreich, Belgien und Luxemburg hinweg und überquert den Rhein im Süden Deutschlands etwa auf der Höhe von Karlsruhe/Rastatt (Bild 3). Mit einer Geschwindigkeit von gut 900 m/s (Mach 3) rast der Schatten weiter über Pforzheim, Heilbronn, Tübingen, Stuttgart, Aalen, Ulm, Augsburg und München, Landshut und Rosenheim hinweg in Richtung österreichische Grenze. Stuttgart wird um 12.32 h MESZ verfinstert mit einer Totalitätsdauer von 2m 17s. Südlich und nördlich dieses schmalen Gebietes ist die Sonnenfinsternis nur partiell, also immer ein mehr oder weniger großer Teil der gleißenden Sonnenphotosphäre zu sehen. Auch wenn dabei kaum eine Verfinsterung eintritt, wird im gesamten Gebiet der Bundesrepublik die Sonne zur Mittagszeit noch weitgehend vom Mond bedeckt sein, zu 95% etwa über Münster und Kassel und zu 85% über Hamburg und Berlin, zu 80% in Kopenhagen, Marseille und Athen (Abb. 4). Wenn das faszinierende Schauspiel mit ungeschütztem Auge beobachtet werden sollte, ist somit die Bevölkerung eines riesigen Areals potentieller Maculaschädigung ausgesetzt – dies auch im Bereich der Totalitätszone während der partiellen Phase, die eine gute Stunde vor und nach der Finsternis sichtbar ist.

Abb. 3: Verlauf und Dauer der totalen Sonnenfinsternis am 11.8.1999 in Süddeutschland. Aus: Sterne und Weltraum. Die Zeiten sind in UT, d.h. nach deutscher Uhrzeit findet alles 2 Stunden später statt als im Bild angegeben. Die genauen Finsternisdaten mit den Zeiten der 4 Kontakte bzw. der maximalen Verfinsterung für Städte längs des Finsternispfades finden sich bei der Nasa.

Abb. 4: Ausmaß und Ansicht der Sonnenfinsternis am 11.8.1999 in verschiedenen europäischen Städten. Zeitangaben in Weltzeit (mitteleuropäische Sommerzeit = UT + 2 Stunden). Grafik: W. Boonplod

So wird man davon ausgehen müssen, daß viele Menschen die Finsternis unvorbereitet und ungeschützt beobachten werden, “stellt doch eine Sonnenfinsternis das wohl spektakulärste Himmelsschauspiel dar, das jemand in seinem Leben erfahren kann.” [9]. Der österreichische Maler und Dichter Adalbert STIFTER (1805-1868) berichtet über die totale Sonnenfinsternis vom 8. Juli 1842 über Wien in ergreifenden Worten [18]: “Es gibt Dinge, die man fünfzig Jahre weiß, und im einundfünfzigsten erstaunt man über die Schwere und Furchtbarkeit ihres Inhaltes. So ist es mir mit der totalen Sonnenfinsternis ergangen, welche wir in Wien am 8. Juli 1842 in den frühesten Morgenstunden bei dem günstigsten Himmel erlebten. Nie und nie in meinem ganzen Leben war ich so erschüttert, von Schauer und Erhabenheit so erschüttert, wie in diesen zwei Minuten, es war nicht anders, als hätte Gott auf einmal ein deutliches Wort gesprochen und ich hätte es verstanden. Ich stieg von der Warte herab, wie vor tausend und tausend Jahren etwa Moses von dem brennenden Berge herabgestiegen sein mochte, verwirrten und betäubten Herzens.”

Die Sonne hatte in vielen Kulturen eine große Bedeutung, in manchen war sie der höchste Gott. Wenn die Sonne am hellichten Tage unerwartet verschwand, war dies ein aufsehenerregendes elementares Ereignis. Vorboten von Kriegsgefahren oder Katastrophen wurden gesehen und die Reaktionen reichten von Entsetzen bis zu Ergriffenheit. Es wird berichtet, dass selbst Sonnenphysiker, die dutzendemal Berichte über Sonnenfinsternisse gelesen haben, bisweilen regelrecht überwältigt sind, wenn sie zum ersten mal das kosmische Schauspiel persönlich erleben. Nüchterne Berufsastronomen waren schon so berührt, daß sie im entscheidenden Augenblick vergaßen, ihre Kameras auszulösen. Wie bei Stifter zu erahnen, handelt es sich um ein emotionales Erlebnis, das Worte nur unvollständig beschreiben können [8].

Wie viele Beobachter übereinstimmend berichten, beeindruckt die total vom Neumond abgedeckte Sonnenscheibe mit der umgebenden, zartrosa schimmernden Korona am meisten, wenn man sie mit bloßem Auge sieht. Aber nur während der wenigen Minuten der Totalität darf man mit ungeschützten Augen zur Sonne blicken.

Die Sonne mißt etwa 30 Bogenminuten im Durchmesser. Sie wird auf ein etwa 150 µm großes Netzhautareal abgebildet. Bei einer zu drei Vierteln abgedeckten Sonnenscheibe wird das letzte Viertel foveal auf einem etwa 30 µm breiten Saum abgebildet, bei kaum herabgesetztem Strahlungsfluß in diesem Bereich. Selbst wenn die Sonne zu 99% abgedeckt ist, darf die messerscharfe Sichel nicht ungeschützt beobachtet werden, auch nicht bei leicht bewölktem Himmel [2, 3, 10]. Ferngläser oder gar Teleskope verstärken den Lichteinfall um ein Vielfaches und ziehen ungeschützt fast immer einen Verlust an Sehschärfe nach sich durch irreparable Zerstörung von Stäbchen, Zapfen und retinalem Pigmentepithel. Der hohe infrarote und vor allem der ultraviolette Anteil der am 11. 8. mit 55° sehr hoch stehenden Mittagssonne kann nach weniger als einer Minute Expositionszeit eine klinisch sichtbare Läsion erzeugen, dies erfahrungsgemäß vor allem bei Kindern und Jugendlichen, wenn allzu sorglos in die Sonne geschaut wird [4]. Wer einmal versucht hat, ein Flämmchen mit einem Brennglas zu entzünden, weiß, dass dieses in Sekundenbruchteilen züngelt, wenn die Fokussierung stimmt.

Normalerweise schützt die unangenehme Blendung durch das grelle Sonnenlicht vor diesem Blick und man kneift unwillkürlich die Augen zu – hierauf ist jedoch kein Verlass. Da die Netzhaut selbst schmerzunempfindlich ist, wird die Schädlichkeit des Lichteinfalls zuweilen nicht bemerkt. Der subjektive Eindruck, daß die Sonne nicht blendet, ist keine Gewähr für sicheres Beobachten.

Nicht nur durch Drogeneinfluß oder bei einem religiösen Ritual kann der Blinzelreiz überwunden werden. Abb. 5 (a+b) zeigt den Makulabefund einer Patientin, die in den letzten Januartagen 1999 sich so an der Wintersonne erfreute, daß sie “begeistert von den bunten Nachbildern” an 4 aufeinanderfolgenden Tagen mittags jeweils 5–10 Minuten in die Sonnen blickte. Am 4. Tag notierte sie einen Visusabfall von 1,0 bds. auf 0,5 bzw. 0,3. Im Fluoreszenzangiogramm sieht man 10 Tage nach Exposition eine zarte foveale Hyperfluoreszenz.

Abb. 5a, b: Retinopathia solaris 10 Tage nach ca. 4*5-10 Minuten Blick in die Sonne. In der rotfreien Aufnahme (a) zystische Veränderung in der Fovea. Im Angiogramm (nach 3min, b) zarte foveale sowie etwas stärkere parafoveale Hyperfluoreszenzen. Aufn. W. Schrader, UAK Würzburg

Abb. 5c + d: Maculaveränderungen nach 10minütiger Beobachtung der Sonnenfinsternis am 30.6.1954 in Berlin mit Sonnenbrille [12]: nach 2 Tagen grauweiße Verfärbung mit rotem Saum, nach 7 Tagen braunroter Ring.

Man muß nicht unbedingt direkt in die Sonne schauen, um sich Augenschäden zuzuziehen. So wurden vorübergehende Sehstörungen auch häufiger bei Soldaten, die in der Wüste im gleißenden Sonnenlicht exerzieren mußten, bei Piloten, Telefonleitungsreparateuren und Flugabwehrtruppen beobachtet. Bei Kriegsgefangenen, die mangelernährt in den Tropen gefangen gehalten wurden, traten zentrale Netzhautschäden ebenfalls gehäuft auf [21].

Der Betroffene bemerkt die Netzhautschädigung manchmal sofort, oft aber erst mit einer Verzögerung von meist einem Tag, in Ausnahmefällen sogar bis zu einer Woche [12]. Sichtbar wird die Solarretinopathie meist mit einer Verzögerung: 24h nach Exposition findet man einen charakteristischen gelblich-weißen Fleck in der Fovea. Das Fluoreszenzangiogramm ist zu Beginn meist normal oder zeigt gelegentlich eine Hyperfluoreszenz. Schließlich geht die Färbung zurück und es bleiben ein Schichtloch, vermehrte Pigmentierungen oder eine Zyste in der Umgebung der Fovea. Auch wenn zunächst die Sehschärfe auf 0,5 bis 0,2 herabgesetzt sein kann, erholen sich 50% der Augen wieder auf einen Visus von 1,0 innerhalb von 6 Monaten [20].

Abb. 6: partielle Sonnenfinsternis in  den Abendstunden 1994 in Freiburg.  Photo: W. Schrader

Abb. 6: partielle Sonnenfinsternis in den Abendstunden 1994 in Freiburg. Photo: W. Schrader

Daß beim Blick in die Sonne ein permanenter Sehverlust auftreten kann, ist seit dem Altertum bekannt. Bereits Galenus beschrieb, daß von denen, die unverwandt in die Sonne schauen, “einige ganz blind” werden, “alle aber geschädigt” [5]. Nach Sonnenfinsternissen sind seit dem Altertum regelmäßig epidemieartig Maculopathien aufgetreten, wenn die Finsternis nicht gerade kurz vor Sonnenuntergang stattfand wie bei der 1994 in Freiburg aufgenommenen (Abb. 6).

Plato zitiert in “Phaedos” Sokrates, der empfahl, die Sonnenfinsternis nur durch ihr Spiegelbild im Wasser zu betrachten, auch Seneca [16] schrieb: “Wann immer wir eine Sonnenfinsternis beobachten, stellen wir öl- oder pechgefüllte Becken auf, da die schwere Flüssigkeit nicht so leicht bewegt wird und so die Bilder nicht verändert, die sie empfängt”. Dies ist übrigens keine gute Empfehlung, da das reflektierte Sonnenlicht immer noch ausreicht, eine Solarretinopathie hervorzurufen.

Kaiser Konstantin VII. (Kaiser von Byzanz, geb. 905, vergiftet 959) wird nachgesagt, daß er die Sehschärfe beider Augen durch die Betrachtung einer Sonnenfinsternis verlor. Galileo Galilei zog sich eine Netzhautläsion zu, als er die Sonne mit dem Fernrohr beobachtete. Zu weiteren prominenten Opfern zählen die Physiker Robert Boyle, Isaac Newton und Joseph Plateau, die sich bei Studien des Netzhautnachbildes wahrscheinlich eine Netzhautschädigung zuzogen. Allein bei der Sonnenfinsternis 1912 erlitten in Deutschland über 3000 Menschen Maculaschäden [1]. Bei der totalen Sonnenfinsternis vom 7.3.1970 wurden in den USA 145 Fälle bekannt, bei denen Menschen durch ihre unvorsichtigen Sonnenbeobachtungen das Augenlicht ganz oder teilweise verloren haben [9]. Bei der subtotalen Sonnenfinsternis am 30.6.1954 wurden allein in Berlin über 70 Menschen mit Augenschäden bei den Augenärzten vorstellig [12].

Seit Anfang dieses Jahrhunderts entwickelte man Hypothesen zum Verständnis des Schädigungsmechanismus. Zunächst wurden allein thermische Schäden postuliert. So erzählte Prof. Dr. G. Meyer-Schwickerath in einer Tonband-Aufzeichnung 1979, wie er auf die Idee der Lichtkoagulation kam: “Der Zufall hatte es gewollt, daß mir als jungem Assistenten schon im Alter von 26 Jahren die Idee kam, die man schon lange kannte, nämlich mit Lichtstrahlen auf der Netzhaut beabsichtigte Verbrennungen hervorzurufen. Man wußte dies, weil der Blick in die Sonne, z.B. bei der Sonnenfinsternis, auf der Netzhaut Verbrennungen und Narben hinterließ.” Meyer-Schwickerath hatte im Juli 1945 einen Kriegsgefangenen untersucht, der die Sonnenfinsternis ungeschützt betrachtet hatte. Die Brandnarbe sah ähnlich aus wie jene Narben, die bei der Behandlung der Netzhautablösung mit Wechselstrom entstanden. In einer schlaflosen Nacht der Nachkriegszeit entstand der Gedanke, diesen Unfall therapeutisch zu nutzen.

Eine Schädigung durch elektromagnetische Strahlung, die eine Solarretinopathie hervorruft, kann prinzipiell auf drei Wegen zustande kommen:

  • thermoakustisch durch mechanische Disruption
  • thermisch durch Temperaturerhöhung um mindestens 10–15˚
  • photochemisch durch Anregung von Außenelektronen absorbierender Moleküle

Thermoakustische Schäden können nur durch gepulste Laser hervorgerufen werden und scheiden als Ursache der Solarretinopathie aus. Hingegen sind Augenschäden durch kontinuierlich abstrahlende Laserlichtquellen überwiegend thermischer Natur [17]. Das größte Verletzungsrisiko bergen Infrarot- und Ultraviolettlaser in der Forschung, mit Wellenlängen am Rande oder knapp außerhalb des sichtbaren Bereichs. Im ferneren UV- oder IR-Bereich ist die Absorption durch die Vorderabschnitte zu stark, als daß die Netzhaut in größerem Umfange geschädigt wird. Der XeCl-Excimer-Laser mit einer Wellenlänge von 308 nm besitzt ein hohes Kataraktrisiko. Die sehr langwelligen CO2-Hochleistungslaser (10,6 µm), die breit in der Industrie eingesetzt werden, führten dank umfangreicher Sicherheitsvorkehrungen bislang kaum zu Verletzungen. Dagegen lassen Infrarotlaser, die zunehmend in der Klinik angewandt werden, wie der Diodenlaser (810 nm), in Zukunft mehr Verletzungen erwarten. Im Umgang mit dem thermisch wirkenden cw-Nd-YAG-Laser (1064 nm) waren in der Augenheilkunde im klinischen Gebrauch bis 1994 keine Fälle bekannt geworden, wohl aber mehrere Fälle, bei denen sich Servicetechniker bei Arbeiten an den Geräten Verletzungen zuzogen [11]. Der cw-Nd-YAG-Laser findet außerdem in der Artillerie in Zielgeräten (Rangefinder) Verwendung. Beim unsachgemäßen Umgang sind dabei schon eine ganze Reihe von Augenschäden entstanden [7, 13] .

Histologisch sieht man beim thermischen Lichtschaden Ödeme und später Nekrosen in den äußeren Netzhautschichten, da das Licht überwiegend von den Melaningranula des Pigmentepithels absorbiert wird und dessen unmittelbare Nachbarschaft aufheizt.

Während eine thermische Läsion sofort zum Skotom führt, schädigt der Blick in die Sonne meist erst mit etwa 24 Stunden Latenz. Modellrechnungen zeigen, daß es sich in der Regel um einen photochemischen Schaden handeln muß, da sich die Temperatur in der Macula beim Blick in die Sonne lediglich um 2 bis 4° erhöht, dank der guten Wärmeableitung über die stark durchblutete Aderhaut. Für eine thermische Schädigung sind dagegen mindestens 10°-15° Temperaturanstieg nötig, bis die Bewegungsenergie der Molekülstöße ausreichend ist, um eine Änderung der Tertiärstruktur von Makromolekülen durch Sprengung hydrophober und hydrophiler Bindungen (Denaturierung) hervorzurufen. Thermische Läsion bezeichnet man als Verbrennung.

So bleibt bei der natürlichen Sonnenstrahlung die photochemische Schädigung als Hauptursache übrig. Allerdings gibt es fließende Übergänge, da bereits eine Temperaturerhöhung um wenige Grad die Geschwindigkeit chemischer und biochemischer Folgereaktionen wesentlich erhöht.

Die photochemische Schädigung kommt erst unterhalb einer Wellenlänge von 510 nm (blaues Licht) zum Tragen. Dann sind die Photonen energiereich genug, um die Orbitalstruktur von Außenelektronen biologischer Moleküle anzuregen, d. h. auf ein höherenergetisches Niveau zu heben. Am leichtesten gelingt dies in sogenannten delokalisierten π-Systemen, einer periodischen Abfolge von Einfach- und Doppelbindungen von Kohlenstoffketten (wie sie z. B. im 11-cis- oder all-trans-Retinal vorliegen, auch bei einigen mehrfach ungesättigten Fettsäuren). Kurzwelligere Photonen sind in der Lage, auch weniger vulnerable Moleküle anzuregen.

Lichteinfall setzt eine photochemische Reaktionskette an den Membranen der Außensegmente der Photorezeptoren in Gang. Dabei werden auch toxische Reaktionsprodukte wie freie Radikale, Hyperoxidanionen und Wasserstoffperoxid gebildet. Sie entstehen nicht nur bei der photochemischen Reaktion in den Rezeptoren, sondern auch in Mikrosomen oder bei der Zellatmung in Mitochondrien. Werden diese Superoxide und Radikale nicht rechtzeitig abgebaut, so reagieren sie mit den Doppelbindungen mehrfach ungesättigter Fettsäuren von Geweben und Membranen u. A. zu Aldehyden. Die Aldehyde vernetzen nun Enzymproteine, Membranproteine und Kollagen.

Der Körper hat eine Reihe von Schutzmechanismen zur Vermeidung von Lichtschäden ausgebildet:

  • Molekulare Entgiftung: Langlebige Organismen wie der Mensch besitzen Enzyme, um die toxischen Reaktionsprodukte von Licht und Sauerstoff rasch wieder abzubauen. Dazu gehören Katalasen wie die Superoxid-Dismutase und die Peroxidase. Auch Antioxidantien wie Ascorbinsäure, beta-Carotin, alpha-Tocopherol und Glutathion sind zu nennen. Vitamin E hat die höchsten Konzentrationen in den Membranen der Photorezeptoraußengliedern, Vitamin C ist im Cytosol des retinalen Pigmentepithels hoch konzentriert.
  • Stäbchen und Zapfen regenerieren sich, indem das Pigmentepithel vor allem morgens verbrauchte Disks und Zapfensegmente phagogozytiert. Nach dem 45. Lebensjahr nimmt die Phagozytosefähigkeit langsam ab. Auch werden photochemisch veränderte Moleküle, die den biochemisch vorgegebenen Abbauweg nicht mehr gehen können, in Lipofuszingranula abgelagert. Diese Granula sind erstmals um das 10. Lebensjahr sichtbar, um das 40. Jahr nehmen sie 8%, um das 80. Jahr 20% des Zytoplasmavolumens ein.
  • Das Xanthophyll der Macula dient der Absorption des energiereichen kurzwelligen Lichts um 390–480 nm und der Verminderung von Streulicht. Während bei Kindern noch reichlich UV-Licht die vorderen Augenabschnitte passieren kann, filtert mit zunehmendem Alter die sich langsam trübende Linse die Blauanteile des Lichts.

An dieser Stelle soll auf einen prinzipiellen Unterschied zwischen thermischer und photochemischer Verletzung hingewiesen werden: bleibt die Temperatur des Gewebes auch bei längerdauernder Absorption von Photonen im thermisch anregenden Frequenzbereich unterhalb der obengenannten Schwelle, so ist keine Läsion zu befürchten [6, 21]. Andererseits kann die Absorption bereits nur eines photochemisch anregenden Photons zu Schädigung auf molekularer Ebene führen – diese Veränderungen akkumulieren.

Abb. 7: Prinzip der Lochkamera bzw. der Projektionsmethode. Aufnahmen G. Schiefer

Für ein befriedigend großes Bild ist eine Brennweite von mindestens einem Meter erforderlich, was auch die Grenze der Handhabung darstellen dürfte. Hat der Augenarzt noch die Möglichkeit, durch die Verwendung eines Sammelglases aus dem Gläserkasten die Öffnung ohne Qualitätsverlust und damit die Bildhelligkeit zu vergrößern, ist dies bei der Bevölkerung in der Regel nicht gegeben. So wird man davon ausgehen müssen, daß bei Benutzung der Lochkamera bzw. der Projektionsmethode immer die Versuchung besteht, das unscheinbare Bildchen mit der Realität durch einen direkten Blick zu vergleichen.

Anders wohl, wenn die Projektion durch einen Refraktor oder ein Spiegelteleskop mit entsprechender Vergrößerung auf einen Schirm geworfen wird: ein solches Bild kann eindrucksvoller sein als ein direkter Blick zum Himmel (Abb. 8).

Man muß allerdings Sorge tragen, daß niemand versucht, einen Blick durch das Teleskop zu erhaschen – Kinder sind durch ihre Neugier und Entdeckerfreude besonders gefährdet. Auch entstehen Gefahren für die Optiken: Refraktoren oder Ferngläser heizen sich innerhalb von Minuten beträchtlich auf, wenn sie direkt auf die Sonne gerichtet werden, und insbesondere der Sekundärspiegel der Teleskope wird belastet, so daß thermische Schäden auftreten können.

Abb. 8: Skizze der Projektion eines Sonnenbildes durch einen Refraktor auf einen Schirm. Skizze G. Schiefer

Beobachtung durch mit Filtern versehene Fernrohre und Teleskope

Dringend gewarnt werden muß vor der direkten Sonnenbeobachtung durch Teleskope mit Hilfe von Okularfiltern, wie sie billigeren Geräten z. T. heute noch beigepackt sind. Auf der Ebene der Okulare entsteht durch die lichtsammelnde Wirkung eine enorme Aufheizung der Filter, so daß sie bereits nach kurzer Zeit platzen oder springen können. Bis der Kneif- und Blendreflex des Beobachters wirksam wird, ist es in aller Regel zu spät und die Netzhautmitte irreparabel geschädigt.

Anders die Situation, wenn passende und für die Sonnenbeobachtung zugelassene Objektivfilter verwendet werden. Hier wird die gesamte Eintrittsöffnung durch den Filter verdeckt, womit eine sehr eindrucksvolle Beobachtung möglich wird. Man muß darauf achten, daß der Filter zuverlässig fest sitzt und nicht herabgeweht werden kann. Solche Filter sind durch die geforderte optische Qualität (Planlage) und Größe entsprechend teuer.

Abb. 9: Beobachtung der Sonne mit geeigneter Schutzbrille (Transmission 10-5). Photo R. Horn

Sonnenstrahlung im Wellenlängenbereich von 290 nm bis in den Radiowellenlängenbereich hinein erreichen die Erdoberfläche. Im Bereich zwischen 380 und 1400 nm gelangt hiervon einen substantiellen Teil bis zur Netzhaut im Augenhintergrund [4].

Von der Industrie werden pappgefasste, in der Regel metallbedampfte Folienbrillen zur Sonnenbeobachtung angeboten (Abb. 9). Diese Brillen sollten zertifiziert sein und die CE-Kennzeichnung tragen. So ist die Konformität ihrer Schutzwirkung mit den in Anhang II der Direktive 89/686/EWG enthaltenen grundlegenden Anforderungen für Gesundheitsschutz und Sicherheit nach Überprüfung durch DIN CERTO (Gesellschaft für Konformitätsbewertung mbH) bestätigt. Damit ist die Sonnen-Sicht-Brille als sicher für den direkten Blick in die Sonne freigegeben – allerdings nur mit dem bloßen Auge, da schon ein Fernglas oder eine Spiegelreflexkamera schon soviel Licht bündelt, daß auch die Sonnen-Sicht-Brillen nicht mehr ausreichenden Schutz bieten.

Als geeignet gelten Filter, die im sichtbaren und kurzwelligen Spektralbereich (780 bis 380 nm) eine maximale Transmission von 0,003% (siehe Erratum) und im nahen Infrarot (780 bis 1400 nm) maximal 0,5% Transmission zeigen (Abb. 11). Sie sind derart dunkel, daß nur die Sonne als blasses Scheibchen und nichts von der Umgebung wahrgenommen werden kann. Man sollte mit ihnen nicht umhergehen, da Sturzgefahr besteht.

Durch den hohen Strahlungsfluß der Sonne ist jeder direkte Blick in ihre Richtung prinzipiell gefährlich, auch durch eine zertifizierte Folienbrille: man denke nur an Kratzer und andere Beschädigungen der Beschichtung, Verrutschen oder Reißen der selten optimal sitzenden Pappfassungen, dies insbesondere bei Brillenträgern und Kindern, die prinzipiell nicht unbeaufsichtigt bleiben dürfen. Aus Gründen der Sicherheit ist somit die Projektionsmethode vorzuziehen, da der direkte Blick in die Sonne vermieden wird.

Andererseits haben Folienbrillen den Vorteil, daß aufgrund der geringen Kosten die Bevölkerung flächendeckend versorgt werden kann und sie bei bestimmungsgemäßem Gebrauch im Vergleich zu den immer noch populären, aber unsicheren Methoden (s. u. bei “Methoden der sicheren Sonnenbeobachtung”) nur ein sehr geringes Risiko aufweisen.

Eine gesicherte Behandlung der Solarretinopathie gibt es nicht. Theoretisch wären einige Behandlungsansätze denkbar. Man könnte versuchen, den phototoxischen Reaktionen durch prophylaktische Gabe von Antioxidantien (z.B. Vitamin E und/oder C) entgegenzuwirken. Im Rattenversuch haben sich Antioxidantien als nicht effektiv bei der Behandlung von laserinduzierten Netzhautläsionen gezeigt [15]. Auch Megadosen von Methylprednisolon wurden zur Behandlung der Retinopathia solaris eingesetzt. Im Rattenversuch kann das Ausmaß der lichtinduzierten morphologischen Schäden in den Netzhautaußensegmenten verringert werden, wenn gleichzeitig zur Exposition eine Megadosisbehandlung eingeleitet wird [14]. Im Affenversuch scheinen Megadosen von Methylprednisolon das Ausmaß einer thermischen Argonlaserschädigung zu verringern [19]. Auch neuroprotektive Substanzen, wie der Glutamatrezeptorblocker MK-801, scheinen im Rattenversuch günstige Effekte zu zeigen [15].

Da der Schadensbeginn oft erst viele Stunden nach der Exposition klinisch bemerkt wird, kommt die Gabe von Antioxidantien wohl immer zu spät. Um so mehr kommt der Vermeidung der Lichtschädigung größte Bedeutung zu.

Abb. 7a: Ein Blick durch die zur Lochkamera verengte Faust: So darf man keine Sonnenfinsternis betrachten! Aufn: B. Schrader

Das Prinzip der sicheren Sonnenbeobachtung ist sehr einfach: man muß den direkten Blick auf die Photosphäre der Sonne mit ungeschütztem Auge strikt und kompromißlos vermeiden. Einzig während der Totalitätsphase, wenn die Sonnenscheibe vollständig vom Mond bedeckt ist, kann ohne jede Filterung beobachtet werden. Der ungeschützte Blick auf die total verfinsterte Sonne ist sicher und überwältigend schön.

Normalerweise wird der direkte Blick in die Sonne vermieden, um nicht geblendet und durch minutenlange Nachbilder geplagt zu werden. Anders bei einer Sonnenfinsternis: durch die Veränderungen des Tageslichtes wird die Aufmerksamkeit zum Himmel gelenkt, und man ist versucht, nachzusehen, was vor sich geht.

Als sicherste Methoden zur Sonnenbeobachtung gilt die Projektionsmethode durch eine Lochkamera auf einen Schirm. Verwendet man zugelassene Filter bzw. Folienbrillen, die spezifizierten Anforderungen genügen müssen, so sollte man damit –bei regelrechter Anwendung– ebenfalls ohne wesentlich erhöhtes Risiko die Sonne beobachten können.

So ist die eindringliche Warnung vor ungeschützter Beobachtung erforderlich. Andererseits sollte man sich vor Panikmache hüten. Es wäre schade, wenn sich Menschen aus Angst vor Augenschäden das einmalige Naturschauspiel ganz entgehen lassen oder sich die Sonnenfinsternis nur vor dem Fernsehschirm ansehen würden. Durch überzogene Warnungen wird man seiner Verantwortung wohl ebenfalls nicht gerecht.

Beobachtung mit improvisierter Lochkamera

Projektionsmethode durch eine Lochkamera

Schneidet man in einen Karton eine Öffnung und verschließt diese durch eine Aluminiumfolie, kann man mit einer Nadel ein kleines, kreisrundes Loch hineinstechen. Bringt man nun in einigem Abstand einen weißen Schirm in den Strahlengang, wird durch die Lochblende eine Abbildung der Sonne erzeugt. Hierbei ist die Größe des Sonnenbildes allein durch den Abstand zwischen Lochblende und Bildschirm bestimmt. Mit zunehmendem Abstand wird das Bild zwar (linear) größer, aber auch (quadratisch) dunkler, so daß der Bildgröße Grenzen gesetzt sind. Eine Vergrößerung des Eintrittsloches macht sich rasch in zunehmender Unschärfe bemerkbar.

Als unsichere Filter gelten:

  • berußte Glasscheiben (inhomogener Auftrag, Gefahr des Abreibens, hohe Transmission im IR-Bereich)
  • Sonnenbrillen, auch mehrere übereinander (Transmission wesentlich zu hoch)
  • Lochblenden, z. B. ein Nadelloch in einem Karton, durch das hindurch geschaut wird (Transmission wesentlich zu hoch)
  • Photofilter, gekreuzte Polarisationsfilter (Transmission wesentlich zu hoch)
  • CDs und CD-ROMs, Floppy Discs (Aluminiumschicht oft zu dünn, schlechte optische Qualität)
  • Farbfilme oder nicht völlig belichtete und ausentwickelte Schwarzweißfilme, belichtete Röntgenfilme.
Abb. 10: Folienbrille

Abb. 10: Folienbrille

Die Beobachtung durch zwei Lagen eines silberhaltigen, völlig belichteten und ausentwickelten Schwarzweißfilms gilt hingegen als sichere Methode – jedoch ist Vorsicht geboten, denn einige moderne Schwarzweißfilme enthalten nach der Entwicklung keine metallischen Silberkörnchen mehr, sondern Farbstoffwölkchen wie ein Farbfilm. Diese sind insbesondere wegen zu hoher Transmission im langwelligen Bereich ungeeignet zur Sonnenbeobachtung.

A + B: Schweißerbrillen und metallbeschichtete Folien reduzieren die Durchlässigkeit um mindestens 10-5 (=10–3%) im sichtbaren Wellenlängenbereich von 380 bis 780 nm (3800–7800 Ångström) und erfüllen damit die Sicherheitsanforderungen.

C + D: Floppy disks, geschwärztes Glas und Filme erreichten oder überschritten die Schwelle bei der Messung und sind gefährlich. Aus: Sky & Telescope

Abb. 11: Absorptionsspektren einiger geeigneter und ungeeigneter Filtermedien.

Abb. 12: Sonnensicheln und 'fliegende Schatten'.

Abb. 12: Sonnensicheln und 'fliegende Schatten'.

Bereits zwei- oder drei Tage vor dem großen Ereignis kann man gegen 04h MESZ in der Morgendämmerung den abnehmenden Monde sich der aufgehenden Sonne nähern sehen: so steht die bereits extrem schmale Sichel am 10.8. gegen 04.30h nur noch 11˚ über dem Horizont, der die aufgehende Sonne verdeckt, sehr nahe bei Merkur.

Am 11.8. heisst es früh aufstehen: die Finsternis findet zwar erst in den Mittagsstunden statt, aber es ist realistisch anzunehmen, daß die Zufahrtsstraßen zur Totalitätszone bereits Stunden vorher überlastet sein werden, denn es ist mit mehreren hunderttausend Finsternistouristen zu rechnen. So ist ein guter Sonnenschutz vonnöten, um die Zeit ohne Sonnenbrand zu überstehen – wie alle Beobachter erwarten wir einen idealen, klaren Sommerhimmel, für den die meteorologische Wahrscheinlichkeit allerdings nur um 60% beträgt. Etwa eine Stunde vor der Totalität findet der erste Kontakt statt – der Mond berührt den westlichen Sonnenrand. Die Schutzbrillen sind aufgesetzt, und man kann beobachten, wie sich der dunkle Schatten langsam über die Sonnenscheibe schiebt. Das Tageslicht bleibt lange Zeit unverändert hell, erst wenn größere Teile der Photosphäre bedeckt sind, bemerkt man eine Änderung der Beleuchtung: das Licht wird fahl, die Temperatur sinkt trotz der Mittagszeit um 5–6˚, Tau kann fallen, die Blütenkelche schließen sich; Nachtfalter werden aktiv. Der sogenannte Finsterniswind erhebt sich, einige Böen, die den Schatten und seine Temperaturänderung begleiten. Zuweilen wird durch ihn störende Bewölkung erst weggeweht und der Blick auf die Verfinsterung freigegeben.

Unter Büschen und Bäumen sind Sonnensicheln zu sehen, d.h. die Lochkamerawirkung des Blattwerkes bildet die bedeckte Sonne halbmondförmig ab (Abb. 12). Einige Minuten vor der Totalität kann man die 'fliegenden Schatten' z. B. auf hellen Hauswänden oder dem Boden sehen, es handelt sich um zarte bewegte dunklere Linien, die den Schlieren auf dem Boden eines Schwimmbeckens ähneln. Die gemeinhin fließenden Schattengrenzen sind zunehmend scharfkantig geworden, und es wird rasch dunkler. Von exponierter Warte sieht man den Schatten des Mondes von Westen mit 3300 km/h heranrasen. Der Blick zum Himmel zeigt eine nur extrem schmale Sonnensichel, und kurz vor ihrem Verlöschen –die Schutzbrillen können abgenommen werden– wird das Diamantringphänomen sichtbar: wie ein Solitär leuchtet eine letzte Stelle am Mondrand für wenige Sekunden hell auf. Kurz danach ist die Bedeckung total, und nur noch durch die Täler des Mondrandes sickert für einige Augenblicke helles Licht: das Perlschnurphänomen erscheint, der Rand des dunklen Mondes ist von einer Lichterkette umsäumt (zweiter Kontakt, Abb. 13).

Abb. 13 a-h: Phasen der totalen Sonnenfinsternis in Curacao vom 26.2.1998: zunehmende Bedeckung, Solitär- und Perlschnurphänomen. Aufnahmen: Silvia Kowollik

Abb. 13 i: Totalität bei der Sonnenfinsternis vom 11.7.1991: die Sonnenscheibe wird vollständig vom Neumond bedeckt, nur noch die sie umgebende Korona ist zu sehen. Aufnahme: NASA

Nun fällt die Dunkelheit wie der Vorhang im Theater: plötzlich sind die Wintersternbilder sichtbar, Venus (östlich) und Merkur (westlich) umsäumen die Sonne, umsäumen die Sonne, deren Korona hell auf einem tiefdunkelblauen Himmel strahlt; mit ein wenig Glück sieht man am Sonnenrand rote Protuberanzen (Abb. 13 + 14). Orion sowie Sirius und Procyon befinden sich im Westen, Jupiter neigt sich dem Untergang. Der Horizont leuchtet in einem gelbfahlen Licht, und vom gewohnten Sonnenuntergangsrot findet sich keine Spur.

Vielleicht können besonders Glückliche auch eine Sternschnuppe erhaschen, denn um den 11. August befinden wir uns nahe am Maximum der Perseidenaktivität. Die Wahrscheinlichkeit hierfür ist wegen der Kürze der Sonnenfinsternis und der Resthelligkeit des Himmels jedoch sehr gering.

Abb. 14: Sternenhimmel während der totalen Phase der Sonnenfinsternis. Skizze: Linzer Astronomische Gemeinschaft

Nach gut zwei Minuten zeigt sich das Perlschnurphänomen an der gegenüberliegenden Seite des Mondes, danach der Solitär. Die Korona und die Sterne verschwinden, und es wird rasch heller und nach einigen Minuten Verzögerung langsam wieder wärmer. Die freiwerdende Sonne darf nur mit Schutzbrille oder auf dem Projektionsschirm beobachtet werden. Nach einer guten Stunde ist die Sonnenscheibe wieder frei von Verfinsterung (vierter Kontakt).

Nachdem das Verkehrschaos abgeklungen ist, geht es zurück in die Praxis, wo hoffentlich keine Patienten mit Sonnenfinsternisschäden warten. Und wenn auch am Folgetag keine Patienten mit Retinopathia solaris erscheinen, war die Aufklärungsaktion durch Medien und Augenärzte erfolgreich.

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Die Autoren danken Silvia Kowollik, Gerd Schiefer, Prof. Bernhard Schrader, Worachate Boonplod, S. Margolis/Rainbow Symphony Inc., Sky Publishing/David Le Conte, der Linzer Astronomischen Gemeinschaft, Bryan Brewer/Earthview Com. und der NASA für die Genehmigung zum Abdruck verschiedener Photos und Skizzen.

  • 1999-06-16 Transmission von Sonnenbeobachtungsbrillen is bei 0,003% sicher, nicht erst bei 0,0003%. Die bei Chou angegebenen Zahlen weichen um 1 Kommastelle von den US-Richtlinien ab.
  • 1999-07-14 Hinweis auf die Umrechnung in deutsche Zeiten bei Abb. 3 eingefügt
  • 1999-04-29 WWW-Formatierung (Michael Bach)
  • 2015-03-15 Aktualisierung (Michael Bach)

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