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Die gängige Lehrbuchmeinung zeigt zwei „Sprachzentren“, Broca und Wernicke, die mit einem einzelnen Trakt, dem Bogenbündel (fasciculus arcuatus) verbunden sind. Dabei ist seit über 150 Jahren ein anderer Trakt über die capsula extrema bekannt, der „ventrale Weg“, der durch moderne bildgebende Verfahren wiederentdeckt wurde. Zwei Wege mit unterschiedlichen mathematischen Eigenschaften erlauben eine flexible Interaktion zwischen Schläfenlappen und Frontallappen und vielfältige Kompensationsmöglichkeiten nach einer Schädigung. Der obere, dorsale Weg dient vor allem dem (automatischen) Abgleich von sensorischem Perzept und Motorprogramm, d.h. der Analyse der korrekten Anordnung sequentieller Elemente, während der untere, der ventrale Weg das Strukturelle Verhältnis der Elemente zueinander analysiert. Während das dorsale System für das Erlernen des Sprechens und das korrekte Sprechen notwenig ist, verbindet das ventrale System Sprechen und Denken, d.h. es ermöglicht Verstehen und das Äußern von Gedanken. Die Trennung in zwei Systeme ist artefiziell, meist werden beide gebraucht, als gutes Beispiel dient dafür die Grammatik. Eine ähnliche Dichotomie ist vom visuellen System bekannt („where“ und „what“ pathway) und findet sich bei Motorik (Vry et al 2012) und z.B: Aufmerksamkeit (s.a. Umarova et al 2010), das heißt daß diese Zweigliederung ein generelles Organisationsprinzip des Gehirns darzustellen scheint.

Klinik für Neurologie und Neurophysiologie

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Prof. Dr. Heinz Wiendl