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Schaufensterkrankheit - Was tun bei Durchblutungsstörungen

Gefäßmedizin

Jeder dritte Deutsche über 40 Jahren leidet an Durchblutungsstörungen, häufig durch verkalkte Gefäße verursacht. Während die Folgeerkrankungen Herzinfarkt und Schlaganfall in der Bevölkerung weithin bekannt sind, ist die periphere arterielle Verschlusskrankheit (pAVK) in den unteren Körperregionen die unbekannte Stiefschwester unter den Ausprägungen des Leidens. Dabei gehört die sogenannte „Schaufensterkrankheit“ zu den häufigsten Erkrankungen unserer Zeit.

„Bei der Schaufensterkrankheit handelt es sich um Durchblutungsstörungen der Becken- und Beinarterien“, sagt Gefäßexperte Dr. Aljoscha Rastan, Oberarzt in der Klinik für Kardiologie und Angiologie II am Universitäts-Herzzentrum Freiburg – Bad Krozingen. „Die betroffenen Patienten leiden zunehmend unter Schmerzen in den Beinen, ihre Mobilität ist zum Teil enorm eingeschränkt.“ Bei der Krankheit lagern sich Fett- und Eiweißbestandteile sowie Bindegewebe an den Innenwänden der Gefäße ab. Die Folge: Sie verstopfen. Weil nicht ausreichend Blut durch die Beine fließen kann, haben die Betroffenen enorme Probleme beim Gehen. Typisch dafür ist, dass sie alle paar Schritte wie bei einem Schaufensterbummel stehenbleiben müssen, was der Krankheit pAVK den merkwürdig klingenden Beinamen „Schaufensterkrankheit“ einbrachte.

Nach Schätzungen der Deutschen Gesellschaft für Angiologie und Gefäßmedizin (DGA) sind etwa viereinhalb Millionen Menschen von der pAVK betroffen. „Die Krankheit ist deshalb nicht zu unterschätzen, weil sie im fortgeschrittenen Stadium schlimmstenfalls zum Verlust der Extremität, also zur Beinamputation führen kann“, warnt Dr. Rastan. Allein im Jahr 2011 musste im Bundesgebiet aus diesem Grund 60.000 Mal amputiert werden. Zusätzlich besteht für die Betroffenen eines hohes Risiko für Schlaganfall und Herzinfarkt, denn meistens beschränken sich die Arterienverkalkungen nicht nur auf die Beine, sondern betreffen das gesamte Gefäßsystem. Aus diesem Grund liegt die Lebenserwartung von pAVK-Patienten um fast zehn Prozent niedriger als bei gefäßgesunden Menschen. Bedenken gibt die Tatsache, dass pAVK in Deutschland bisher stark unterdiagnostiziert ist.

Neben der Früherkennung ist es außerdem wichtig, die Risikofaktoren für Durchblutungsstörungen zu therapieren. Dazu zählen Stoffwechselstörungen wie Diabetes oder Bluthochdruck und schlechte Lebensgewohnheiten, darunter in erster Linie Rauchen, Bewegungsmangel und cholesterinreiche Ernährung.


Drei Fragen an Dr. Aljoscha Rastan

Im Fokus: Viele Betroffene wissen oftmals nicht, dass sie an einer peripheren arteriellen Verschlusskrankheit (pAVK) leiden. Wie lässt sich medizinisch feststellen, ob ein Patient davon betroffen ist?

Dr. Rastan: Grundsätzlich sollte bei entsprechenden Beschwerdesymptomen – zum Beispiel Gesäß-, Oberschenkel-, und/oder Wadenschmerzen nach einer bestimmten Gehstrecke – in einem ersten Schritt die Messung des Knöchel-Arm-Index erfolgen. Diese Untersuchung führen nahezu alle Hausärzte durch. Besteht aufgrund der Befunde der Verdacht auf eine pAVK, empfiehlt es sich, einen Gefäßspezialisten aufzusuchen. In weiteren apparativen Untersuchungen wie zum Beispiel der Duplexsonographie kann die Diagnose dann bestätigt oder ausgeschlossen und darüber hinaus die bestmögliche Behandlungsstrategie gewählt werden.

Im Fokus: Wenn die Krankheit soweit fortgeschritten ist, dass der Patient vor Schmerzen kaum mehr laufen kann – bleibt dann nur noch der chirurgische Eingriff?

Dr. Rastan: Nein, mittlerweile kann der überwiegende Anteil der Patienten mit einer relevanten Durchblutungsstörung der Beine im Rahmen einer Katheteruntersuchung, das heißt durch einen kleinen Schnitt in der Haut über die Leiste behandelt werden. Diese Eingriffe können sehr sicher, also mit einer sehr geringen Komplikationsrate durchgeführt werden. Ein weiterer Vorteil dieser Behandlung ist der relativ kurze Krankenhausaufenthalt, für den der Patient häufig nur zwei bis drei Tage einplanen muss. Auf den gefäßchirurgischen Eingriff wird meist bei sehr komplexen Gefäßveränderungen und/oder beim Versagen der Katheteruntersuchung zurückgegriffen.

Im Fokus: Was kann man vorbeugend tun, um sich vor der „Schaufensterkrankheit“ zu schützen?

Dr. Rastan: Allgemein spielt natürlich eine ausgewogene Ernährung und regelmäßiger Sport eine ganz zentrale Rolle. Bei Patienten mit kardiovaskulären Risikofaktoren wie Diabetes mellitus (Typ 2), Bluthochdruck oder hohen Blutfettspiegeln muss die medikamentöse Therapie engmaschig kontrolliert und gegebenenfalls stetig optimiert werden. Bei betroffenen Rauchern ist ein vollständiger Nikotinverzicht erstrebenswert. Für sie werden auch entsprechende Entwöhnungsprogramme angeboten.


Jährlich suchen rund 11.000 an pAVK erkrankte Patienten das Universitäts-Herzzentrum Freiburg – Bad Krozingen ambulant und stationär auf. In der Klinik für Kardiologie und Angiologie II (Standort Bad Krozingen) und im Interdisziplinären Gefäßzentrum (Standort Freiburg) behandeln die Gefäßspezialisten der Angiologie, Gefäßchirurgie und Radiologie die pAVK mit rund 3200 Katheter- und gefäßchirurgischen Eingriffen pro Jahr. In Verbindung mit dem großen Engagement in Forschung und Lehre zählt das Universitäts-Herzzentrum Freiburg - Bad Krozingen somit deutschlandweit zu den größten und renommiertesten Zentren bei der Behandlung der pAVK.

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