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Blutdruck runter: Studie empfiehlt stärkere Absenkung

Kardiologie

(27.11.2015) Viele Patienten mit Bluthochdruck leben länger, wenn der Blutdruck stärker medikamentös abgesenkt wird als bisher. Das zeigt aktuell eine große US-Studie. Für wen das gilt und was jetzt zu tun ist, erklärt Prof. Dr. Franz-Josef Neumann, Ärztlicher Direktor der Klinik für Kardiologie und Angiologie II des Universitäts-Herzzentrums Freiburg · Bad Krozingen.

In der sogenannten SPRINT-Studie wurde bei insgesamt 9.361 Patientinnen und Patienten untersucht, ob eine Absenkung des oberen Blutdruck-Werts (systolisch) auf 120 mmHg statt wie bisher auf 140 mmHg für die Patienten Vorteile hat.

Im Fokus: Professor Neumann, was sind die wichtigsten Ergebnisse der SPRINT-Studie?
Prof. Neumann:
Die Studie hat gezeigt, dass viele Patienten erheblich von einer stärkeren Absenkung des Blutdrucks profitieren. Schon in den ersten drei Jahren überlebten 25 Prozent mehr Patienten, die auf einen Blutdruck-Wert von etwa 120 mmHg eingestellt worden waren im Vergleich zu Patienten mit einem eingestellten Blutdruck von 140 mmHg. Es traten seltener schwere Herz-Kreislauferkrankungen, wie Herzinfarkte und Schlaganfälle, auf. Die Unterschiede zwischen den Behandlungsgruppen waren so deutlich, dass die Studie vorzeitig abgebrochen und veröffentlicht wurde.

Wie wurden die Patienten behandelt?
Die Behandlung erfolgte medikamentös. Die Gruppe mit dem niedrigeren Ziel-Blutdruck musste meist eine Kombination aus drei Medikamenten nehmen, die Kontrollgruppe in der Regel nur zwei Medikamente.

Für wie aussagekräftig halten Sie die Studie und welche Patienten wurden untersucht?
Ich halte die Studie aufgrund ihrer Größe und der deutlichen Ergebnisse für sehr aussagekräftig. Untersucht wurde eine Patientengruppe, die in den USA etwa acht Prozent der Gesamtbevölkerung umfasst und auch in Deutschland einen ähnlichen Anteil ausmachen dürfte: über 50 Jahre alt, erhöhter Blutdruck und mindestens ein weiterer Risikofaktor wie Herz-Kreislauf-Vorerkrankungen oder eingeschränkte Nierenfunktion.

Die Rate der Nebenwirkungen war aber unter der strengeren Therapie höher.
Das stimmt zwar. Sie war mit 4,7 Prozent etwa doppelt so hoch wie bei der sanfteren Therapie. Besonders Kreislaufprobleme und eine Verschlechterung der Nierenfunktion traten häufiger auf. Trotzdem: Der Überlebensvorteil war insgesamt sehr deutlich und wiegt das Mehr an leichteren unerwünschten Wirkungen mehr als auf.

Welche Konsequenzen ergeben sich daraus für Bluthochdruck-Patienten?
Patienten sollten bei der nächsten Routine-Untersuchung mit ihrem Arzt darüber sprechen, ob es bei ihnen sinnvoll ist, den Blutdruck niedriger als bisher einzustellen. Auch wenn es erfahrungsgemäß noch etwas dauern wird, bis neue Leitlinien erscheinen, die die SPRINT-Studie berücksichtigen,  kann der Arzt entsprechend der neuen Erkenntnisse handeln.

Bestimmte Patientengruppen wurden aus der Studie ausgeschlossen, unter anderem Patienten mit erhöhtem Blutzucker. Was gilt für sie?
Für Patienten mit Diabetes mellitus Typ 2 hat vor einigen Jahren eine Studie keine signifikanten Vorteile gezeigt, wenn der Blutdruck stärker als bisher abgesenkt wird. Für sie bleibt also alles beim alten.

Welche Empfehlung haben Sie allgemein für Patienten mit Bluthochdruck?
Wichtig ist, dass die Patienten am Anfang der Therapie etwas Geduld aufbringen. Nachdem der Blutdruck medikamentös abgesenkt wurde, fühlen sich die Patienten oft eine Zeit lang müde und antriebslos, bis sich der Körper an den guten Blutdruck gewöhnt hat. Diese vorübergehenden Befindlichkeitsstörungen sollte man aber in Kauf nehmen. Denn ein gut eingestellter Blutdruck kann tödliche Komplikationen verhindern.

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