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Keine Angst vor Hepatitis C

Hepatologie

Die Diagnose Hepatitis C bedeutete für Patienten bisher eine langwierige, anstrengende Therapie mit einer mäßigen Chance auf Heilung. Doch die Schreckensherrschaft des Virus gehört der Vergangenheit an: Mit Hilfe einer ganzen Reihe revolutionärer, nebenwirkungsarmer Medikamente können heute fast alle Patienten geheilt werden. Mediziner des Universitätsklinikums Freiburg wenden die neue Therapie nicht nur erfolgreich an, sie waren auch an ihrer Erforschung und Zulassung beteiligt.  

Das Hepatitis-C-Virus ist der Verursacher einer chronischen Leberentzündung, die über einen Zeitraum von Jahrzehnten zu Leberzirrhose und -krebs führen kann. Im Gegensatz zu seinen Geschwistern, der Hepatitis A und B, steht bis heute kein Impfstoff gegen das Virus zur Verfügung. Ein ganzes Jahr dauerte die bisher einzig verfügbare Therapie, bei der mit Interferon alpha und dem Virostatikum Ribavirin 40 bis 80 Prozent der Infizierten geheilt werden konnten.  

Nun gibt es neue Medikamente, die das bisherige Mittel Interferon ablösen: die Directly Acting Antivirals (DAA). „Sie greifen gezielt in die Virusvermehrung ein“, sagt Dr. Tobias Böttler, Internist im Leberzentrum an der Klinik für Innere Medizin II des Universitätsklinikums Freiburg. Das Klinikum war als großes Leberzentrum an mehreren Studien beteiligt, die die Sicherheit und den Erfolg der neuen Medikamente testeten und letztlich zu deren Zulassung führten.  

Nicht genug, dass fast alle Patienten auf die neuen Medikamente ansprechen: Viele Betroffene, die bisher gar nicht für eine Therapie in Frage kamen, können mit den neuen Medikamenten behandelt werden. Da die Infektion jahrzehntelang symptomlos verläuft, wird sie oft erst entdeckt, wenn die Leber bereits geschädigt ist. „Patienten mit weit fortgeschrittener Leberschädigung konnten mit der bisherigen Therapie nicht behandelt werden“, sagt Böttler.  


Hepatitis C
Das Virus wird über Körperflüssigkeiten übertragen, vor allem über das Blut. Gefährlich sind dementsprechend intravenöser Drogenkonsum, unreine Utensilien bei Tätowierungen und Piercings sowie Nadelstichverletzungen. Bis das Virus Anfang der 1990er-Jahre identifiziert werden konnte, versteckte es sich auch in Blutkonserven.


Da Interferon neben Grippeartigen Symptomen auch psychische Veränderungen verursachen kann, mussten Patienten mit Depressionen in der Vorgeschichte ausgeschlossen werden. Die Last der Nebenwirkungen führte zudem häufig zu einem Abbruch der Therapie. Ganz anders sieht es bei den DAAs aus. „Die neuartige Behandlung dauert nur wenige Monate“, sagt Böttler. „Da sie kaum Nebenwirkungen hat, können wir bald jeden Patienten behandeln – und heilen.“  

„In den nächsten Monaten werden noch weitere Präparate folgen“, sagt Böttler. Patienten, deren Erkrankung milde verläuft, raten die Mediziner bis zur Zulassung dieser Medikamente abzuwarten. Es gilt aber auch nach Zulassung der neuen Therapien immer abzuwägen, ob wirkliche eine Therapie indiziert ist. „Wir behandeln primär nicht das Virus, sondern die Lebererkrankung“, erklärt Privatdozent Dr. Christoph Neumann-Haefelin. Der Leiter des Freiburger Leberzentrums wird für seine Forschungsarbeiten zur Hepatitis-C-Virus- Infektion von einem Exzellenzprogramm der Deutschen Forschungsgemeinschaft (Emmy-Noether-Programm) gefördert.  

Forscher aus der Klinik für Innere Medizin II (Gastroenterologie, Hepatologie, Endokrinologie und Infektiologie), die von Professor Dr. Robert Thimme geleitet wird, lieferten nun auch eine Erklärung dafür, warum die neuen Medikamente so gut funktionieren: Sie erforschten die Rolle einer bestimmten Gruppe von T-Zellen, also Immunzellen des Körpers. „Normalerweise sind diese Zellen an der Beseitigung von Viren beteiligt. Das Hepatitis-C-Virus scheint diese T-Zell-Gruppe jedoch gezielt zu unterdrücken“, erklärt Neumann-Haefelin. „Die Interferon-basierte Therapie wirkt auf sie zusätzlich schädigend. Interferone imitieren also nur eine Immunantwort, das tatsächliche Immunsystem kann bei der Beseitigung des Virus nicht mithelfen.“  

Die Wissenschaftler fanden heraus, dass die neuen Therapien mit DAAs die T-Zell-Antwort hingegen sogar stärken. Diese Ergebnisse wurden kürzlich in der führenden Fachzeitschrift Journal of Hepatology veröffentlicht. „Zusätzlich dazu, dass die DAAs das Virus direkt angreifen, wird also auch das körpereigene Immunsystem mit ins Boot geholt.“ Vor 20 Jahren wäre eine Hepatitis-C-Diagnose niederschmetternd gewesen, heute ist es eine Erkrankung, die mit einer kurzen, effektiven Therapie geheilt werden kann. Hepatitis C hat endgültig seinen Schrecken verloren.

(15.01.2015)

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