Neurovaskuläre Bildgebung
Beispiele der Darstellung und Quantifizierung der Blutströmung beim Menschen mittels 4D Fluss MRT:
A: Blutrückfluss zum Zeitpunkt der Diastole von einer Plaqueebene der Aorta descendens in den Aortenbogen.
B: Analyseebenen entlang der thorakalen Aorta zur späteren Berechnung der Pulswellengeschwindigkeit.
C: 3D Strömungsmuster in der Karotisbifurkation einer Probandin.
D und E: Analyseebenen zur Erfassung des 3D Geschwindigkeitprofils und zur Berechnung der Wandscherkräfte
Hintergrund
- Bei 25% der Schlaganfallpatienten ist die Schlaganfallursache unklar, so dass sie nicht optimal vor einem weiteren Ereignis geschützt werden können. Plaques der Aorta descendens sind eine bislang unterschätzte neue Ursache. Um ihre Bedeutung genauer zu erforschen, sind zeitaufwändige Methoden nötig.
- Andere Patienten haben Einengungen der A. carotis interna mit/ohne Schlaganfallsymptome. Es ist momentan unklar, wie sie am besten behandelt werden, wenn die Einengung nur 50-70% beträgt. Eine Therapieentscheidung im Einzelfall durch Bestimmung der Zusammensetzung der Plaque ist bisher aber nicht etabliert.
- Thrombosen der Hirnvenen können vor allem bei jungen Menschen zu schweren Schlaganfällen führen. Da der Blutfluss in den Hirnvenen schwierig zu messen ist, sind Kenntnisse darüber begrenzt, wie sie sich im Verlauf entwickeln, die Prognose bestimmen und welche Faktoren für Folgeerkrankungen wie dem sogenannten Pseudotumor cerebri prädisponieren.
Ziele
- Untersuchung neuer Schlaganfallursachen mit Hilfe moderner MRT-Bildgebung, beschleunigte und automatisierte Auswertung von Plaquemorphologie und Embolisierungswegen der Aorta und Etablierung im klinischen Alltag.
- Erforschung der pathophysiologischen Zusammenhänge zwischen lokaler Blutströmung, Fortschreiten und Ruptur von Plaques der Karotiden.
- Identifizierung von Hochrisikopatienten für Schlaganfälle anhand neuer Biomarker wie Wandscherkräften, Pulswellengeschwindigkeit und Plaquezusammensetzung.
- Erkennung der Pathophysiologie von Erkrankungen der Hirnvenen und des N. opticus.
Hauptforschungsgebiete
- 3D Darstellung und Messung der Blutströmung in der Aorta, in den Karotiden und Hirnvenen im Hochfeld-MRT. Erfassung von Wandscherkräften, der Pulswellengeschwindigkeit und der Embolisierungswege mit spezieller Software-Analyse. Integration der Ergebnisse der transösophagealen Echokardographie.
- Plaquedetektion und –charakterisierung in der Aorta bzw. in den Karotiden mittels Hochfeld-MRT bzw. Kombination mit 2D Duplexsonographie.
- Messung des Venenflusses mittels 4D Fluss-MRT und der Weite der Optikusscheiden mittels MRT und transbulbärem Ultraschall.
#1 MRT der Aorta
Darstellung des Blutflusses mit Hilfe sogenannter „Particle Traces“, die den tatsächlichen Blutstrom des Patienten zeitaufgelöst und dreidimensional darstellen. Bei diesem Patienten findet sich in der späten Diastole ein Blutrückstrom in den Aortenbogen von einer Hochrisikoplaque in der proximalen Aorta descendens, die somit eine potentielle Schlaganfallursache darstellt. (Details siehe bei Harloff A et al. Der Nervenarzt 2009;80:929-40: Diagnostik von Schlaganfallursachen - Morphologische und funktionelle MRT-Darstellung der Aorta und der Karotiden)
Bei akuten Schlaganfallpatienten konnten wir zeigen, dass Plaques der thorakalen Aorta mit Hilfe moderner MRT-Protokolle bei 3 Tesla zuverlässiger entdeckt werden als mit der transösophagealen Echokardiographie (TEE). Außerdem fand sich fast immer ein Rückstrom von Plaques der proximalen Aorta descendens in den Aortenbogen, so dass diese sehr wahrscheinlich eine wichtige und bislang unberücksichtigte Schlaganfallursache darstellen (siehe Video). Ziel ist die Entwicklung eines 3D Multikontrast-MRT-Protokolls zur optimalen Plaquedetektion, die Quantifizierung der 3D Embolisierungswege von der Plaque in das betroffene Hirnareal und die unmittelbare klinische Anwendung. Durch die Korrelation der aortale Wandschubspannung und Pulswellengeschwindigkeit mit der Plaquelokalisation sollen Parameter identifiziert werden, die für die Entstehung und das Fortschreiten der Arteriosklerose in der Aorta verantwortlich sind.
#2 MRT der Karotis
Darstellung des dreidimensionalen und zeitaufgelösten 3D Blutflusses in der linken Karotisbifurkation einer gesunden Probandin mittels „Particle Traces“. Hier ist der physiologische, helikale Fluss, der durch die proximale Dilatation der A. carotis interna (rechts) im Gegensatz zur A. carotis externa entsteht (links), gut sichtbar (für Details siehe z.B. Harloff A et al. Der Nervenarzt 2009;80:929-40: Diagnostik von Schlaganfallursachen - Morphologische und funktionelle MRT-Darstellung der Aorta und der Karotiden)
Im Gegensatz zu klinischen Standardmethoden kann mit der Fluss-sensitiven 4D MRT gleichzeitig die Morphologie und Strömung bei Stenosen der Arteria carotis interna erfasst werden. So lässt sich erstmals in-vivo die komplexe 3D Blutströmung darstellen (siehe Video). Die gewonnenen Daten ermöglichen die genaue Quantifizierung der Scherkräfte entlang der Gefäßwand, so dass Areale in der Karotisbifurkation mit niedriger oder oszillierender Wandschubspannung und somit wahrscheinlich erhöhtem Risiko der Atherogenese in-vivo identifiziert werden können. Gegenwärtig analysieren wir den Einfluss der Hämodynamik auf die regionale Enstehung aber auch auf die morphologische Zusammensetzung von Plaques der Arteria carotis interna.
#3 MRT und Wasser PET bei Sinusvenenthrombosen
Ziel dieses Projektes ist die 3D Darstellung und die Messung des Blutflusses der Hirnvenen inklusiver der oberflächlichen Brückenvenen und des Sinus sagittalis superior mit Hilfe der 4D Fluss-MRT. Neben der Erhebung von Normwerten soll die Genauigkeit der MRT-Methode untersucht und der Verlauf der Blutströmung bei Patienten mit Hirnvenenthrombosen verfolgt werden. Zudem sollen assoziierte Pathologien wie der Pseudotumor cerebri, der bei einem Teil der Patienten durch eine venöse Abflussstörung entsteht, besser verstanden und im Verlauf untersucht werden. Die Messung des N. opticus bei Beginn und im Verlauf einer Sub-Studie erfolgt dabei mittels Dünnschicht-MRT der Augenhöhle und transbulbärem B-Mode Ultraschall.
Leiter: Prof. Dr. med. Andreas Harloff
Mitarbeitende der AG Position
Dr. med. Christoph Strecker Oberarzt
Dr. med. Ernst Mayerhofer Assistenzarzt
Jonathan Andrae Assistenzarzt
Annika Gernsbeck, Katharina Scheidler, Frauke de Vries, Medizin-Doktorand*innen
Sophie Loose, Demetris Solou
Universitätsklinikum Freiburg
- Neuroradiologie: Hansjörg Mast, PD Dr. Theo Demerath, Dr. S. Elsheikh, Dr. Niklas Lützen, Prof. Dr. H. Urbach
- Nuklearmedizin: Prof. Dr. Dr. Philipp Meyer
- Klinische Radiologie Medizin Physik: Dr. Ute Ludwig, Dr. Maxim Zaitsev
- Kardiologie und Angiologie: Prof. Dr. Sebastian Grundmann
- Herz- und Gefäßchirurgie: Dr. Aleksandar Dimov, Dr. Matthias D`Inka, Dr. Stoyan Kondov, Prof. Dr. Martin Czerny
- Allgemeine Pathologie: Herr Konrad Kurowski, PD Dr. Peter Bronsert
- Institut für Klinische Chemie und Laboratoriumsmedizin: Dr. Christine Contini, Dr. Michael Hoffmann, Prof. Dr. Karl Winkler
- FREEZE Biobank: Prof. Dr. Alexandra Nieters
Deutschland
- Hinrich Ch. Rahlfs, Dr. Markus Hüllebrand, Dr. Anja Hennemuth, Fraunhofer MEVIS Bremen
- Dr. Andreas Schindler, Klinik für Neuroradiologie, LMU München
- PD Dr. Gregor Hörmann, Münchner Leukämielabor (MLL), PD Dr. Anna Kopczak, Institut für Schlaganfall- und Demenzforschung (ISD), LMU München
International
- Ali Mokthari und Prof. Dr. Dominik Obrist, ARTORG Center, Universität Bern, Schweiz
- Prof. Dr. Michael Markl, Department of Radiology and Biomedical Engineering, Northwestern University, Chicago, USA
- Prof. Dr. Christopher D. Anderson, Harvard Medical School, Division of Stroke and Cerebrovascualr Diseases, Brigham and Women`s Hospital, Boston, USA
Förderungen:
Die AG Neurovaskuläre Bildgebung wird unterstützt von der DFG, vom Berta-Ottenstein-Programm der Medizinischen Fakultät der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg und von der Wissenschaftlichen Gesellschaft Freiburg
Sekretariat für Forschungsbelange