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"Räumen Sie Ihren Sorgen einen Platz ein"

Psychosomatik

(31.07.2020) Die Corona-Pandemie stellt viele Menschen vor emotionale Herausforderungen. Ein Experte des Universitätsklinikums Freiburg gibt alltagstaugliche Tipps zum Umgang mit Krisen.

Bedrückende Nachrichten, veränderte Tagesstrukturen und weniger Sozialkontakt: Wie sich Corona-bedingte Herausforderungen gut bewältigen lassen, erklärt Professor Dr. Claas Lahmann, Ärztlicher Direktor der Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie am Universitätsklinikum Freiburg.

Erklären Sie einen Stuhl zum Sorgenstuhl und räumen Sie Ihren Sorgen dort für eine Viertelstunde einen Platz ein. © Ponomariova_Maria / iStock.com

Herr Professor Lahmann, wie gehe ich in Krisen am besten mit bedrückenden Nachrichten um?

Die Empfehlung ist ganz klar den Medienkonsum in Krisenzeiten zu begrenzen: Beispielweise am Morgen, Nachmittag und am Abend Nachrichten zu hören, dazwischen aber Pausen zu machen.

Wie komme ich durch turbulente Zeiten, wenn ich mir große Sorgen mache?

Räumen Sie Ihren Sorgen ruhig einen Platz ein, indem Sie zum Beispiel einen Stuhl zum Sorgenstuhl erklären. Wenn Sie tagsüber merken, dass die Sorgenwolke heranschwebt, dann verschieben Sie die düsteren Gedanken auf eine Viertelstunde am Abend. In der setzen Sie sich bewusst auf Ihren Sorgenstuhl und denken über alles nach. Aber länger nicht.

Die Tagesstruktur vieler Arbeitnehmer*innen hat sich in der Corona-Zeit durch Homeoffice oder Quarantäne stark verändert. Wie lässt sich ihr Tag aktiv gestalten?

Auch unter ungewohnten Umständen ist es wichtig, eine Routine einzuhalten. Dazu gehört, morgens zu einer geregelten Zeit aufzustehen, sich anzuziehen und dann den Tag aktiv und abwechslungsreich zu gestalten. Beginnen Sie nach dem Frühstück mit der Arbeit. Vergessen Sie tagsüber nicht, sich auch immer wieder schöne Dinge vorzunehmen.

Viele Berufsgruppen haben zurzeit eine erhöhte Arbeitsbelastung. Wie können sie diese auffangen?

Sie können sich kleine Auszeiten nehmen, sogenannte Mikropausen. Ganz kurze und bewusst gesetzte Pausen im Alltag: Ein Schluck kaltes Wasser, den man genießt, ein tiefes Durchatmen oder ein Stehenbleiben auf dem Weg, aus dem Fenster schauen und das Wetter wahrnehmen. Das schafft kurze Glücksmomente.

Professor Dr. Claas Lahmann. © Britt Schilling/Universitätsklinikum Freiburg

Vielen Menschen macht der verringerte Sozialkontakt zu schaffen. Wie lässt sich das kompensieren?

Die Umarmung von lieben Menschen ist natürlich nicht leicht zu ersetzen. Jedoch haben wir heute die Möglichkeit, uns über Social Media zu sehen und zu hören. Zusätzlich können wir auf altbewährte Dinge zurückgreifen: einen Brief  oder eine Postkarte schreiben oder über den Balkon mit den Nachbar*innen sprechen. Vielleicht hatte man noch nie Kontakt und findet sich jetzt sehr nett. Es ersetzt nicht die Umarmung, aber man sieht sich und kann sich austauschen.

 

 

Welche Anlaufstellen gibt es, wenn die Belastungen zu hoch werden?

Da sind die Hausärzt*innen die ersten Ansprechpartner*innen. Auch in unserer Ambulanz finden Sie Ansprechpartner*innen. Darüber hinaus bieten wir Teletherapie an. Dafür muss man nicht in die Klinik kommen.

 

Anlaufstellen und weitere Tipps:

Die Ambulanz der Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie erreichen Sie montags bis freitags von 9 bis 12 Uhr telefonisch unter 0761 270-68410.

Weitere Empfehlungen für die Bewältigung besonderer psychischer Belastungen haben die Expert*innen der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie am Universitätsklinikum Freiburg auf einer eigenen Webseite zusammengestellt.

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