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Wenn das junge Herz aussetzt

Kardiologie

(21.06.2016) Immer wieder erleiden junge, scheinbar gesunde Menschen plötzlich schwere Herzrhythmusstörungen – mit oft tödlichem Ausgang. Experten gehen davon aus, dass in Deutschland ca. 50.000 - 100.000 Menschen das Risiko erblich bedingter Herzrhythmusstörungen in sich tragen.

Doch viele ahnen nichts von der Gefahr: „Die Betroffenen erfahren oft erst von ihrem Risiko, wenn sie selbst oder ein Elternteil eine schwere Herzrhythmusstörung überleben“, sagt Professor Dr. Katja Odening. Die Kardiologin an der Klinik für Kardiologie und Angiologie I des Universitäts-Herzzentrums Freiburg · Bad Krozingen (Direktor: Univ.-Prof. Dr. Dr. h.c. Christoph Bode) leitet die seit 2012 bestehende „Spezialambulanz für angeborene arrhythmogene Erkrankungen“.

Je nach zugrundeliegender Erkrankung lösen unterschiedliche Faktoren eine solche Herzrhythmusstörung aus. „Arbeits-Stress, Leistungssport und selbst das Aufschrecken durch den Wecker kann zu einer lebensbedrohlichen Situation führen“, sagt Professor Odening. Auch der hormonelle Status kann bei bestimmten Erkrankungen eine Rolle spielen. So kommt es, dass beim sogenannten Long-QT-Syndrom Jungen besonders vor, Mädchen jedoch erst während beziehungsweise nach der Pubertät ein hohes Risiko für potenziell tödliche Rhythmusstörungen haben. Denn das weibliche Hormon Östrogen fördert Rhythmusstörungen, während Testosteron eher hemmend wirkt, wie die Forscher um Professor Odening nachweisen konnten. Außerdem erhöhen in manchen Fällen Antibiotika und andere Medikamente das Risiko.

Überlebt ein Betroffener eine schwere Herzrhythmusstörung, die auch als Kammerflimmern bezeichnet wird, untersuchen die Ärzte der Spezialambulanz ihn und seine Angehörigen auf erbliche Ursachen der Rhythmusstörung. Wichtigstes Werkzeug dafür ist das Elektrokardiogramm (EKG), das die Herzaktivität aufzeichnet: durch Messungen in Ruhe, unter Belastung beim Fahrradfahren und über einen Zeitraum von 24 Stunden wird die Herz.

Seit einiger Zeit gehören auch aufwändige genetische Analysen am Universitäts-Herzzentrum Freiburg · Bad Krozingen zur Standard-Diagnostik. „Darüber hinaus erforschen wir derzeit, ob Veränderungen der elektrischen oder mechanischen Eigenschaften des Herzens weitere Hinweise auf das Risiko für Rhythmusstörungen bei diesen angeborenen Erkrankungen geben“, sagt die Kardiologin.

Die Behandlung richtet sich genau nach der jeweiligen Erkrankung. Ein wichtiger Bestandteil der Behandlung ist, dass die Patienten die für ihre Erkrankung spezifischen potenziellen Auslöser wie Leistungssport, körperlichen Stress, Fieber oder übermäßigen Alkohol vermeiden. In bestimmten Fällen sind auch Medikamente wie bestimmte Antibiotika tabu. Regelmäßige kardiologische Kontrollen sollen früh eine Verschlechterung der Situation anzeigen.

Reichen derartige Vorsorge-Maßnahmen nicht, hilft häufig die Implantation eines sogenannten Defibrillators, der Kammerflimmern durch einen kurzen elektrischen Schock beendet. Zudem galten bislang bei einigen der angeborenen Rhythmuserkrankungen Betablocker als sehr wirksame Medikamente gegen Rhythmusstörung. Doch wie neueste Forschungsergebnisse zeigen, wirken diese nur bei einem Teil der Betroffenen ausreichend, je nach genetischem Profil. Die Kardiologin Professor Odening sucht daher mit ihrem Team nach Alternativen, etwa in der geschlechterspezifischen Therapie bei Hormon-gesteuerten Herzrhythmus-Erkrankungen. „Wir prüfen für jeden Patienten individuell, welche Diagnostik wertvoll sein könnte und stimmen darauf den Therapieplan ab“, sagt Professor Odening.

Personen, bei denen der Verdacht auf eine angeborene Herzrhythmus-Erkrankung besteht, können sich in der „Ambulanz für angeborene arrhythmogene Erkrankungen“ des UHZ vorstellen.

Kontakt
Ambulanz für angeborene arrhythmogene Erkrankungen
Klinik für Kardiologie und Angiologie I
Universitäts-Herzzentrum Freiburg · Bad Krozingen
Telefon: 0761/270-35480
katja.odening@universitaets-herzzentrum.de

Weitere Informationen

Arbeitsgruppe Professor Odening

Abteilung Elektrophysiologie

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