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Handling von Neugeborenen und Säuglingen mit Verdacht auf Epidermolysis bullosa (EB)

Bei jedem Kind mit V.a. eine blasenbildende Erkrankung sollte rasch Diagnostik eingeleitet werden. Weitere Informationen hierzu erhalten Sie hier.

Allgemeines

  • KEINE normalen Pflaster und Tapes verwenden. Falls diese versehentlich verwendet worden sind, vorsichtige Entfernung mit silikonbasierten Pflasterlösern.
  • Minimal Handling analog zur Versorgung Frühgeborener
  • Scherkräfte, Druck und Reibung meiden
  • Kein direktes Ankleben von Elektroden für das Monitoring oder bei Durchführung eines EKGs, stattdessen Überwachung durch Pulsoxymetrie oder Fixierung der Elektroden mit sanft haftenden Schaumstoffverbänden
  •  Lagerung auf Watte- oder weichen Schaumstoffmatratzen, während des Klinikaufenthaltes z.B.    Dekubitusmatratze aus viskoelastischem Schaumstoff.
  •  Hitze und Schwitzen verstärken die Blasenbildung, daher keine Lagerung im Inkubator (außer, es handelt sich um Frühgeborene).
  • Auch schwerer betroffene Neugeborene können und sollten den Eltern auf den Arm gegeben werden.   Hierfür ist ein komplettes Verbinden aller Wunden sinnvoll.
  • Neugeborenen-Screening am besten per venöser Blutentnahme.

Umgang mit Blasen und Wundversorgung

  • Blasen sollten eröffnet werden, sonst werden sie größer und häufig schmerzhaft
  • Eröffnung von Blasen nach vorheriger Desinfektion mit einer sterilen Kanüle/Skalpell/Schere parallel zur Haut an zwei oder mehr Stellen (s. Abbildung).
  • Eine vorherige orale Glukosegabe (z.B. 1-2 ml G40%) vor Blasenpunktionen und Analgesie vor dem Verbandswechsel können hilfreich sein und sind vom Befinden des Kindes und der Wundsituation abhängig.
  • Das Blasendach sollte – sofern keine Infektzeichen vorliegen – belassen werden, da es einen natürlichen Verband darstellt.
  • Bei infizierten, eitrigen Blasen/Wunden: Blasendach entfernen, Wunde desinfizieren (Octenidin mind. 5 Min., Polyhexanid mind. 10 Min.), desinfizierendes Gel unter den Wundverband (z.B. octenidin- oder polyhexanidhaltig). Bei ausbleibender Besserung oder Fieber: Abstrichdiagnostik und ggf. Antibiotikatherapie.
  • Auf frische und erosive Wunden werden fettbeschichtete Gitterverbände aufgelegt. Danach (und auf nicht-erosive Areale auch direkt) erfolgt die Versorgung mit sanft haftenden Silikonschaumverbänden und Fixierung mit weichen Kompressen, Mullbinden und Schlauchverbänden.
  •  Keine trockenen Kompressen zur Versorgung der Erosionen und Blasen verwenden, da die Kompressen verkleben und beim Wechseln zu neuen Blasen führen können.
  • Bei trockenen offenen Wunden kann Panthenolsalbe oder ein antiseptische Gel auf oder unter das Gitternetz aufgetragen werden, um ein feuchtes Milieu für die Wundheilung zu schaffen.
  • Bei nicht infizierten Wunden können die modernen Wundauflagen mehrere Tage belassen werden. Der Sekundärverband sollte aber weiterhin ein- bis zweitäglich gewechselt werden, um neue Blasen zu erkennen.
  • Sanft haftende Schaumverbände können auch zur Vermeidung von Blasenbildung durch Polsterung von Prädilektionsstellen verwendet werden (z.B. Steiß, Fersen, Bereich der Windelbündchen, bei Krabbelbeginn Knie und Hände).
  • Silberhaltige Verbände sollten in den ersten Lebensmonaten wegen der Gefahr der Argyrie nicht angewendet werden.
  • Zur Wundversorgung bei EB gibt es hilfreiche internationale Leitlinien (s.u.).

Allgemeine Hautpflege, Nabel- und Handpflege

  • Bei kleinen Säuglingen bedarf es im Allgemeinen keiner besonderen Pflege der intakten Hautareale. Krusten sollten mit Salben (z.B. Panthenol) aufgeweicht und abgetragen werden, da sie sonst zur Reibung und weiteren Blasen führen können.
  • Kinder mit EB dürfen und sollten gebadet werden (Badezusatz z.B. Octenidin). Anschließend die Haut sanft abtupfen, nicht frottieren.
  • Bis zum Abfallen des Nabels sollte eine kleine Platte von Silikonschaumstoffverband direkt um den Nabel gelegt werden, um Reibung und Blasenbildung zu vermeiden.
  • Das Nägel schneiden bei Säuglingen mit EB sollte zurückhaltend und nach Möglichkeit im Schlaf erfolgen. Lange Fingernägel stellen ein Selbstverletzungsrisiko dar, aber auch das Schneiden der Nägel kann zu Blasenbildung führen. Falls die Kinder an den Händen saugen, sollten zum Schutz Handschuhe oder Socken angezogen werden.

Ernährung

  • Es kann sowohl beim Stillen als auch beim Füttern mit Flasche zu Blasen kommen.
  • Stillen ist zu begrüßen, wenn das Kind genügend Sog aufbringt. Vaseline oder Panthenolsalbe, aufgetragen auf Mund/Wange/Brustwarzen, mindern Reibung.
  • Zum Füttern mit der Flasche haben sich Habermann Sauger bewährt.
  • Am Schnuller nuckeln kann ebenfalls Blasen hervorrufen. Wenn Beruhigungssauger benötigt werden, sind Naturlatex-Sauger mit weicher Platte geeignet.
  • Bei schmerzhaften Erosionen der Mundschleimhaut können Panthenol-Lösung zur Pflege und betäubende Zahnungsgele zur Schmerzlinderung eingesetzt werden.
  • Gemäß den allgemeinen Empfehlungen sollte ab dem 10. Lebenstag eine tägliche Vitamin D-Gabe erfolgen.
  • Da bei EB häufig Zahnschmelzdefekte und erhöhte Kariesneigung auftreten, ist hier die Fluoridprophylaxe ab dem ersten Zahn besonders sinnvoll.
  • Die ständigen Wunden und Heilungsprozesse der Haut führen zu einem erhöhten Kalorienverbrauch. Daher sind regelmäßige Gewichtskontrollen wichtig. Bei schlechtem Gedeihen sollten eine Anreicherung der Mutter- oder Säuglingsnahrung erwogen werden.
  • Es kann zu Verstopfung kommen. Orale stuhlerweichende Mittel wie Lactulose oder Macrogol sind zu bevorzugen, Zäpfchen sollten zurückhaltend eingesetzt werden.

Windeln

  • Zur Reinigung die Haut nicht zu stark reiben.
  • Schwer zu reinigende Stellen sollten mit einer Salbenschicht (z. B. Panthenolsalbe) und imprägnierter Gaze belegt werden, die dann beim nächsten Windelwechsel zur Reinigung verwendet wird.
  • Bei Blasen im Windelbereich können die betroffenen Bereiche mit sanft haftenden Schaumverbänden gepolstert und/oder die elastischen Bündchen der Windeln herausgeschnitten werden (dann ggf. zweite größere Windel darüber).
  • Weiche Zinkpaste hat sich zur Behandlung perianaler Fissuren bewährt. Bei Infektionsverdacht: Abstrichdiagnostik und ggf. Antibiotikatherapie.

Kleidung

  • Schwitzen kann zu vermehrter Blasenbildung führen, daher empfiehlt sich luftige, lockere und weiche Kleidung.
  • Alle körpernahen Kleidungsstücke sollten mit Nähten „auf links“ angezogen werden.
  • Strampler mit integrierten Füßen sind Socken vorzuziehen. Socken sollten keine schnürenden Bündchen haben, Babyschuhe sollten weich und locker sitzen.

Dieses Dokument soll als Hilfestellung für die "Startphase" dienen. Es ist kein verbindlicher Leitfaden. Für Rückfragen und individuelle Beratung stehen wir im EB-Zentrum Freiburg gerne zu Verfügung  (E-Mail eb-zentrum@uniklinik-freiburg.de).

Weitere Informationen und internationale Leitlinien finden Sie auch unter:

 

Letzte Aktualisierung: August 2023                                                                                      

Epidermolysis bullosa-Zentrum

Terminvergabe und Terminbestätigung:

Telefon: 0761 270 67610